FORSAKEN, THE: Interview mit Patrik Persson

01.01.1970 | 01:00

THE FORSAKEN sind ein Todesbleigeschwader aus Südschweden, das schwedischen Death Metal gekonnt mit einigen amerikanischen Einflüssen verbindet. Obwohl man sich mittlerweile zu Recht einen sehr guten Ruf in der Szene erarbeiten konnte, ist der große Durchbruch bisher ausgeblieben. An den drei bislang veröffentlichten Alben kann das nicht liegen, denn die sind sowohl vom technischen Standpunkt als auch vom Aggressivitätslevel her aller Ehren wert. Eigentlich müsste die neue Scheibe "Traces Of The Past" sowieso jeden Freund von hochwertig geschmiedetem Death Metal überzeugen und zu einem glühenden Verehrer von THE FORSAKEN machen. Ich unterhielt mich mit Axeman und Gründungsmitglied Patrik Persson über das neue Album und die momentane Situation der Band.


Stephan:
Die dritte Scheibe wird oft als "make it or break it"-Album bezeichnet. Denkst du, dass euch mit "Traces Of The Past" ein großer Schritt nach vorn gelungen ist?

Patrik Persson:
Ich hoffe es. Musikalisch ist es der größte Sprung, den wir bisher zwischen den einzelnen Alben gemacht haben. Aber ich kann natürlich nicht sagen, ob das Album erfolgreich sein wird oder nicht.

Stephan:
Glaubst du, dass es ein sehr wichtiges Album für die Zukunft der Band ist?

Patrik:
Jedes Album ist wichtig. Als Band ist man nie besser als sein letztes Album. Man kann sich nicht auf alten Lorbeeren ausruhen, man muss permanent gute Alben herausbringen, damit man bekannt bleibt. Ich weiß nicht, warum das dritte Album so entscheidend sein soll, denn jedes Album ist wichtig. Aber natürlich ist diese Scheibe die wichtigste für uns bisher.

Stephan:
Soll der Albumtitel so etwas wie eine "back to the roots"-Haltung symbolisieren?

Patrik:
Anders (Sjöholm, Sänger - d. Verf.) kam mit dem Titel an und ich glaube, er bezieht sich eher auf die Lyrics. Es geht um die Menschheit und dass sich Geschichte ständig wiederholt. Der Titel spiegelt das lyrische Konzept des Albums wider.

Stephan:
Hörst du dir eigentlich auch nach den Studioaufnahmen eure eigenen CD's noch an?

Patrik:
Man muss sie sich schon wieder anhören, einfach um zu wissen, ob sie gut sind. Aber zunächst kann man sich das Album natürlich nicht anhören, da man so übersättigt ist mit allem, was damit zu tun hat. Wir haben ein Jahr lang dafür geprobt und dann haben wir uns drei Wochen lang permanent das Album angehört. Ich werde mir eine Pause von ein oder zwei Monaten gönnen und dann werde ich es mir wieder anhören um ein objektives Urteil über das Album fällen zu können.

Stephan:
Das kann ich mir vorstellen. Ist das wichtig um Dinge ausfindig zu machen, die ihr auf eurem nächsten Album verbessern könnt?

Patrik:
Ja, absolut. Als Musiker muss man immer kritisch sein, selbst wenn es um winzige Dinge geht, die vielleicht niemand sonst hören kann. Ich habe z.B. einige Sachen von den Gitarren gehört, die unserem Drummer Niklas sicherlich nicht auffallen würden. Sich anzuhören, was man falsch gemacht hat, hilft einem sich zu verbessern.

Stephan:
Gibt es irgendetwas, das dir an "Traces Of The Past" im Nachhinein nicht gefällt bzw. was ihr hättet besser hinkriegen können?

Patrik:
Natürlich gibt es Dinge, die beim Aufnehmen des Albums nicht optimal gelaufen sind. Wir haben uns z.B. zu spät darum gekümmert die Gesangslinien zu schreiben, was uns am Ende eine Menge Zeit gekostet hat. Aber wir haben eine bestimmte Vorgehensweise beim Schreiben von Songs und ich kann mir nicht vorstellen es irgendwie anders zu machen, auch wenn es sicherlich nicht der schnellste Weg ist.

Stephan:
Die Produktion ist sehr klar und transparent, trotzdem hätte ich mir ein paar mehr Ecken und Kanten im Soundbereich gewünscht. Wie siehst du das?

Patrik:
Das ist vielleicht schon berechtigt. Aber jeder Mensch hat eine andere Meinung darüber, wie der perfekte Sound klingt. Wenn man Dinge entdeckt, die man selber hätte anders machen können, dann gilt das natürlich auch für die Produktion. Aber mit dieser Produktion bin ich wirklich sehr zufrieden. Das ist aber auch ein Problem, das die meisten "Abyss"-Produktionen haben. Es klingt sehr sauber und digital. Das ist einfach Geschmacksache und ich denke, es ist die beste Produktion, die wir jemals hatten.

