FROG LEAP: Interview mit Leo Moracchioli
09.06.2025 | 17:45"Innerhalb all meiner Coversongs habe ich mehr eigene Musik als die meisten anderen Künstler."
Bevor er mit seiner Band FROG LEAP die Markthalle in Hamburg abgerissen hat, hab ich mich mit Mastermind Leo Moracchioli getroffen und über den Erfolg des YouTube-Projektes gesprochen - von den Anfängen alleine im Studio in Norwegen bis auf die Bühnen bei Wacken und Rock Am Ring. Dabei ist FROG LEAP im Grunde ein Soloprojekt, zu dem nur punktuell Gastmusiker dazustoßen. Den YouTube-Kanal habe ich mal hier verlinkt, die Musik findet man inzwischen aber auch bei allen Streamingplattformen.
Hallo Leo, fangen wir doch ganz am Anfang an, denn ich nehme an, viele unserer Leser kennen dich nicht. Was ist FROG LEAP und wie ist es entstanden?
Nun, ich schätze, die Band FROG LEAP entstand aus meinem YouTube-Kanal, den ich 2014 gestartet habe. Also, mit den Covern habe ich zu der Zeit angefangen, glaube ich. Ja, das war ziemlich erfolgreich, und 2018 habe ich dann eine Band gegründet. Das ist jetzt ein paar Jahre her. Das ist die Geschichte.
Wie kam es zu dem YouTube-Kanal?
Nun, ich hatte einen Kanal, weil ich ein kleines Studio von zu Hause aus betrieb. Ich nutzte den YouTube-Kanal, um für mein Studio zu werben und Live-Gigs zu spielen, vor allem Akustik-Gigs. Irgendwann fing ich an, Songs zu covern, Akustik-Songs, um mich selbst zu promoten. Und dann habe ich ein Metal-Cover von 'Poker Face' von LADY GAGA gemacht, einfach so zum Spaß.
Und das hatte ungefähr eine Million Aufrufe auf YouTube. Und da habe ich mich hingesetzt und gedacht: "Hmm, das würde ich gerne machen, und ich könnte damit weitermachen." Von da an habe ich es jeden Freitag gemacht, und dann wurde es weird.
War 'Poker Face' der Moment, in dem du dachtest: Das könnte es sein, das könnte mein Durchbruch sein?
Na ja, ich habe es gemacht, ohne darüber nachzudenken. Und als es dann halbwegs viral ging, habe ich mich hingesetzt und es gründlich analysiert. Und angefangen, es richtig zu machen, schätze ich. So bin ich irgendwie in die ganze YouTube-Sache reingerutscht.
Wie gehst du bei der Songauswahl vor? Gibt es da ein System?
Nein, nicht wirklich. Heutzutage sind es meistens Vorschläge. Ansonsten über Freunde oder ich höre etwas im Radio. Ich achte im Grunde auf das Riff. Ich habe dann eine Liste auf meinem Handy, aber es kann sein, dass ich diese Woche Lust auf dies habe oder absolut keine Lust auf das habe. Es hängt ganz von meiner Stimmung in der jeweiligen Woche ab. Ich möchte auch mal einfach etwas Altes oder etwas Neues machen. Es variiert also ständig. Ich habe kein System. Es ist einfach sehr ungeplant.
Aber ich nehme an, das bedeutet auch, dass man viele verschiedene Musikgenres hören muss.
Also, ich höre generell nicht so viel Popmusik. Und viele der Songs, die ich mache, habe ich vielleicht schon in meiner Jugend gehört. Ich habe eine Weile auch primär eher progressive Musik gehört. Aber jetzt variiert es viel mehr. Teilweise sogar auch Jazz.
Aber die meisten Songs, die ich covere, sind nicht das, was ich normalerweise höre.
Gab es schon mal Songs, bei denen du dein Bestes gegeben oder sie "metalisiert" hast, und es hat einfach nicht geklappt?
Eigentlich nur sehr wenige. Das überrascht mich auch wirklich.
Manchmal fange ich etwas an und denke mir: "Mist, das wird eine Weile dauern." Aber normalerweise versuche ich einfach dranzubleiben, und am Ende wird es irgendwie was. Ich glaube, die schwierigsten sind die Disney-Songs, die symphonischen. Es fällt mir schwer, sie für die Gitarre zu transkribieren. Einfache Popsongs lassen sich leicht riffen. Aber Disney-Sachen sind sehr akkordorientiert.
"Was soll ich spielen? Es gibt so viele Noten. Was soll ich auswählen?"
Ich nehme an, das spricht auch schon für deine Vorauswahl. Gibt es einen bestimmten Song, den du in Zukunft gerne spielen würdest, aber noch nicht geschafft hast? Der aktuell auf deiner "Ich muss diesen Song knacken"-Liste steht.
Ich glaube, der Song, den ich spielen möchte, ist 'Bohemian Rhapsody'. Aber er ist sehr lang und es ist viel los. (lacht) Aber der steht ganz oben auf meiner Liste. Ich werde es irgendwann machen. Ich brauche nur etwas Zeit und vielleicht ein paar Freunde, die mitmachen. Es wäre cool, mit Leuten zusammenzuarbeiten, um es zu machen.
