Gruppentherapie: SLOUGH FEG - "The Animal Spirits"

27.10.2010 | 14:27

Das "Album des Monats" im Oktober kommt vielleicht etwas überraschend aus dem Hause SLOUGH FEG. Die passende Laudatio mit einem kritischen Unterton gibt es jetzt bei uns.


Im Vorfeld dieses Soundchecks gab es für mich zwei Bands, denen ich den Monatssieg noch mehr gegönnt habe als allen anderen tollen Truppen, die an diesem am besten besetzten Soundcheck aller Zeiten teilgenommen haben. Eine von den beiden hat es tatsächlich geschafft, sich gegen die bärenstarke Konkurrenz durchzusetzen, obwohl ein Blick auf die Noten zeigt, dass sie zweifellos nicht jeden erreichen können. Dennoch ist SLOUGH FEG, die seit mittlerweile zwanzig Jahren und acht Alben aktive Truppe um Frontmann Mike Scalzi, etwas ganz Besonderes. Kaum eine Band des aktuellen Metal-Undergrounds rockt mehr, hat im positiven Sinne schrägere Melodien auf der Pfanne, kombiniert die fast schon punkige Attitüde der frühen IRON MAIDEN besser mit der bizarren und doch herrlich prägnanten Leadarbeit von BROCAS HELM und hat neben einem Wunderbasser auch noch einen Sänger an Bord, der eigenständiger und überhaupt einfach mehr ist als das, was die meisten anderen Bands dieser Größenordnung zu bieten haben. Ach ja, und dass kein Geringerer als Bobby Wright höchstselbst beim letzten Stück mitsingt, macht die Sache natürlich noch besser. Hier stimmt einfach alles: Musik, Sound, Spirit... besser kann man Musik nicht machen.

Note: 10/10
[Rüdiger Stehle]

Es bleibt tierisch im Hause SLOUGH FEG. Nach dem Affenaufstand nun also "The Animal Spirits". Dabei sind Mike Scalzi & Co. traditioneller denn je. Und zwar im Sinne von Traditionen der 70er. Hier regiert kauziger Hardrock, der vor allem von der großartigen Gitarrenarbeit und der einmaligen und unverwechselbaren Stimme Scalzis lebt. Die Produktion ist extrem lebendig und warm und sorgt für ein absolutes Hörvergnügen. Klasse. Warum es dennoch einen halben Punkt weniger im Vergleich zum Vorgänger gibt? Nun, nicht jeder Song vermag bisher zu zünden und einen Überflieger der Marke 'Ape Uprising!' suche ich bislang ebenfalls vergeblich. Stop. Nicht ganz vergeblich. Denn 'Kon-Tiki' ist so eine Nummer, die einen noch bis in den Schlaf verfolgt. Die riesige Gesangsmelodie, der fantastische Chorus, das tolle Riff, die Bridge, die gute Laune, die der Song mitbringt, hier stimmt ganz ganz viel. Leider sind diese vier Minuten immer viel zu schnell zu Ende. Dennoch ist "The Animal Spirits" natürlich für alle Freunde von Schrägie-Mucke absolute Pflicht und ein mehr als würdiges "Album des Monats". Es ist dieser hochoriginellen, absolut authentischen Truppe nur zu wünschen, dass auch mal die große Masse an Musikhörern auf sie aufmerksam wird.

Note: 8,0/10
[Peter Kubaschk]