Stephan:
Was würdest du als größten Fortschritt bezeichnen, den ihr von "Manifest Of Hate" (Debütalbum, 2001 - d. Verf.) bis hin zur aktuellen Scheibe erreicht habt?

Patrik:
Ich denke, dass es uns möglich ist Songs zu schreiben, die nicht nur so schnell wie möglich sind. Wir versuchen mittlerweile auch Songs zu schreiben, die ein etwas gemäßigteres Tempo haben. So etwas wäre auf "Manifest Of Hate" nicht denkbar gewesen. Wir wollten immer, dass unsere Musik sehr aggressiv ist, aber wir wussten damals nicht, wie wir das hinbekommen können ohne permanent Highspeed zu gehen. Heute wollen wir unterschiedliche Tempi in unseren Songs haben. Das ist vielleicht keine sehr große Errungenschaft, aber für uns ist es sehr wichtig.

Stephan:
Welche Auswirkungen hatte der Wechsel eures Bassisten auf die Band, besonders bei den Liveshows?

Patrik:
Die größte Auswirkung hat gar nichts mit der Musik zu tun. Als Band ist man eine so eine enge Gemeinschaft, da wir ja nicht nur Bandmitglieder, sondern auch Freunde sind. Da weiß man vorher nie, ob es wirklich miteinander funktioniert, aber "Junior" (Stefan Berg - d. Verf.) hat sich wirklich super eingefügt.
Wir dachten eigentlich, dass er vor den Liveshows sehr nervös sein würde, weil er noch nie in einer Band gespielt hat, die Alben veröffentlicht hat. Aber er ist mit der Situation sehr gut klar gekommen, er ist der perfekte Ersatz.

Stephan:
Ihr habt 'Blackened' von METALLICA gecovert und das Ergebnis ist ziemlich geil geworden. Gerade dieser Song steht in meinen Augen zu Unrecht etwas hinter den Klassikern der Band zurück, warum habt ihr ausgerechnet den ausgewählt?

Patrik:
Diesen Track wollte ich schon seit einiger Zeit covern. Das liegt daran, dass er gerade bei den Gitarren gar nicht so weit von dem entfernt ist, was wir machen. Wir haben die Drums und die Vocals etwas verändert, aber die Gitarren haben wir eigentlich so belassen, so dass er sehr nah an der Musik ist, die wir selbst spielen.
Außerdem ist es einfach ein großartiger Song und METALLICA sind eine der wenigen Gruppen, die ihrer Zeit voraus waren. Er klingt immer noch frisch und nicht wie ein Song, der vor über zehn Jahren entstanden ist. Er könnte auch aus der heutigen Zeit stammen, das ist einer der Gründe, warum wir ihn ausgewählt haben.

Stephan:
Was ist denn deine Meinung zum derzeitigen Schaffen von METALLICA?

Patrik:
Ich habe nur einige Songs vom neuen Album gehört, aber ich denke, es ist eine interessante Richtung, die sie einschlagen. Ich habe nicht erwartet, dass sie wieder so aggressive Musik machen würden. Es ist immer noch weit entfernt von ihren großen Alben aus den achtziger Jahren, aber es ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung, denn "Load" und "Re-Load" haben ja nicht besonders nach METALLICA geklungen.

Stephan:
Ihr habt weit mehr zu bieten als rohes Geknüppel. Würdest du euch selbst als eine sehr technisch zu Werke gehende Band bezeichnen?

Patrik:
Ja und nein. Die Musik ist schon technisch und wir versuchen sie für den Hörer interessant zu gestalten. Aber wir wollen es auch nicht so technisch haben, dass es konfus wirkt. Bei manchen technischen Bands hat man nur ein großes Fragezeichen über dem Kopf und weiß überhaupt nicht, was los ist. Es soll interessant sein, aber nicht so technisch, dass es schwer fällt zuzuhören.

Stephan:
Was ist in deinen Augen der größte Vorzug von "Traces Of The Past", der das Album zu einem "must have" für Death-Metal-Fans macht?

Patrik:
Nun, es ist ein Album, das sehr viel Abwechslung bietet. Wir haben immer versucht den melodischen Göteborg-Sound und den brutalen, schnellen Amerika-Stil zu kombinieren, was uns auf diesem Album sehr gut gelungen ist. Deshalb sollte man sich die Scheibe kaufen.

Stephan:
Wird es nicht langsam Zeit für eine Headlinertour durch Europa, oder denkst du, dass es dafür noch zu zeitig ist?

Patrik:
Ich weiß es nicht. Es ist sehr schwierig eine Headlinertour durch Europa zu machen. Ich denke, dass THE FORSAKEN noch nicht so weit sind, vor allem brauchen wir eine größere Fanbasis. Wir haben das Publikum noch nicht in dem Maße erreicht, dass wir eine Headlinertour durchziehen können. Dazu braucht es einen größeren Hype um die Band und der ist bis jetzt noch nicht eingetreten. Vielleicht klappt das ja bei diesem Album, aber bis jetzt ist das noch nicht passiert.