Bekommst du jemals Feedback von den Künstlern, also von den Originalkünstlern?
Ja. Ein paar, aber nicht so oft. Ich glaube, der erste, den ich tatsächlich mitbekommen habe, war Corey Taylor von SLIPKNOT. Weil ich ein Akustik-Cover eines SLIPKNOT-Songs gemacht habe. Und er hat etwas auf Twitter oder so gesagt.
Ich habe von Leuten gehört, die jemanden von den BEE GEES kennen, jemanden, der im Studio gearbeitet hat und ihnen mein Cover gezeigt hat und so was. Ich glaube, die Jungs von TOTO haben etwas gepostet, als wir 'Africa' gemacht haben.
Brian Adams sagte, er wolle, dass ich sein nächstes Metal-Album produziere. Aber es war nicht ernst gemeint. Aber es war lustig, weil es in einem Interview mit ihm war und jemand es ihm gezeigt hat.
Das sind nicht die schlechtesten Shoutouts, schätze ich.
Es ist gut. Es ist fantastisch.
Apropos Freunde, die dir bei 'Bohemian Rhapsody' oder anderen Songs helfen. Du hast Hannah (Hannah Boulton), Rabea (Rabea Massaad) und andere Leute, die regelmäßig mit dir zusammenarbeiten und auch teilweise Teil der Band sind. Wie seid ihr zusammengekommen?
Ich habe Rabea kennengelernt, ich glaube, es war über YouTube. Wir haben uns in L.A. auf der NAB kennengelernt, die so eine Art Musikmesse ist. Dort habe ich Rabea kennengelernt, und Hannah ist seine Freundin. So habe ich de facto beide kennengelernt. Und Rabea war der erste, den ich gefragt habe, ob er mitmachen und eine Band dafür zusammenstellen möchte.
Ich schätze, die meisten Leute, die ich kenne, kommen über YouTube, wenn sie nicht gerade aus Norwegen kommen. Und es ist einfach, mit anderen YouTubern im Ausland zusammenzuarbeiten, weil sie wissen, wie es geht. Videos und so, und sie schicken dir die richtigen Dateien. Sie wissen, wie man sich selbst filmt und so weiter. Es ist eine tolle Community. Ich kenne jetzt einige aus der YouTube-Musikecke, und die sind alle ziemlich entspannt.
Das wäre meine nächste Frage gewesen, denn du bist ja tatsächlich nicht der einzige YouTuber, der Musik macht. Wir haben Violet Orlandi, HALOCENE und Anthony Vincent, um nur ein paar zu nennen. Ist das eine Community oder seht ihr euch eher als Konkurrenz?
Nein, ich glaube nicht. Die Leute, die du erwähnt hast, kenne ich und mit den meisten habe ich auch schon zusammengearbeitet.
Ich denke, wir sind da alle entspannt, weil wir unterschiedliche Sachen machen, jeder hat seinen eigenen Stil und so. Ich sehe das also nicht als Konkurrenz, die Plattform ist so groß, es ist genug für alle da.
Wenn ich sehe, wie sie etwas richtig Tolles machen, möchte ich mich einfach anstrengen und ne Schippe drauflegen. Aber nein, ich habe noch nie jemanden getroffen, bei dem es so aussah, als hätte er gesagt: "Oh Mann, du hast mehr Follower als ich." Alles gut, schätze ich.
Wenn man die menschliche Seite mal beiseite lässt, siehst du das Aufkommen von KI als echte Bedrohung für das, was du tust? Weil es ziemlich leicht ist, einfach zu sagen: "Mach diesen Song im SLIPKNOT-Stil".
Ich habe mir da noch nicht wirklich Sorgen gemacht. Ich glaube, ein Großteil meines Erfolgs liegt wahrscheinlich an den Videos. Ich zeige verrückte Videos und rocke einfach ab. Also, ich weiß nicht. Und meine Hardcore-Fans wollen mich anscheinend wirklich unterstützen, weil sie sehen, dass es ein einzelner Typ ist, der das macht. Und weil sie sehen; ich genieße das Ganze wirklich.
Also, KI ist fantastisch, sie kann tolle Coversongs und so machen. Aber ich glaube nicht, dass es dasselbe sein wird. Es ist irgendwie anders. Ich mag sie als Werkzeug, das man für verschiedene Sachen verwenden kann. Aber bisher sehe ich es nicht als Konkurrenz. Also ja, alles gut.
Wird es jemals ein originales FROG LEAP-Album geben, nur mit eigenen Songs?
Ich weiß nicht. Es ist komisch, denn als ich mit der Musik anfing, spielte ich immer in eigenen Bands. Ich habe folglich schon viel eigene Musik veröffentlicht. Ich habe wahrscheinlich ein paar hundert eigene Songs von früher. Daher habe ich nicht mehr so den Drang, eigene Musik zu machen. Aber auch bei den Coversongs neige ich dazu, meinen eigenen Breakdown oder so etwas einzubauen. Ich habe ungefähr eine Minute eigene Musik in jedem Song. Ich denke, innerhalb all meiner Coversongs, fast 500, habe ich mehr eigene Musik als die meisten anderen Künstler. Und ich kann da irgendwie mein eigenes Ding rausbringen.
