Gruppentherapie: DOOL - Summerland

25.04.2020 | 15:14

Wie gerne würden wir alle jetzt DOOL ins Summerland folgen.

Ausgiebige Aktivitäten an der frischen Luft müssen noch eine Weile warten, dafür bleibt mehr Zeit um im Wohnzimmer neuer Musik zu lauschen. Die niederländische Formation DOOL findet auch in unserer Redaktion viele Freunde, überzeugt aber nicht jeden. Neben Redakteur Thomas, der in seiner Rezension satte 9 Punkte vergibt, streiten noch vier weitere Kollegen um "Summerland".

 

Ha, DOOL, noch so eine Hype-Band, da fällt der Verriss nicht schwer. Zugang habe ich eigentlich keinen zu dieser Art von Musik, und auch die irgendwie verbandelten Vorgänger THE DEVIL'S BLOOD fand ich total langweilig. Und tatsächlich, beim Hören des Openers denke ich mir schon voll hämischer Vorfreude Adjektive wie "belanglos" und "einfallslos", oder gar Sätze wie "Das habe ich bei HIM schon besser gehört". Dann kommen die anderen Lieder: Hmm, diese eine Melodie ist ja ganz nett... Der Sound passt eigentlich. Oh, nette Gitarrenarbeit, das hat einen schönen Rhythmus, wie heißt das? 'God Particle', aha, cool. Die Sängerin kann ja auch was, ganz schön variabel, der Gesang. 'A Glass Forest' ist ja auch ein tolles Lied! Was es hier alles zu hören gibt auf diesem Album: Doom, Gothic Rock, Pop, Post Rock... und alles gekonnt... schon beeindruckend. Das letzte Stück ist auch verdammt gut! Moment mal, welche Melodie geistert mir da eigentlich seit Tagen im Kopf rum? Die stammt von 'Sulphur & Starlight', dem erwähnten Opener, den ich zunächst so mies fand... Okay, okay, ich geb's zu: DOOL ist eine dolle Band und "Summerland" ein echt gelungenes Album. Ich hab versucht, es nicht zu mögen, aber das klappt einfach nicht.

Note: 8,0/10
[Jakob Schnapp]

Der Herr Becker ist begeistert und durfte damit rechnen, der Kollege Schnapp erwartete nichts und zeigt sich nach einigen Durchläufen zunehmend angetan, und doch ist das Sommeralbum der Niederländer bei uns im Soundcheck recht weit hinten gelandet. Warum denn nur? Offenbar konnte die Band doch nicht alle so recht erreichen, und auch ich muss zugeben, dass ich mich ein bisschen schwer mit dem Werkeln DOOLs tue. Dabei gefällt mir der Einstieg mit dem schwefligen Sternenlicht und dem Wolfsmond sogar recht gut, und die androgyne Stimme von Frontfrau Ryanne van Dorst ist ebenfalls sehr angenehm. Sie erinnert mich bisweilen sogar an Geddy Lee in seinen späteren Jahren mit etwas mehr Tiefe und dunklerem Klang. Doch irgendwann verliert mich die Band dann durch ähnliche Charakteristika, wie dies bereits bei THE DEVIL'S BLOOD der Fall war, wo einst vordem Bassist Job van de Zande und Schlagzeuger Micha Haring tätig waren. Für meinen Geschmack etwas zu langatmige Instrumentalpassagen, mäandernde Serpentinen im Gitarrenspiel und im Songaufbau vermögen mich nur selten intensiver zu fesseln, und so steige ich auch bei der neuen DOOL leider bereits im dritten Stück langsam aus. Es ist nun nicht despektierlich gemeint, aber wenn Bands minutenlang im gemächlichen Tempo atmosphärisch vor sich hin schwelgen, bevor sich eine Stimme erhebt, dann müssen sie mich schon auf irgend eine andere Weise ganz besonders packen können, und das gelingt DOOL auf "Summerland" nicht. Schöne Musik fraglos, angenehm zu hören und mit feinem Gesang, aber kompositorisch für mich etwas zu ausladend und zu verträumt angelegt.

