In der Gruppentherapie: ARCH ENEMY - "The Root Of All Evil"

25.09.2009 | 13:52

Eine echte Geschichtsstunde grunzt Angela Gossow auf "The Root Of All Evil", das ab dem 25. September via Century Media in die Läden gestellt wird, ihren Fans ins Ohr. Wie bewerten das unsere Historiker?


ARCH ENEMY gehören mittlerweile zu den wahren Szene-Größen; ein echtes Markenzeichen der Band ist natürlich der kraftvolle Bell-Gesang von Frontdame Angela Gossow. Dass diese nicht von Anfang an am Mikro stand, vergisst man dann doch schnell einmal, doch immerhin hatte die Combo noch vor Angelas Einstieg drei Alben herausgebracht. Und genau um diese Alben dreht sich die Neuerscheinung "The Root Of All Evil". Die Metaller gehen hier zu ihren Wurzeln zurück und greifen sich Songs der ersten drei Alben der Band, um diese dann noch einmal neu aufzunehmen - dieses Mal natürlich mit Angela. Ein trickreiches Vorhaben, das leicht hätte ins Auge gehen können, hier jedoch wirklich gut funktioniert. Zum einen liegt das schlichtweg daran, dass die Songauswahl für den Zweck absolut fantastisch ist, zum anderen daran, dass die Band die Song-Wiedergeburten erfrischend unkompliziert angeht. Man versucht hier nicht, eventuelle Rauheiten mit der modernen Technik von heute auszubügeln, sondern konzentriert sich stattdessen darauf, den Charme der Stücke zu erhalten. Die Mission glückt, und so dürfen sich nicht nur Angela-Fans auf diese Scheibe freuen, sondern auch alteingesessene ARCH ENEMY-Jünger, die die Band bereits seit den Anfangszeiten unterstützen.

"The Root Of All Evil" ist defintiv eine lohnende Anschaffung, die Spaß macht und hoffen lässt, dass nun auch ältere Stücke den Weg in die Setlists kommender Konzerte finden.

Note: 9,0/10
[Ricarda Schwoebel]

Kurz und knapp: Auf "The Root Of All Evil" wärmen die ENEMYs Songs der ersten drei Scheiben "Black Earth" (1996), "Stigmata" (1998) und "Burning Bridges" (1999) auf. Hört sich jetzt vielleicht negativ an, ist so aber nicht gemeint. Denn die komplette Tracklist würde, wenn man es nicht besser wüsste, als geile Neuerscheinung durchgehen, die nahtlos an die letzten Meisterwerke anknüpft, auch wenn sie vom Grundfeeling doch deutlich ruppiger, weniger ausgefeilt und old-schooliger ist. Heißt zum einen natürlich, dass sich in kreativer Hinsicht seit Bandbestehen nur marginal etwas getan hat, zum anderen aber, dass Gossow und Co. ihr Erfolgskonzept zielstrebig umsetzen. Und der Erfolg gibt ihnen Recht. Seit ihrem Debüt stehen ARCH ENEMY für den Brückenschlag zwischen Ohrwurmmelodien und brachialer Härte, die an der Grenze zwischen modernem Thrash und Death Metal alter Schule angesiedelt ist. In diesem Format waren und sind sie die Speerspitze. Statt neuer Songs gibt es also jetzt einen Querschnitt durch die Alben, auf denen seinerzeit Angela noch nicht gebellt hat (damals gurgelte Johan Liiva). Wer die alten Fassungen liebt, wird dennoch nicht enttäuscht, da "The Root Of All Evil" frisch wie der Herbstwind durchs Gebälk pfeift.
Für mich unterm Strich eine lohnende Sache und ein bislang fehlendes Bindeglied zwischen "war" und "ist" der Band. Empfehlung meinerseits.

Note: 9,0/10
[Alex Straka]


Eines muss man ihnen wirklich zugutehalten: ARCH ENEMY nutzen die Neuaufnahme einiger Songs der ersten drei Alben nicht, um den Sound den modernen Standards anzupassen, sondern bewahren das authentisch raue, rumpelige Flair der ersten Aufnahme. Instrumente und Gesang wurden nicht überproduziert und klingen dadurch nicht klinisch – ganz im Geiste der Anfangstage. Die auffälligste Änderung ist natürlich die Neuaufnahme des Gesangs durch Sängerin Angela Gossow. Die teilweise veränderten Bassspuren fallen wenig bis gar nicht ins Gewicht. Wer hört auch schon primär auf den Bass? Die Dame hinter dem Mikro macht ihre Sache gut. Sie versucht nicht etwas gänzlich Neues, verbiegt sich aber auch nicht. Der Charakter eines jeden Songs wird beibehalten, so dass auch Fans der ersten Stunde mit dieser Scheibe zufrieden sein dürften. Doch vor allem jüngeren Fans – und davon gibt es viele – wird "The Root Of All Evil" eben jene Wurzeln der Band näher bringen. Als zusätzlichen Augenschmaus können ARCH ENEMY gut und gerne das Fabrikhallen-Low-Budget-Video zu 'The Immortal' originalgetreu nachdrehen, obwohl das Gitarrensolo in diesem Lied für meine Ohren sehr deplatziert ist. Davon abgesehen ist diese auditive Geschichtsstunde durchgehend hochwertig und macht auch nach mehreren Durchgängen noch Spaß. Man darf auf die Live-Darbietung gespannt sein!

