DORO: Interview mit Doro Pesch

24.11.2010 | 11:14

Wenn solch eine bekannte und nicht weg zu denkende Persönlichkeit wie DORO ihr 25-jähriges Jubiläum derart pompös und spektakulär feiert und dies in einem dicken Package an die Fans weitergibt, lassen wir uns doch nicht lumpen und laden Frau Pesch zu einem kleinen, sehr schönen Plausch. Viel Spaß beim nostalgischen Gespräch über die glorreichen 80er Jahre, vergangene, sowie kommende Festival-Aktivitäten und natürlich die erscheinende DVD "25 Years In Rock".

Doro, am 26. November kommt deine neue DVD "25 Years In Rock" auf den Markt, die fabelhaft geworden ist. Besonders diese Fan-Nähe, die bei diesem Konzert zu spüren ist, hat mich sehr beeindruckt.

Ja, das war mir auch sehr wichtig. Die Fans sind mir das Allerwichtigste und Liebste. Bei unseren ersten Gehversuchen im alten Proberaum war Musik das Ein und Alles. Und wie sich diese Fanschar entwickelt hat, ist einfach grandios. Jedes Jahr kommen stets mehr und mehr Fans hinzu, was mir besonders ans Herz geht. Darum war es mir umso wichtiger, den Fans etwas zurückzugeben und ihnen ein wunderschönes Geschenk zu machen. Der Abend war für mich einfach unvergesslich und für die Zuschauer hoffentlich auch.

 

Wie kam es da eigentlich zu der Auswahl der Vorbands? Da sowohl ARCH ENEMY, als auch HOLY MOSES und LEAVE´S EYES eine Frau an den Vocals positioniert haben, kann dies doch kein Zufall gewesen sein, oder?

Haha, doch, das war schon eine enorme Ansammlung an Zufällen. Monate vorher sagten mir einzelne Bandmitglieder der Bands wie Sabina und Angela (siehe Foto), dass sie sich die Show definitiv angucken werden und eventuell auch bei dem einen oder anderen Song mit mir auf der Bühne stehen wollen. Doch dann überraschten sie mich, indem sie doch als komplette Band im Vorprogramm auftreten wollten, was mich riesig gefreut hat. Dass bei den drei Gruppen jeweils Frauen an den Mikros stehen, war im Vorfeld niemals so geplant und ein enormer, schöner Zufall. Die Vorgruppen haben auch unterschiedliche Sparten und Geschmäcker abgedeckt, sodass für jeden etwas dabei war und sich die Show als abwechslungsreich herausgestellt hat.

Es sind auch sehr viele Gastsänger und Weggefährten vertreten, wie z.B. Warrell Dane, Tarja, die SCORPIONS etc., die dich über all die Jahre begleitet haben. Jedoch habe ich den Herrn Dirkschneider (U.D.O., Accept) vermisst. Hatte er keine Zeit?

Ja, leider. Er war einer der Ersten, die ich angefragt habe. Aber leider tourten sie zu diesem Zeitpunkt in Russland, glaube ich, wodurch es unmöglich war, dass Udo mit von der Partie war. Aber habe ich ihn nicht vergessen.

 

Auf der DVD sind drei Songs vertreten, die du mit WARLOCK performst. Nostalgie pur, oder?

Ja, total. Das war das Line-Up von 1986, aber unser alter Bassist macht keine Musik mehr. Wir haben zwar versucht, ihn zu überreden, aber keine Chance, was wirklich schade war.

 

Aber dennoch wurde das Magische, das WARLOCK damals auszeichnete, auf dieser DVD perfekt eingefangen.

Ja, das hat enormen Spaß gemacht. Es war richtig klasse. Wir haben dann unseren Bassisten Nick genommen, der alle Songs ja auch auswendig drauf hat.

 

Was ich auf dieser DVD auch gelungen finde, waren Songs, die du z.B. mit den SCORPIONS ('Rock You Like A Hurricane') auf der Bühne präsentiert hast. Natürlich auch 'Breaking The Law'. Aber irgendwie hab ich 'Egypt (The Chains Are On)' von Ronnie James Dio vermisst.

Ja, das stimmt, obwohl der Song eigentlich Bestandteil unserer Setliste ist. Der Song liegt mir besonders am Herzen, da ich einen besonderen Bezug zu ihm habe. Auf der Amerika-Tour 2000 habe ich eine Anfrage von Götz Kühnemund gekriegt, bei einem Tribute-Album für Ronnie James Dio einen Song beizusteuern, da er wusste, dass ich auch großer DIO-Fan war. Meine Lieblingsplatte war immer "The Last In Line", wodurch ich auch unbedingt den Song 'Egypt (The Chains Are On)' aufnehmen wollte. Dann bin ich zur Release-Party von "Magica" von Ronnie in New York gegangen, wo wir uns dann getroffen haben und ich ihm zum neuen Album gratuliert habe. Er sagte mir, dass ihm auf dem Tribute-Album 'Egypt' so gut gefallen würde. Er hat sich auch oft in Radio-Interviews im Anschluss unsere Version von dem Song gewünscht, was ich dann im Radio live gehört habe und mir dabei das Herz total aufging. Er war mein totales Idol. Unbeschreiblich. Dann führte ich einmal im Radio ein Interview zur damaligen Platte "Calling The Wild", wo man mich auch fragte, ob eine eventuelle Tour anstehe. Und da bot man uns eine Tour mit DIO an. Wir waren 1986 schon einmal im Vorprogramm von DIO auf ihrer Europatour und das war natürlich die Hochzeit des Metals, 1986. Und noch mal mit ihm auf Tour zu gehen, wäre natürlich der absolute Wahnsinn. Genau dieser Radiosender hatte nämlich eine Stunde nach meinem Interview ein selbiges mit eben Ronnie, wo sie ihm diese gemeinsame Tournee vorschlagen wollten. Nun ja, make a long story short und wir waren ein paar Monate später mit ihm auf Tour. Das müsste 2000 gewesen sein, wo der Metal wieder anfing, groß zu werden. Nach den 90er Jahren mit dem ganzen Grunge-Gedöns, tat das auf jeden Fall richtig gut.

