ENSIFERUM: Interview mit Sami Hinkka

05.10.2017 | 10:57

"Two Paths" heißt das neue Album von ENSIFERUM, für die Finnen gibt es derzeit aber nur einen Weg: Und der geht hoch hinaus. Eine Woche nach der Veröffentlichung stieg der Langspieler auf Platz neun der deutschen Album Charts ein, in ihrer Heimat erreichten sie gar den vierten Platz. Im Anschluss tourte ENSIFERUM für sechs Termine durch Deutschland.

Die Tour begann dabei mit einem großen Knall, wie Bassist Sami Hinkka uns verriet: "Es war ein fast wahnwitziger Beginn. Als wir aus dem Flieger stiegen, rief ich unseren Tourmanager an, dass wir nun angekommen sind." Der hatte zwei Nachrichten für die Band. Die gute Nachricht: Er stand bereits in der Garage mit dem Tourbus. Die schlechte Nachricht: Der Bus war liegengeblieben. ENSIFERUM nahm es mit Humor. "Irgendwie hat es das Eis gebrochen, wir mussten letzten Endes alle miteinander lachen und wussten sofort: 'Okay, dann wird es halt eine DIESER Touren'", erzählt Sami gut gelaunt. Schließlich bescherte ihnen der erste Gig in Bochum gleich ein fantastisches Debüt. "Es war eine grandiose Show, obwohl ich vorher schon Schmetterlinge im Bauch hatte. Die ganze Situation war komisch", erinnert er sich. Komisch? Auf meine Nachfrage erklärt Sami: "Ja, die ganze Tour ist ziemlich kurz. Normalerweise brauchen wir eine Woche, um wieder in unseren Rhythmus zu finden und uns warmzuspielen." Ob warmgespielt oder nicht, in Bochum seien sowohl die Band als auch die Fans super aufgelegt gewesen. "Das hatten wir schon bei "One Man Army" - die ersten Leute konnten unsere Lieder bereits mitsingen!" Umso beachtlicher, wenn man bedenkt, dass der erste Tourtag in Bochum auch die erste Show mit dem neuen Material war.

Das letzte Mal war ENSIFERUM auf dem Summer Breeze Open Air zu Gast. "Es war eine recht verrückte Nacht", so Sami über das Festival. "Überall waren Parties. Das Breeze hatte Geburtstag, Nuclear Blast hat gefeiert und auch unser Label hatte ein Jubiläum." Nur ENSIFERUM musste dreißig Minuten nach dem eigenen Gig im Van Richtung Flughafen sitzen, schließlich spielte die Band am nächsten Tag bereits in Paris. "Es war eine sehr lustige Nacht, leider nur sehr kurz", erzählt Sami mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Die Meinungen zu "Two Paths" gehen im Übrigen weit auseinander, berichtet er. "Unsere Musik polarisiert immer. Allerdings hatten wir dieses Mal wirklich Leute, die uns über den grünen Klee gelobt haben, während andere schrieben, dass es das mieseste Album aller Zeiten sei." Schulterzucken bei dem charismatischen Finnen. Wem es nicht gefalle, der müsse es eben nicht hören. "Außerdem sind die Fans immer noch das allerwichtigste Feedback. Wenn die Menschen deine Songs feiern und dazu singen, das ist viel mehr wert", konstatiert er.

Ihre Fans sind ohnehin seit jeher ein Phänomen: Bei den Shows von ENSIFERUM scheint jeder zu wissen, was er oder sie zu tun hat, mehr oder weniger peinliche oder anbiedernde Publikumsanimationen gibt es bei den Folk Metallern nicht. Ein Fakt, den Sami sehr schätzt. "Ich liebe es! Die Leute, die zu unseren Shows kommen, kommen, weil sie Spaß haben wollen. Sie geben uns so wahnsinnig viel Energie."
ENSIFERUM irgendwo einzuordnen, fällt dabei nicht nur Kritikern schwer. Auch Sami selbst möchte die Band ungerne in irgendein Genre packen. "Wir haben genau eine Regel: Jede Idee, egal wie verrückt sie ist, wird ausprobiert! Ob das nun R'n'B oder Hip Hop ist, es wird ausprobiert." Das mache aus dem Songwriting einen oft sehr spaßigen Prozess. "Es gibt Leute, die sagen, dass gerade dies das Beste an uns ist. Dass unsere Songs nicht einfach Kopien voneinander sind." Der Vorgänger des aktuellen Albums, "One Man Army" sei da das beste Beispiel, verweist er. "Wir haben darauf sehr harte, schnelle Nummern, während der letzte Song 'Neito Pohljan' ja fast schon ein Country-Song ist", erklärt Sami. Gut erinnert er sich an einen Journalisten des Metal Hammers, der einmal zu ihm sagte, dass Folk Metal den Spaß zurück in das Metal-Genre gebracht habe. "Ich habe darüber nie nachgedacht. Das könnte stimmen."

Ideen werden bei ENSIFERUM beim Songwriting in der großen Runde ausdiskutiert. "Wir wären vermutlich weitaus schneller, wenn wir jemanden hätten, der alleine darüber entscheidet, wie was gespielt wird", gesteht Sami. Dennoch würde er die Arbeitsweise der Band nie in Frage stellen. "Auf diese Art und Weise kann jeder sein Können und Wissen einbringen. Jeder steht hinter dem fertigen Produkt und wir haben am Ende die beste Lösung." Natürlich müsse jeder einmal Kompromisse eingehen. "Wir sind eben eine Demokratie", zwinkert er. Ohne diesen Sinn fürs Ausprobieren wären auch zwei Songs, die es auf "Two Paths" geschafft haben, nie entstanden. "Es war nie geplant, dass es von 'God Is Dead' und 'Don't You Say' Versionen mit Petris Shouts gibt. Allerdings waren wir gerade im Studio um die beiden Stücke aufzunehmen." Petri, der rein zufällig ebenfalls noch vor Ort war, wurde eigentlich spaßeshalber eingeladen, die Songs selbst noch einmal einzusingen. "Das war dann so genial, dass wir sie ebenfalls aufs neue Album gepackt haben", lacht Sami. Auf der Tour im kommenden Jahr werde man auch diese Lieder live performen. "Das wird aber noch einmal wirklich schwierig, zu entscheiden, welche Version. Vielleicht mischen wir sie ja auch...", spekuliert er. Man darf also auch weiterhin gespannt sein, wo es mit der überbordenden Kreativität von ENSIFERUM noch hingeht.

Auf jeden Fall zurück nach Deutschland, bezeichnet Sami Hinkka die Bundesrepublik doch mittlerweile schon als seine zweite Heimat. "Es ist immer total schön, hierhin zurückzukehren. Schon beim ersten Konzert haben wir so viele bekannte Gesichter im Publikum gesehen!"

Redakteur:
Leoni Dowidat

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