Gruppentherapie: AVATAR - "Dance Devil Dance"

27.02.2023 | 21:33

AVATAR aus Schweden gehört seit einigen Jahren zweifellos zu den spannendsten Acts der schwermetallischen Musiklandschaft, entsprachen doch alle bis dato veröffentlichten Alben eher einer Wundertüte, einem Metal-Zirkus bestehend aus einer Menge Groove, einem starken Ohrwurmpotential und der abwechslungsreichen Extravaganz, mit der auch Album Nummer neun vollends glänzt. Das nahmen wir zum Anlass, einmal genauer auf "Dance Devil Dance" und die Wirkung dieses Albums zu schauen.

Selbstverständlich gibt es auch von diesem Album eine Voll-Review, diesmal von unserem Tobias. Doch was meinen die Kollegen?

 

Es bleibt dabei: In beeindruckender Regelmäßigkeit veröffentlicht AVATAR Alben, "Dance Devil Dance" folgt nun also "Hunter Gatherer" (2020). Ich kann mich in vielen Worten von Tobias' Review wiederfinden und sicherlich kann man den Schweden attestieren, dass die Kurve nach den letzten beiden eher mäßigen Alben wieder etwas nach oben zeigt. Unterm Strich bietet Album Nummer neun durchaus gute AVATAR-Unterhaltung mit unverkennbarem Groove, viel Spielwitz und den einzigartigen Gesängen von Frontmann Johannes Eckerström. Dennoch, und da unterscheidet sich mein Eindruck dann doch zum Hauptreview, muss ich beim Lesen meiner Rezension zum letzten Album etwas konsterniert feststellen, dass es fast eins zu eins auf "Dance Devil Dance" passt. Denn trotz aller positiven Eindrücke muss ich feststellen, dass vielen Songs wiederum das gewisse Etwas fehlt, nennt es Inspiration oder Highlights (wie es etwa die tollen Gitarrensoli sind, wenn sie denn mal erklingen). Hört euch mal zum Beispiel den Mittelteil des Titeltracks oder von 'Valley Of Disease' an, dann versteht man vielleicht besser, was ich meine. 'Chimp Mosh Pit', 'Do You Feel In Control' oder 'Clouds Dipped In Chrome' tun nicht weh, aber fallen halt auch nicht weiter auf, bleiben nicht nachhaltig im Gehör, wie ich es sonst bei AVATAR geschätzt habe. Vielleicht ist der Bandsound mit Alben wie "Hail The Apocalypse" und "Feathers & Flesh" aber auch bereits an seine Grenzen gestoßen? Nicht falsch verstehen, mit Songs wie 'On The Beach', 'Gotta Wanna Riot' und 'The Dirt I'm Buried In' untermauert AVATAR, dass die Band zurecht eine feste Größe in der (Live-)Szene geworden sind, aber mit der bisherigen Diskografie im Ohr, insbesondere der der letzten zehn Jahre, muss ich erneut mit den Worten schließen: Da hätte mehr drin sein können.

Note: 7,0/10
[Jakob Ehmke]

Wenn man wie diese Kreativlinge in so regelmäßigen Abständen gute Alben an den Mann bringt, dann ist der Erfolg keine zufällige Konsequenz. Nein, AVATAR hat sich den jetzigen Status mühsam erarbeitet und auch wenn ich persönlich mit "Avatar Country" und "Feathers & Flesh" meine Problemchen hatte, ging die Kurve mit "Hunter Gatherer" jedoch wieder leicht nach oben. Die Songs wurden zwingender, AVATAR hat mehr Zugkraft bekommen, sodass ich entsprechend erwartungsvoll an "Dance Devil Dance" gegangen bin. Und siehe da, trotz einiger Schattenmomente befindet sich viel Licht auf dem mittlerweile neunten Studioalbum der Jungs. Es groovt nach Herzenslust, mit 'Chimp Mosh Pit', 'Do You Feel In Control' sowie 'Gotta Wanna Riot' befinden sich astreine Hits auf der Platte, die Produktion ist angenehm druckvoll ohne auf die Nerven zu gehen und die Abwechslung habe ich bei AVATAR ohnehin schon damals gemocht. Einst fehlte mir der stilistisch rote Faden sowie der gewisse Wiedererkennungswert, doch beides grinst mir auf "Dance Devil Dance" ähnlich frech und offensiv entgegen wie die Fratze auf dem Artwork. Ein rundes, in sich stimmiges Album, das zumindest zum Großteil die Erwartungen wieder erfüllt und schlicht und ergreifend Spaß macht.