Note: 6,5/10
[Rüdiger Stehle]

Ich dachte ja auch zuerst wie Kollege Schnapp, dass DOOL der nächste unnötige Hype aus dem THE DEVIL'S BLOOD-Schatten ist. Daher machte ich um DOOL (auch den Namen finde ich irgendwie doof) immer einen Bogen, bis ich mir irgendwann dachte, dass ich "Here Now, There Then" doch mal gehört haben sollte. Und ziemlich schnell musste ich mir eingestehen, dass ich diesen dunkeln Gothic Rock im Fahrtwind von NEW MODEL ARMY oder FIELDS OF THE NEPHILIM ziemlich cool finde. Daher habe ich mich auf "Summerland" gefreut. Und wurde nicht enttäuscht. Mit Hard 'n' Heavy hat das alles in meinen Ohren nur noch wenig zu tun, es ist düsterer Rock, mit viel Atmosphäre, einer fesselnden Stimme und betörenden Melodien. Die ganz großen Hits schälen sich nach den ersten Spins noch nicht aus dem Album heraus, aber normal braucht solche Musik natürlich auch ein wenig. Der Opener 'Sulphur & Starlight' ist auf jeden Fall schon mal ein veritabler Ohrwurm, und ich glaube, dass Leute, die sich TRIBULATION, IN SOLITUDE oder IDLE HANDS ohne die metallische Komponente vorstellen können, wirklich Spaß an DOOL haben sollten.

Note: 8,0/10
[Jonathan Walzer]

Ich setze mich an Jakobs Seite. Ja, ich habe auch Lust, mich unvorinformiert über eine Band zu erregen, die mit einem Album gerade richtig "abräumt". Gottchen, was für ein beknackter Begriff. Der Effekt, den ich erwarte - ich nicke dabei Jakob zu - ist ein entspanntes vorurteilbehaftetes Hören. Ich habe THE DEVIL'S BLOOD mal irgendwo auf einem Festival gesehen und bin nach zwei Stücken abgehauen. Fand ich viel Blut und Vor-Tamtam um nicht soo viel. Habe den Hype nicht verstanden. Den um DOOL auch nocht nicht. Wenn ich mich da an die Landsleute GOLD erinnere - die machten ziemlich großen Eindruck. Ich steige so richtig aufmerksam in "Summerland" mit 'God Particle' und dem Titelsong ein, da lass ich schon mal ab von Nebentätigkeiten und lausche konzentrierter. Die Gesangsleistung ist nicht besonders aufregend, die Herangehensweise, die Breaks und der Aufbau - auch wenn es eigentlich langsam tropft - geben viel Geschick für Rock in schwarzen T-Shirts preis. Rüdiger sagt: verträumt. Und ihm nicke ich auch zu. Da gibt es Pathos aus der Nebelmaschine. Das Schlagzeug darf mal ganz allein hallen, die Gitarre den kleinen Ausbruch dort wagen, da die kleine orientalische Spielerei einschieben, ich kreuze die Beine und strecke mich. Noch vier Stücke, vier Chancen, mich zu packen. Naja, irgendwie erinnert mich DOOL an die Zeiten, wo ich ANATHEMA auch nicht mehr dauerhaft hören konnte und wollte. Also noch drei. 'Ode To The Future' ist lässig. Richtig lässig. Das steht denen, ein wenig den Zug verlassen, und auch die Stimme ist so mit viel mehr Möglichkeiten ausgestattet, zu zeigen, was in ihr steckt. Ich bin mir sicher: sehr viel. Aber, ich nicke Rüdiger zu: Spannend ist das nicht. 'Be Your Sins' lass ich weg, da ist nach einer Minute Schluss für mich. Jakob sagte, der letzte Beitrag ist gut ... ok.

Note: 4,0/10
[Mathias Freiesleben]

Redakteur:
Nils Macher

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