Stephan:
Das kann man nur hoffen. Im Frühjahr soll es ja wieder auf Tour gehen. Ich nehme an, ihr werdet Europa wieder sehr ausgiebig beackern...

Patrik:
Ja, es ist eine Tour für Winter/Frühjahr 2004 im Gespräch, aber es gibt bis jetzt noch keine konkreten Daten. Es gibt aber immer einige Orte, wo uns jede Tour hinführt und da wird es auch diesmal keine Ausnahme geben.

Stephan:
Sind die ruhmreichen No Mercy-Festivals im nächsten Jahr ein Thema für euch? Immerhin wart ihr ja noch nie dabei und seid eigentlich geradezu prädestiniert dafür, dort mit aufzutreten.

Patrik:
Festivals sind schon ein seltsames Kapitel bei THE FORSAKEN. Wir haben bisher nicht allzu viel Glück mit Festivals gehabt und auch noch nicht viele gespielt. Wir haben da nie viele Angebote bekommen, aber hoffentlich ändert sich das. Ein Festival macht immer sehr viel Spaß, nicht nur weil man vor all den Leuten spielen darf, sondern weil man ein Teil des Festivals ist und die anderen Bands sehen und ein paar Bier trinken kann. Wenn ich zwischen einer Tour und ein paar Festivals wählen müsste, würde ich die Festivals auf jeden Fall vorziehen.

Stephan:
Die von mir erwähnten No Mercy-Festivals sind ja kein Festival im wirklichen Sinne, sondern schon eine Tour.

Patrik:
Oh ja, stimmt.

Stephan:
Hast du eine Ahnung, warum ihr bisher niemals bei den No Mercy-Festivals dabei ward?

Patrik:
Nein, das hat wahrscheinlich etwas mit der Popularität zu tun. Sie brauchen große Bands, damit es für sehr viele Leute attraktiv ist, einfach um Geld verdienen zu können. Vielleicht aus diesem Grund, aber ich weiß es nicht genau.
Vielleicht haben wir uns auch bloß nicht genügend gepusht, damit die Organisatoren Notiz von uns nehmen konnten. Aber hoffentlich ändert sich das, denn live zu spielen, ist der einzige Grund, warum man in einer Band ist. Es macht keinen Spaß ständig im Probenraum herumzuhängen; auf Tour zu sein, live zu spielen und Party zu machen, das ist der Grund, warum wir in THE FORSAKEN sind.

Stephan:
Lebst du 100 Prozent für die Band, oder gibt es in deinem Leben auch noch andere Dinge, die dir genauso oder noch wichtiger sind?

Patrik:
Unglücklicherweise müssen wir nebenher noch Geld verdienen um unsere Rechnungen und unser Essen bezahlen zu können. Das nimmt nun mal einen großen Teil ein. Aber Musik zu machen ist das einzige, von dem ich glaube gut darin zu sein. Ich spiele nicht Fußball oder so etwas, ich habe nur meine Gitarre und das hat für mich absolute Priorität. Es sind schon fast 100 Prozent, natürlich immer neben dem, was notwendig ist um zu überleben.

Stephan:
Welche fünf Scheiben gehören für dich bis jetzt in die Auswahl zum "Album des Jahres 2003"?

Patrik:
Wow, eigentlich hab ich mir schon seit geraumer Zeit kein Album mehr gekauft. Ich weiß gar nicht genau, welche Alben so alles releast wurden in diesem Jahr. Ich mag das neueste OPETH-Album sehr gerne, denn OPETH waren immer eine meiner Lieblingsbands. Auch die letzte THE HAUNTED-Scheibe "One Kill Wonder" ist ein sehr gutes Album. Ansonsten kaufe ich mir eigentlich nur alte Platten und habe somit viele von den neueren Alben gar nicht gehört. Vielleicht habe ich die dann in zwei Jahren, wenn ich das Geld dafür habe. So ist das bei mir meistens, da so viele gute Alben releast werden, ich aber nur so wenig Geld habe sie mir zu kaufen.
Auch das neue NEVERMORE-Album "Enemies Of Reality" gefällt mir sehr gut, denn ich mag diese Alben, die einem beim ersten Mal noch gar nicht so gut gefallen, aber dann mit jedem weiteren Hören wachsen.

Stephan:
Willst du zum Schluss noch irgendetwas loswerden?

Patrik:
Hoffentlich werden wir bald auf Tour gehen und dabei auch einige Konzerte in Deutschland spielen können. Also schaut euch unsere Shows an, denn wir geben immer 100 Prozent auf der Bühne. Und hört euch auch unser neues Album an, denn es ist mit Sicherheit unser stärkstes Werk bisher. Ich weiß, das sagen alle Bands über ihr letztes Album, aber bei uns trifft es wirklich zu, dass "Traces Of The Past" die anderen Scheiben in die Tasche steckt.

Stephan:
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Band.

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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