Gruppentherapie: SULPHUR AEON - The Scythe Of Cosmic Chaos

15.01.2019 | 17:49

SULPHUR AEON ist derzeit in aller Munde. Kaum eine deutsche Death-Metal-Band hat in ihrer so jungen Bandgeschichte in den letzten Jahren derart für Furore gesorgt. Da ist es kein Wunder, dass das dritte Werk "The Scythe Of Chosmic Chaos" den ersten Platz in unserem Dezember-Soundcheck belegt. Wir nehmen das Album in der Gruppentherapie nochmal etwas genauer unter die Lupe.

Im Soundcheck und bei der Rezension kam das Drittwerk der Todesmetaller ja wirklich gut weg und auch ich tu mich schwer, Makel daran zu finden. Na gut, muss ja auch nicht, aber Begeisterungsstürme löst es in mir nicht aus. Das wäre allerdings auch verwunderlich, denn mit Death Metal kann ich im Allgemeinen nicht viel anfangen. Dass ich mir dieses Album freiwillig nunmehr zum fünften Mal anhöre, zeugt also von einer gewissen Qualität. Anders gesagt: Die Band - und das Album - hat was. Was genau das ist, und hier muss ich dem Rezensenten unumwunden zustimmen, ist nicht ganz leicht zu fassen. Wirklich eingängig ist das Ganze nicht. Auch nicht ultrabrutal oder sonstwie revolutionär. Aber: Es passt einfach alles zusammen. Die Umsetzung der typischen Lovecraft-Atmosphäre bis hinein ins kleinste Detail, der vielschichtige Gesang, die stimmigen Gitarren. Manchmal wird's in den Solopassagen sogar richtig episch, was bei mir natürlich offene Türen einrennt. Fast ist man versucht, von einer gewissen unerklärlichen Faszination zu sprechen, die von den Kompositionen ausgeht, doch davon sollte geschwiegen werden. Man wird, um ein Fazit zu ziehen, die gesamte Spielzeit wirklich gut unterhalten und wenn man nur ein bisschen was für Lovecraft übrig hat, ist das hier allerfeinste Hintergrundmusik für die Lektüre. Obwohl das der Musik eigentlich nicht gerecht wird...

Note: 8/10

[Jakob Schnapp]

 

Ich spiele jetzt mal den Advocatus Diaboli hier: So sehr ich SULPHUR AEON mag, mit "The Sycthe Of Cosmic Chaos" tue ich mich bisher schwer. Dabei mochte ich das Debüt ganz gern, und "Gateway To The Antisphere" war sogar ein echter Knaller. Diese Begeisterung kann das neue Werk bei mir bisher nicht auslösen. Das hat mehrere Gründe. Einer ist völlig losgelöst von SULPHUR AEON, lässt sich aber nicht leugnen: CHAPEL OF DISEASE hat soeben ein sehr ähnliches, aber einfach deutlich stärkeres Album veröffentlicht. Da bleiben die anspruchsvollen und detailverliebten Hooks sofort hängen, der Gesang ist böser und zugleich klarer. Und so lande ich doch bei den Lovecraft-Verehrern, denn genau das fehlt mir hier etwas: die Melodien, die mir des Nachts noch nachgehen, die Gesangslinien, die mich fesseln und zum Fistraisen animieren oder die Produktion, die mich aus den Latschen haut - all das fehlt mir dann doch irgendwie. Dabei ist das Album, natürlich will man sagen, gut geworden. Aber für meine Top 20 hat es dieses Jahr nicht gereicht, allein das ist schon eine Enttäuschung. Dass das Artwork völlig überragend ist, möchte ich schon dazu erwähnen, aber insgesamt bin ich ernüchtert, und hoffe ein wenig, dass das Album zum Sleeperhit mutiert.