Note: 8,0/10
[Marcel Rapp]

Ich kann Tobias in seinem Review zu "Dance Devil Dance" zunächst insofern zustimmen, dass "Feathers & Flesh" das bisherige Schaffens-Highlight von AVATAR darstellt, an das die Band seitdem nicht mehr herangekommen ist. Mit "Dance Devil Dance" geht der Blick der Band aber wieder in die richtige Richtung und ich fühle mich vielerorts an besagtes Highlight erinnert. Dabei hat AVATAR mich nie wegen besonderer Riffs oder Gesangspassagen mitgenommen, es waren das Gesamtbild und der Flair, die insbesondere halt "Feathers & Flesh" ausgemacht haben. Und dieses Gesamtbild ist für mich auf "Dance Devil Dance" wieder deutlich stimmiger. Okay, Fronter Johannes Eckerström könnte noch öfter seinen markanten Clean-Gesang wie in 'On The Beach' herausholen, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Apropos Gesang und jetzt muss ich Tobias etwas widersprechen: Johannes Stimme im Titeltrack erinnert mich nämlich nicht an Rob Halford, sondern an Tim "Ripper" Owens. Und zwar so stark, dass ich mich ernsthaft gefragt habe, ob dieser nicht eventuell als Gastmusiker zu hören ist. Mit "Dance Devil Dance" ist den Schweden ein gutes Album gelungen, das einige Ohrwürmer zu bieten hat, im Vergleich zum bisherigen Karriere-Höhepunkt aber noch Luft nach oben hat.

Note: 8,0/10
[Mario Dahl]

Leider muss ich jetzt hier etwas die Spaßbremse spielen – quasi genauso wie ein AVATAR-Song in meiner Playlist. Diese Band trifft in einer schon fast absurd hohen Regelmäßigkeit die für mich falschen Entscheidungen im Songwriting, sodass es in Summe wirklich ärgerlich wird. Und somit wird ein komplettes Album bei dieser Band für mich zur Geduldsprobe. Ich erkenne keinen roten Faden oder zumindest ein homogenes Gesamtbild, sodass ich mich ständig frage, ob ich nicht einen Sampler oder eben eine unausgegorene Playlist höre. Jetzt könnte man anmerken, dass es bei dieser Art von Crossover auch Teil des Konzepts sei, dass jeder Song für sich steht. Mag sein, aber dann sollte man für sich feststellen, dass ein Album vielleicht das falsche Medium ist und insbesondere im Jahr 2023 auf Einzeltracks setzen. Hinzu kommt, dass die ganze "Weirdo"-Nummer dann auch noch gebremst und handzahm klingt und zusätzlich noch kreativen Spielraum nach oben bietet. Das haben Bands wie WALTARI, SAIGON KICK, PRIMUS, FAITH NO MORE, ZIMMERS HOLE, DEVIN TOWNSEND und SYSTEM OF A DOWN alle besser hingekriegt. Auch wenn die Band und Fans es gerne so haben möchten, ein Alleinstellungsmerkmal sehe ich nicht. Hinzu kommt, dass Sänger Johannes Eckerström ein bestimmtes Spektrum wunderbar abbilden kann, durch den wilden Stilmix aber gezwungen ist, zu oft seine gesanglichen Grenzen zu überschreiten. Er ist halt kein Daniel Gildenlöw und das höre ich leider ziemlich deutlich raus. Somit kann ich festhalten, dass die einzelnen Songs sicherlich eine Note im Bereich 6,5-7,0 rechtfertigen würden, "Dance Devil Dance" als Longplayer aber überhaupt nicht funktioniert – und ich somit zwei volle Punkte abziehe. Packt euch meinetwegen 'On The Beach' (okay), 'Gotta Wanna Riot' (besser) und auf jeden Fall 'The Dirt I'm Buried In' (wirklich stark) in eure Playlist und ignoriert das Album.

Note: 4,5/10
[Stefan Rosenthal]

Redakteur:
Marcel Rapp
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