Gruppentherapie ALTER BRIDGE - "The Last Hero"

26.10.2016 | 11:48

Auch mit dem letzten Helden eine Bank.

ALTER BRIDGE ist einfach eine Soundcheck-Bank. Nach einem Platz 6 vor sieben Jahren für "AB III" und Platz eins anno 2013 für "Fortress" ist heuer immerhin schon wieder ein Stockerl-Platz drin. Der Boss ist erwartetermaßen begeistert von "The Last Hero" (zum Review), was klar sein sollte, denn Negatives sucht man bei ALTER BRIDGE - für den Autor der Zeilen der "FC Bayern des Hard Rock" - vergeblich. Oder?

ALTER BRIDGE ist die Nr. 1, wenn es um Alternative geht, der Metal groß schreibt - und wird es auch mit "The Last Hero" bleiben. Wie Cheffe schon richtig erkennt, handelt es sich nicht um ein weiteres "Fortress", ist aber unverkennbar ALTER BRIDGE: Die fetten Riffs des Workaholics Tremonti gehen eine herrliche Symbiose mit dem unverkennbaren Organ Kennedys ein und kredenzen einen Ohrwurm nach dem anderen, wie es zum Beispiel 'Poison In Your Veins' ist. Allerdings scheinen diese etwas austauschbarer als zuletzt, besonders in der ersten Albumhälfte sind einige Durchhänger zu verzeichnen. Hingegen singen und musizieren sich die Herren in 'This Side Of Fate' geradezu in den Olymp, superb! Eigentlich gibt's hier nicht mehr zu meckern und wenn, dann auf höchstem Niveau.

Note: 8,5/10
[Jakob Ehmke]

Ha, ich muss sagen, auf unserer Seite wird ziemlich oft auf hohem Niveau gemeckert. Diese Floskel fällt auf. Meistens haben die Kollegen aber auch Recht mit dem hohen Niveau, gerade oder vor allem bei ALTER BRIDGE. Bei solch grandiosen Musikern fühle ich mich als kleiner Fan sogar immer ein wenig beschämt, wenn ich hier das Meckern anfange. Und deswegen gibt es Meckerei meinerseits - ähnlich wie bei OPETH - vielleicht nur deswegen, weil ich finde, dass ALTER BRIDGE tatsächlich immer gleich gut ist. Diese Gitarre, diese Stimme, das ist wie bei KATATONIA, das kann gar nicht schief gehen. Aber ich bin ein Hörer, der gerne mal gepiesackt werden will. "Same old, same old" ["Alles beim Alten" - d. Red.] finde ich doof. Wenn ich mich nicht entscheiden kann, welches ALTER BRIDGE-Album ich auflege, weil sie alle gut sind und deswegen etwas anderes höre, ist das doof. Zumal es jetzt ja auch noch TREMONTI gibt, was auch noch so ähnlich klingt.
Ach jetzt fällt mir ja doch noch ein spezieller Grund ein, warum "The Last Hero" diesmal "nur" 8,5 Zähler bekommt. Als Balladen-Fan frage ich mich, wo sind sie denn? 'Broken Wings' und 'Blackbird' sind die besten Lieder dieser Band. Ein Jammer, auf so etwas zu verzichten oder aber es nur halbgar anzugehen ('You Will Be Remembered'). Dafür ist der Titelsong aber die Wucht!

Note: 8,5/10
[Thomas Becker]


Also lieber Thomas, keine Scheibe von ALTER BRIDGE aufzulegen, weil alle so konstant gut sind, dass du dich nicht entscheiden kannst? Das ist doch kein Grund! Viel mehr ist das wohl eines der größten Qualitätsmerkmale des Vierers, denn ich kann blind ins Regal greifen, einen der bisherigen vier Langspieler herausgreifen und bekomme immer perfekten Alternative Rock geboten. "The Last Hero" bildet da keine Ausnahme, sondern ist vielmehr eine perfekte Ergänzung für die einmalige Diskographie von Tremonti, Kennedy und Co. Alleine der famose Titeltrack, die Single 'Show Me A Leader' mit ihrem Stop-And-Go-Refrain und der Hit 'Losing Patience' rechtfertigen die Anschaffung der Platte. Gleichzeitig kann ich auch die von meinen beiden Vorrednern bemängelte Austauschbarkeit nicht ganz nachvollziehen. Natürlich sind die Jungs meilenweit davon entfernt einen radikalen Stilbruch zu vollziehen, trotzdem zeichnet sich jedes Album durch eine eigene Thematik und Atmosphäre aus, die es zumindest mir recht leicht macht, einen Track der jeweiligen Epoche in der Bandhistorie zuzuordnen. Ach ja, auch die von dir so vermisste tolle Halbballade gibt es, Thomas, nur sitzt sie eine Position weiter vorne in der Tracklist und nennt sich 'This Side Of Fate'. Alles in allem bleibt damit das eher langweilige 'You Will Be Remembered' für mich der einzige Schwachpunkt eines ansonsten ganz und gar heroischen Albums, das in Zukunft noch sehr oft auf meinem Plattenteller landen wird. Mehr als einen halben Punkt kann ich für diesen Ausrutscher aber nicht abziehen, denn das übrige Material ist und bleibt sensationell stark!

Note: 9,5/10
[Tobias Dahs]

Sensationell stark, ja, das ist eine Formulierung, die ich für ALTER BRIDGE ebenfalls jederzeit verwenden würde. Nicht umsonst führe ich die Band inzwischen in einer imaginären Top 10 meiner Lieblingsbands. Ohne mich jetzt im Einzelnen festzulegen, würde ich jede bisherige Platte der Amis mit 9,0 oder mehr Punkten versehen - eine unfassbare Statistik! Dass "The Last Hero" diese Latte knapp reißt, fällt für mich daher schon in die Kategorie "minimale Enttäuschung", weshalb ich mich nah bei den Kollegen Ehmke und Becker wiederfinde. Mit Blick auf die achteinhalb Zähler, die mir die Platte immer noch wert ist, erscheint das allerdings fast lächerlich. Denn wenn Myles Kennedy seine Stimmbänder vibrieren lässt, wenn Herr Tremonti in die Saiten haut und überhaupt die ganze Band diese zahlreichen, wie immer fließend-rund komponierten Alternative-Hymnen intoniert, dann gibt es nahezu nie einen Grund, die CD aus dem Schacht zu holen. ALTER BRIDGE war immer großartig und ist auch auf "The Last Hero" wieder klasse. Zur Untermauerung dessen kann man fast beliebig Songs herauspicken: 'Poison In Your Veins' ist mal wieder große, treibende Rock-Kunst, 'Losing Patience' ein klassischer AB-Ohrwurm oder 'This Side Of Fate' tatsächlich eine Halbballade, die Freude (oder Herzschmerz) bereitet. Insgesamt war ALTER BRIDGE jedoch einfach schon stärker unterwegs; sowohl was die Summe an "Hits" als auch die kompakte Gesamtatmosphäre betrifft. Dass ich "The Last Hero" dennoch laufend höre und ich mich darauf freue, den ein oder anderen Song der Scheibe live präsentiert zu bekommen, spricht indes wohl für sich.

Note: 8,5/10
[Oliver Paßgang]

Redakteur:
Thomas Becker

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