Note: 9,0/10
[Pia-Kim Schaper]

ARCH ENEMY möchten, dass "The Root Of All Evil" wie ein reguläres Album betrachtet wird. Das fällt natürlich schwer, wenn man die Originale kennt. Kein Problem ist es hingegen für alle Kinder der Gossow-Ära. Und das sind bekanntlich viele. Denn die finden hier 52 Minuten lang alle Trademarks der Band. Gossows markantes, wenn auch durchaus polarisierendes Gegrowle, eine Sneap-Hochglanzproduktion und vor allem natürlich unglaublich fette Gitarren. Leads, Riffs, Soli, was Amott/Amott hier vom Stapel lassen, ist einmal mehr die ganz große Kunst der Metalgitarre. Hört nur mal 'Demonic Science', 'Dead Inside' oder das abschließende 'Bridge Of Destiny'. Das ist tatsächlich mal schlicht fantastisch. Das allein reicht schon locker für acht Punkte. Und wer bei den Namen Gossow und Sneap Glücksgefühle empfindet, darf auch noch einen Zähler draufpacken.

Note: 8,0/10
[Peter Kubaschk]

ARCH ENEMY waren für mich immer eine zwiespältige Sache. Musikalisch durchaus im grünen Bereich, lag mein Problem immer im Gesang. Angela Gossow shoutet mir zu eintönig, als dass mir ein ARCH ENEMY Album wirklich Freude bereiten könnte. Die Tatsache, dass es vor ihr einen anderen Sänger gab, war mir entsprechend völlig entgangen. Erst jetzt habe ich mal ein Ohr riskiert und muss feststellen, dass die Songs durch Angela tatsächlich gewinnen. Vielleicht braucht man einfach den Vergleich um diesen Gesangsstil schätzen zu können. Allerdings haben die ersten Alben der Skandinavier einen so deutlichen Death-Metal-Touch, dass sie für mich nicht an die neueren, thrashigeren Werke heranreichen können. Aber trotzdem hat die Band das Richtige getan, denn um in der Versenkung zu verschwinden, sind die Songs dann doch wieder zu gut. Und die Band kann ja nichts dafür, dass ich für echten Death Metal zu weich bin. Da aber selbst mir Songs wie die Soundattacke 'Beast Of Man', das mit einer feinen Melodie verwobene 'Pilgrim' und das geradezu epische 'Bridge Of Destiny' gut reinlaufen, muss die Zielgruppe wohl ein paar Euro locker machen.

Note: 7,5/10
[Frank Jaeger]

Wie manch einer bereits weiß, gab es ARCH ENEMY schon eine ganze Weile, bevor Angela Gossow, ihres Zeichens die wohl populärste growlende Blondine der Metalszene, die der Band ihr unverwechselbares Aushängeschild verleiht, einstieg. Da diese Information wohl gerade bei den jüngeren Anhängern der Schweden eher rar verbreitet ist und scheinbar die wenigsten der neueren Fans die alten Songs kennen, haben sich die Jungs um Angela dazu entschlossen, diesem Missstand endlich Abhilfe zu schaffen. Frei nach dem Motto "Kommt der Berg nicht zum Propheten, muss dieser eben zum Berg" hat man nun die alten Stücke, bei denen Johan Liiva noch die Stimmbänder strapaziert hat, neu eingezimmert, um den Kids eine geschichtliche Lehrstunde zu erteilen.

Grundsätzlich gelingt dies auch sehr gut. Die alten Titel haben ordentlich Druck, und Angela singt auf "The Root Of All Evil" einen Zacken aggressiver und fieser als auf den letzten ARCH ENEMY-Platten. Und ja, wie es schon auf dem einen oder anderen Konzert zu hören war: Es ist durchaus nett anzuhören, wenn Angela 'Beast Of Man' oder 'Diva Satanica' zum Besten gibt. Dennoch werde ich den faden Beigeschmack nicht los, dass es hier irgendwo doch um das Zeitschinden bis zu einem neuen Album geht. Klar, der Sound ist druckvoll, die Songauswahl ist klasse, die Gitarrenarbeit sogar noch stärker als auf den aktuellen Platten, und Angelas Stimme gibt dem Ganzen eine eigene Note, aber dennoch ist es halt nichts Neues. Dies mag die ganzen neueren Fans der Schweden (und das sind, wie Kollege Peter schon angemerkt hat, eine Menge) nicht stören, ich finde, das ist aber eher eine Sache für Bonusscheiben oder Bonustracks bei regulären Alben. Außerdem finde ich es schade, dass somit kaum mehr ein Grund besteht, sich die alten Platten mit Liiva am Mikro zuzulegen, der durchaus eine ziemlich geiles Organ hatte.

Alles in allem ist "The Root Of All Evil" eine gute Platte, die für mich aber nicht den Charme der Originale erreicht. Wer die alten Stücke nicht kennt und die letzten Veröffentlichungen der Schweden zu schätzen weiß, macht hier aber nichts verkehrt.

Note: 7,0/10
[Hagen Kempf]

Redakteur:
Peter Kubaschk

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