Im Moment bin ich zufrieden, aber vielleicht mache ich ja irgendwann mal was.
Wie und wann kam die Idee auf, dieses FROG LEAP-Soloprojekt anzugehen, eine Band zusammenzustellen und auf die Bühne und auf Tour zu gehen?
Nun, ich habe mit Rabea gesprochen, er hatte als erster die Idee. Und es kann auch etwas eintönig werden, allein zu sein und die ganze Zeit allein im Studio zu arbeiten. Deshalb ist es für mich einfach gut, hier und da ein paar Wochen rauszukommen.
Sozusagen zwei Wochen lang halbwegs ein Rockstar zu sein, und das ist okay. Und dann kann man nach Hause gehen und weitermachen. Für mich ist es keine Frage der Wirtschaftlichkeit. Es ist eher so: Wenn die Kosten gedeckt sind und jeder bezahlt wird, dann ist das cool. Mir macht es einfach Spaß. Und es funktioniert, besonders auch auf Festivals, weil jeder die Songs kennt und so. Es macht einfach Spaß.
Ist der Spaßaspekt auch der Grund, warum ihr hauptsächlich kurze Touren macht?
Nun, ich denke, das liegt hauptsächlich an den Familien. Wir werden älter. Ich möchte nicht länger als zwei Wochen von meiner Tochter getrennt sein. Einige der anderen haben auch Kinder und so. Wir schätzen uns glücklich, dass wir das so machen können.
Die meisten Bands müssen viel touren, um über die Runden zu kommen, wir können uns zum Glück aussuchen, wie und wann.
Wie du schon sagtest: Viele Bands müssen touren. Heutzutage haben wir bei Konzerten oft zwei, drei oder sogar mehr Vorgruppen. Ihr habt euch entschieden, ohne Vorgruppe zu spielen. Ist das eine bewusste Entscheidung?
Ich glaube, wir wollen es uns einfach machen. Ich weiß nicht. Wir wollen keine harte Band als Vorband, das würde nicht passen. Wenn wir Supportacts hätten, bräuchten wir etwas Ausgefallenes. Entweder einen DJ oder so. Keine Rockband, weil das komisch wäre.
Ich hoffe, wir können in Zukunft vielleicht mehr in die Richtung machen. Manchmal funktioniert es, alleine zu spielen, manchmal nicht. Diesmal war es so herum leichter für uns, im Grunde machen wir es jetzt deshalb alleine.
Was können Fans von einem FROG LEAP-Livekonzert erwarten?
Ich schätze, was die anderen in der Band betrifft, gute Musiker. Spaß. Man kann headbangen, man kann tanzen. Es sind Leute jeden Alters dabei. Das erstaunt mich, denn ich bin es gewohnt, in einer Metal-Band zu spielen, wo nur Jungs in schwarzer Lederkleidung sind. Aber jetzt sind es Kinder und Alte. Es ist eine tolle Stimmung. Die Leute scheinen viel zu lächeln und Spaß zu haben. Darum geht es. Man kennt die Songs und hat einen Grund, dazu zu headbangen.
Kommen wir zum Schluss, du hast ja noch was zu tun (Der Soundcheck läuft gerade bereits im Hintergrund). Kannst du uns einen Ausblick auf die Zukunft geben?
Ich schätze, wir machen einfach so weiter. Wir waren jetzt viel in Europa auf Tour und hoffen, nach Amerika und vielleicht auch nach Australien expandieren zu können. Aber wir werden immer wieder nach Deutschland zurückkehren, denn Deutschland war für uns das beste Land. Hier kommen die meisten Leute zu den Shows. Man mag den Metal hier. Es ist fantastisch und wir kommen auf jeden Fall wieder.
Ihr spielt diesen Sommer ja auch noch auf einigen Festivals.
Ja, "Rock Am Ring" und "Rock Im Park". Das ist fantastisch für mich. Ich glaube, ich war 2008 dort. Jetzt habe ich das Gefühl, wir haben alle großen Events gespielt, die auf meiner Wunschliste standen. Wir waren auf Wacken…
Aber ja, "Rock Am Ring" ist dieses Jahr definitiv das größte. Dann spielen wir "Summerside" und "Rockharz". Ich glaube, die meisten davon finden tatsächlich in Deutschland statt.
POWERMETAL.de wird beim "Rockharz" sein, ich bin wahrscheinlich auch beim "Rock Am Ring" oder "Rock Im Park" – ich freue mich darauf, euch dort zu sehen.
Vielen Dank für deine Zeit. Ich freue mich darauf, euch später auf der Bühne zu sehen.
Gern geschehen und vielen Dank! Viel Spaß beim Konzert und wir sehen uns auf den Festivals!
- Redakteur:
- Chris Schantzen