HORRORSCOPE: Interview mit Lech Smiechowicz

09.04.2007 | 00:54

Ein aufsteigender Stern am europäischen Thrash-Himmel hört auf den Namen HORRORSCOPE. Die Truppe um Gitarrist und Mastermind Lech "Blackpitfather" Smiechowicz ist in ihrem Heimatland Polen bereits eine feste Underground-Größe und sorgte mit starken Platten wie "Pictures Of Pain" (2002) oder "The Crushing Design" (2004) für einiges Aufsehen. Anfang des Jahres nun erschien das zunächst in Eigenregie aufgenommene und später an Shark Records vertickte neue Album "Evoking Demons", das die Band druckvoller, vielseitiger und reifer denn je zeigt. Lech gewährt uns ein paar Einblicke in die Welt von HORRORSCOPE.

Martin:
Lech, euer neues Album ist meiner Meinung nach ein großer Schritt nach vorn. Die Platte knallt ohne Ende, enthält ausschließlich starke Songs und steckt voller cooler Feinheiten und Details. Ich nehme mal an, ihr seid sehr zufrieden mit dem Teil?

Lech:
Oh ja, das sind wir! Danke erstmal überhaupt für die netten Worte. In der Tat haben wir lange an den Songs gearbeitet und das hört man ihnen auch an, wie ich finde. Trotzdem haben wir dabei nichts an Durchschlagskraft und Härte eingebüßt. Durch die starke Produktion klingt das Album sogar noch brutaler und direkter als alles, was wir bisher aufgenommen haben. Wir lernen mit jeder Platte etwas dazu und verbessern uns als Musiker und Songwriter. "Evoking Demons" dokumentiert genau das, was uns im letzten Jahr, als wir das Album gemacht haben, vorschwebte: ein lupenreines, bretthartes Thrash-Monster, ganz in der Tradition der alten Helden aus der Bay Area.

Martin:
Bereits euer letztes Album "The Crushing Design" erschien bei Shark Records. Trotzdem standet ihr zwischenzeitlich ohne Deal dar und musstet "Evoking Demons" zunächst einmal in Eigenregie aufnehmen. Jetzt seid ihr doch wieder bei Shark gelandet... was war da los?

Lech:
Wir haben damals und auch jetzt nur für ein Album bei Shark unterschrieben. Wir haben da ein bisschen gepokert und gehofft, dass vielleicht ein größeres Label anbeisst. Schließlich waren die Reaktionen auf "The Crushing Design" ausgezeichnet, vor allem aus Deutschland, aber auch aus Japan zum Beispiel. Aber die erneute Zusammenarbeit mit Shark Records ist okay. Ich meine, ich bin mir völlig im Klaren darüber, was eine kleine Firma wie Shark leisten kann und was nicht. Zumindest haben wir totale künstlerische Freiheit, wenn wir erst allein unsere Platten aufnehmen, alles selber zahlen und dann erst mit dem fertigen Produkt ein Label suchen, das den Kram rausbringt.

Martin:
Kurz nach den Aufnahmen hat es eine Veränderung im Line-Up gegeben, erzähl doch mal etwas darüber!

Lech:
Ja, im Dezember letzten Jahres war das, unser alter Gitarrist hat uns verlassen. Der Neue heißt Rafal Jenczelewski, er war zuvor unser Gitarrentechniker. Er hat wirklich was drauf und passt menschlich sehr gut zu uns. Schließlich kennen wir ihn ja auch schon eine ganze Weile. Man könnte sagen, er hat den langen Weg vom Fan zum vollen Bandmitglied absolviert. Sein Vorgänger Pistolet hat auch noch in anderen Bands gespielt und irgendwie kriegte er das organisatorisch nicht mehr alles auf die Reihe. Außerdem drifteten unsere Vorstellungen bezüglich HORRORSCOPE immer mehr auseinander, das Übliche halt.

Martin:
Welche Rolle spielen die Texte bei HORRORSCOPE - wichtiger konzeptioneller Bestandteil oder nur Vehikel zum Transportieren von Stimmungen?

Lech:
Unsere Texte sind recht düster und pessimistisch. Allerdings ist es nicht unsere Absicht, die Leute irgendwie zu beeinflussen. Wir schreiben einfach darüber, was uns in unserem Leben auf den Zeiger geht und anwidert. Dazu gehören Dummheit, Ignoranz, Vorurteile, religiöse Fanatiker, aber auch solche Dinge wie kaputt gegangene Beziehungen und sonstige persönliche Enttäuschungen. Obwohl unsere Texte zum Teil sehr giftig und brutal sind, beinhalten sie aber auch eine positive Grundhaltung. Sich über die Scheiße in der Welt mal so richtig auskotzen, sich besser fühlen und dadurch den Alltag wieder meistern können – so könnte man es auf den Punkt bringen.