Schon im durchweg gelungenen Vorgängeralbum "Ape Uprising!" konnte ich die kollegialerseits vielbeschworene Kauzigkeit SLOUGH FEGs nur ansatzweise ausmachen. "Never coming down from the trees" proklamierte die Band da im 'Simian Manifesto', doch nun scheint der Kauz vollends aus dem Geäst gepurzelt zu sein. "The Animal Spirits" ist dennoch ein eigenwilliges, eigenständiges Stück Heavy Rock geworden, für das sich die Band nicht zu schämen braucht: altmodisch, holzig, knorrig, groovig, urwüchsig, nie zu geradlinig, doch stets geradlinig genug, um druckvoll nach vorne zu gehen. Das ist zwar schon schwer metallisch, da steckt irgendwo aber noch Bluesrock drin. Rhythmisch ruppig schreitet die Band zu Werke, dass es wogt und kracht. Das waltzende 'Ask The Casket', der bärbeißige Heavy-Metal-Shanty-in-Schräglage 'Kon-Tiki' und der noch folkiger anmutende Song 'Second Coming' mit Harfenuntermalung erschließen sich direkt, der Rest braucht einen zweiten Durchlauf. Dabei fällt dann auf, dass der Trend weg geht vom Hakenschlagenden, Verspielten, Epischen, hin zu noch mehr Fluss. Ganz so markant klingt die Band damit nicht mehr, doch der typische SLOUGH FEG-Sound bleibt unverkennbar. Wer sich 2010 mit brandneuem, traditionellem, rhythmisch ungestümem Heavy Metal ohne Schnörkel aber mit Fransen ausstaffieren will, greift mit "The Animal Spirits" bestimmt nicht daneben. Mike Scalzis Stimme klingt nach wie vor urig und passt perfekt zum wurzeligen Sound der Combo. Akzente setzen der flotte Opener, die groovigen 'Lycanthropic Fantasies' mit ihrem IRON MAIDEN-Solopart, sowie die bereits erwähnten Songs 'Ask The Casket', 'Kon-Tiki' und 'Second Coming', der Rest klingt gewohnt gut ohne zu überraschen. Es gibt hier keine Füllsel aber auch keinen Riesenhit. Insgesamt fällt "The Animal Spirits" etwas melodischer, entspannter, ansatzweise mitunter dann sogar doch epischer aus als sein Vorgänger. Mutig ist es, eine Coverversion der genialen E. A. Poe-Hommage 'The Tell-Tale Heart' von THE ALAN PARSONS PROJECT zu wagen. An das kultige Original reicht diese zwar längst nicht heran, doch das Ummünzen auf den eigenen Sound ist SLOUGH FEG tatsächlich gelungen. Alles in allem ist "The Animal Spirits" ein ambitioniertes und auch recht gelungenes Album, das mich allerdings mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Band ihr Potential darauf noch nicht voll entfalten konnte. Aber gerade das hält den Hunger bekanntlich am Leben.

Note: 7,5/10
[Eike Schmitz]


'Ask The Casket'. Fragen müssen gestellt werden, nach diesem Song sind jedoch keine Antworten zu erwarten, da sich die Todeskiste bereits ausgegraben hat und zum Krematorium an der Ecke gespurtet ist, um sich schnell einäschern zu lassen. Das labbrige Schlafwandlergitarrenspiel bildet das Kernstück eines von 'Lycanthropic Fantasies' und 'Heavyworlder' vervollständigten Geisterbahntrios. SLOUGH FEGs Versuch, eine Jam-Situation zu schaffen, führt bereits bei 'Materia Prima' zu nichts; das mit einem abgeschrammelten Riff beginnende 'Free Market Barbarian' ist nur Futter für die Wissenslücke; danach erscheint die besondere Dreifaltigkeit aus (Zwillings-)Gitarren-Gequietsche ohne THIN LIZZY- oder WISHBONE ASH-Zauber, Sonntagnachmittagslangeweile und Feelingvernachlässigung. Aber die Band spielt das alles zusammen im modrig riechenden Übungsloch. Wahrhaftig. Das passiert heutzutage gar nicht mehr – denken die Amis. Deshalb kloppten sie ihren Kram und das gescheiterte ALAN PARSONS PROJECT-Cover 'The Tell-Tale Heart' weitgehend unbearbeitet auf die Platte. Dass bei analogen Aufnahmen im Metal die Möglichkeiten des technischen Fortschritts nicht wahrgenommen werden dürfen, ist ein Gerücht, das seinen Ursprung irgendwann in den frühen Neunzigern hat, sich seitdem in gewissen Kreisen hält und einen anspruchslosen Umzugskartonschlagzeugsound wie auf diesem Album als Oase des exquisiten Geschmacks inmitten der Wüste des Wettrüstens verklärt. Und Mike Scalzi singt dazu. Das ist noch das Beste.

Note: 5,0/10
[Oliver Schneider]

Kauz, Kauziger, SLOUGH FEG. Aber ist dem wirklich so? "The Animal Spirits" präsentiert sich eigentlich erstaunlich gezähmt. Zumeist zweistimmige Riffs kloppen sich um die Wette, in der Mitte schafft der Bass eine kommunikative Ebene, über die sich der tolle Gesang von Mike Scalzi erhebt. Eigentlich alles wie gehabt, oder? Die Melodien sind eingängig, die historischen Bezüge leicht verständlich und die Songstrukturen zumeist recht gut nachvollziehbar. Kauzfaktor? Relativ gering. Aber genau das macht "The Animal Spirits" aus, denn der verrückte Lord ist eben ein Garant für tolle Songs, die ein breites Spektrum abdecken. In Verbindung mit der dreckigen Produktion der Gitarren entsteht die punkig-trashige Atmosphäre, in der die Band auch 2010 ihren eigenen Spirit lebt. Und genau dieser eigene Spirit ist das, was die Band erfreulich abhebt von den Konsorten, die in den Fahrwassern von Metal-Klassikern ihr Unwesen treiben. SLOUGH FEG sind einzigartig und einzigartig gut. Daran ändert sich auch mit "The Animal Spirits" nichts. Ganz im Gegenteil.

Note: 8,5/10
[Julian Rohrer]

Redakteur:
Peter Kubaschk

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