Note: 7/10

[Jonathan Walzer]

 

Bei dem bestehenden Hype um SULPHUR AEON sind die beiden Beiträge von Jakob und Jonathan ja schon fast erstaunlich. Aber ganz ehrlich? Auch ich tue mich mit "The Scythe Of Cosmic Chaos" schwer. Irgendwie erschließt sich mir das Werk auch nach dem X-ten Durchlauf nicht so wirklich. Jonathans Vergleich mit CHAPEL OF DISEASE kann ich nicht ganz nachvollziehen, denn COD kommt mit einem deutlich heavieren Gesamtsound daher. "The Scythe Of Cosmic Chaos" ist dagegen viel düsterer. Ich fühle mich beim Hören immer wieder an BEHEMOTH erinnert, denn es klingt, als wollte SULPHUR AEON die Macht, die die Polen ausstrahlen, auch kreieren. Das gelingt in meinen Augen jedoch nicht so gut, wie es BEHEMOTH eben schafft. Während Nergal und Co. auf ihrer aktuellen Scheibe in mir Angst, Bedrohung und Wut auslösen, nehme ich das dritte Werk von SULPHUR AEON vergleichsweise emotionslos wahr. Wirklich schade, ich habe mir doch ein wenig mehr Begeisterung über das Album erwartet.

Note: 7/10

[Mario Dahl]

 

Was bin ich froh, dass unser Hauptrezensent Michael nicht abgesoffen ist beim Hörgenuss des Drittwerks von Germany's Hopefuls im internationalen Death-Metal-Wettbewerb. Aber ja, ich bin weitestgehend beim Herrn Kollegen, was die Wirkung von "The Scythe Of Cosmic Chaos" auf meine geschundene Seele angeht. Beim eröffnenden 'Cult Of Starry Wisdom' war ich noch etwas skeptisch ob des Sturms an Komplexität, den vor allem die Gitarristen entfachen. Doch ganz zum Schluss die Beruhigung: Ein kurzes Killerhook, was mich sofort dazu zwang, den Song immer und immer wieder anzuhören - gleichzeitig zündete der Rest des Titels immer mehr. Genauso muss man cleveren Death Metal komponieren und produzieren. Wahnsinn!

Und nach dem größtenteils selben Schema laufen auch die restlichen sieben Titel rein. Hut ab vor Jakob, dass er sich als Genre-Jungfrau an diesen Bastard getraut hat. Dass er letztlich acht Punkte zückt, spricht für die herausragende Qualität von SULPHUR AEONs Schaffen. Und wenn wir schon bei den Vorrednern wären: Jonathan, mal davon abgesehen, dass beide Bands im Großen und Ganzen dem Todesmetall verschrieben sind, aber die neue Scheibe von CHAPEL OF DISEASE mit diesem Wunderwerk zu vergleichen, kann ich nicht nachvollziehen. Das hier ist ultraböser, hochkomplexer, kurzweiliger, extremer, fantastisch produzierter Breitwand-Todesstahl, während die Kollegen auf ganz andere Elemente setzen und auf Teufel komm raus basisch klingen wollen. Wenn ich einen Vergleich ziehen wollte, dann den, dass ich selbst nach dem zehnten Durchlauf von "The Scythe Of Cosmic Chaos" hellwach und nicht schon eingeschlafen bin. Und Mario, ja, BEHEMOTH kann man (zumindest im musikalischen Sinn) durchaus als Vergleich hinzuziehen. Aber auch hier sehe ich den Vorteil klar bei den Jungs aus Nordrhein-Westfalen, denn hier ist aber auch mal nullkommanix durchkalkuliert, auch wenn die Polen mich mit ihrer aktuellen CD mehr als überzeugt haben. Bei SULPHUR AEON klingt das Ganze jedoch frischer, die Jungs strotzen nur so vor Spielfreude und die acht Songs haben trotzdem internationales Format.

So, genug geschimpft - schließlich haben wir uns doch alle lieb. Darauf ein weiterer Durchlauf "The Scythe Of Cosmic Chaos"!

Note: 9,5/10

[Haris Durakovic]

Redakteur:
Mario Dahl

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