Martin:
Das Cover von "Evoking Demons" gefällt mir, ein sehr eindringliches und intensives Bild. Was bedeutet es für dich persönlich?

Lech:
Erstmal möchte ich erwähnen, dass ein Typ namens Quras von www.mentalporn.pl das Layout der CD gestaltet hat. Er ist schon lange sowas wie unser Haus- und Hofkünstler. Das Cover zeigt einen Menschen, der in einen Spiegel schaut und dort ein fremdartiges, verzerrtes Bild sieht, das für das herauf beschworene und nun erwachende Böse, den "Evoking Demon" eben, steht. Jeder hat solche versteckten Dämonen in sich und es ist beängstigend darüber nachzudenken, was passiert, wenn diese jemals freigelassen werden, wenn die dünne Trennwand zwischen normaler, gesunder Persönlichkeit und den psychotischen Seiten durchbrochen wird.

Martin:
Ich mag deine Art Gitarre zu spielen sehr, sie ist enorm druckvoll und doch sehr facettenreich. Erzähl mir doch mal was über deine Einflüsse!

Lech:
Danke für das Kompliment, freut mich sehr! Was meine Inspirationsquellen angeht, muss ich natürlich an allererster Stelle die Bay-Area-Thrash-Bewegung nennen und Bands wie FORBIDDEN, EXODUS, SACRED REICH oder TESTAMENT. Außerdem bewundere ich Jeff Waters und bin ein Fan des OVERKILL-Gitarrenduos Rob Cannavino / Merrit Gant zu Zeiten des "Horrorscope"-Albums, das – wie man unschwer erkennt – Pate gestanden hat bei unserer Namensgebung.

Martin:
Dann nenne mir doch mal die drei oder vier deiner Meinung nach wichtigsten US-Thrash-Alben!

Lech:
Okay, ich versuch's mal, gar nicht so einfach: OVERKILL – "Horrorscope", SACRED REICH – "Heal", ANNIHILATOR – "Never, Neverland", EXODUS – "Tempo Of The Damned". Könnte aber sein, dass ich dir vier andere Scheiben nenne, wenn du mich in einem Monat noch mal fragst, hahaha.

Martin:
Wird man euch in absehbarer Zeit mal live bei uns in Deutschland zu sehen kriegen?

Lech:
Oh ja, wir wollen auf jeden Fall 2007 in Deutschland spielen. Ich kann dir nur noch keine Einzelheiten nennen, weil nichts wirklich spruchreif ist. Den aktuellsten Stand der Dinge kann man immer auf unserer Website nachlesen, also unbedingt ab und zu mal reinschauen!

Martin:
Spielst du eigentlich noch in anderen Bands außer HORRORSCOPE?

Lech:
Mein erste Priorität ist auf jeden Fall HORRORSCOPE, ich habe die Band gegründet, sie ist mein Baby und liegt mir sehr am Herzen. Seit kurzem gibt es allerdings ein weiteres Projekt namens BLACK FROM THE PIT, mit dem ich bereits eine Demo-CD aufgenommen haben, die ganz gute Kritiken bekommen hat. Musikalisch bewegen wir uns in der Nähe von Bands wie BLACK LABEL SOCIETY, würde ich sagen: harter, grooviger, dreckiger Heavy Rock. Keine Ahnung, vielleicht wird eines Tages mehr draus, vielleicht aber auch nicht.

Martin:
Wie würdest du als Insider und ausgewiesener Kenner den Zustand der polnischen Metal-Szene beschreiben?

Lech:
Ich bin jetzt mit HORRORSCOPE schon mehr als zehn Jahre dabei und in dieser Zeit ist die polnische Szene kontinuierlich gewachsen, gereift und deutlich professioneller geworden. Im Thrash-Underground zum Beispiel gibt es wirklich gute Bands wie RETRIBUTION, WHOREHOUSE, NO-MADS oder TOTEM, die allesamt sehr aktiv sind. Polen ist nicht nur das Mutterland des Death Metal, sondern hat auch in Sachen Thrash sehr viel zu bieten.

Martin:
Okay, dann danke ich dir für das Gespräch. Möchtest du sonst noch irgend etwas los werden?

Lech:
YEAH, THRASH 'TIL WE ALL FUCKIN' DIE!!!

Redakteur:
Martin van der Laan

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