Richtig. Damals hatte man als Metaller praktisch nur PANTERA und ein wenig MACHINE HEAD. Und melodischer Rock bzw. deutscher Heavy Metal wurde zu dieser Zeit ja eher belächelt.

Es wurde ja auch nicht mehr richtig supportet. Die meisten Metal-Bands in Amerika haben dann ihren Plattenvertrag verloren. Und 1999 bis 2000 hat man dann gemerkt, dass wieder etwas gehen könnte. Und dann direkt solch eine Tour zu machen, wo Ronnie und ich uns auch richtig unterhalten konnten. Darum spiele ich 'Egypt' auch so gerne, was auf der DVD bei den Festival-Highlights vertreten ist. Das haben wir auf dem "Bang Your Head" gespielt. Dann haben wir auch 'White Wedding' und 'A Whiter Shade Of Pale' geccovert, wodurch es schon den ein oder anderen Coversong bei uns gab. Und es hat mich auch enorm gefreut, dass Klaus und Rudolph (SCORPIONS) mit mir 'Rock You Like A Hurricane' gespielt haben. Das erste Mal, wo sich unsere Wege gekreuzt haben, war auf dem "Monsters Of Rock"-Festival damals, wo OZZY OSBOURNE und eben die SCORPIONS Headliner waren. Und es war gigantisch, vor 120.000 Leuten zu spielen. Das werde ich nie vergessen. Die Leute fanden auch unseren Auftritt damals klasse und haben uns eine Chance gegeben.

 

Und gerade diese Hochzeit Mitte bis Ende der 80er Jahre mit dem "Monsters Of Rock"-Festival wünschte man sich damals doch irgendwie wieder, oder?

Ja, sicherlich. Aber die Zeiten heute sind einfach super. Die ganzen Festivals wie z.B. "Wacken Open Air", was schon Monate vorher ausverkauft ist. Oder auch das "Bang Your Head", wo es immer wieder schön ist, zu spielen. Diesen Sommer haben wir auch auf dem "Rock Area" gespielt. Es gibt so viele klasse Festivals, grade in Deutschland, was mich sehr stark an die 80er erinnert.

 

Wo du grade auf das Thema gekommen bist. Auf deiner zweiten DVD finden sich viele Festivalauftritte von den bereits genannten. Hast du persönlich ein Lieblingsfestival?

Oh, das kann man gar nicht so sagen. Also wirklich auf jedem Festival, wo die Stimmung super ist, spiele ich sehr gerne. Gerade in Wacken, wo die Fans von überall her kommen, spielt es sich einfach wunderbar. Da ich schon öfters dort gespielt habe, ist es schön zu sehen, wie sich das ganze Festival entwickelt hat. 1993, glaube ich, waren nur 1.500 bis 2.000 Leute dort. Und in den ganzen Jahren hat sich das enorm entwickelt. Auch das "Bang Your Head"-Festival liegt mir am Herzen, Aber ich spiele generell sehr gerne auf Festivals, ob es nun das "RockHard-Festival", oder das "Summer Breeze" oder oder oder ist. Die einzelnen Veranstalter waren immer so lieb und engagiert. Auch das "Masters Of Rock" in Tschechien ist einfach grandios. Aber auch das "Rock Area"-Festival auf der Loreley gefällt mir gut. Wir haben 1985 erstmals dort gespielt, wo VENOM Headliner waren. Aber auch dieses Jahr war es wieder total schön, dort zu spielen. Gerade mit den Festivals, die wir in Deutschland haben, sind wir wirklich gesegnet. Weltweit heißt es "Germany Metal Country", was ja auch nicht von ungefähr kommt. Aber egal, ob ich nun in kleinen Clubs oder größeren Festivals spiele, ich bin immer 150%ig bei der Sache, weil meist immer viel Herz und Seele bei den Veranstaltern dahinter steckt.

 

Ich hab 2006 VENOM noch mal auf dem "Earthshaker"-Festival sehen können, wo Du auch 2003 gespielt hast.

Ja, natürlich. Schade, dass es dieses nicht mehr gibt. Und wie war das damals?

 

Also ich persönlich fand es schade, dass so wenig Leute bei VENOM vor der Bühne standen, sodass man jedoch auch ohne Probleme in die erste Reihe bei dieser Legende kommen konnte. 2006 gab es ja das riesige Unwetter nach OPETH, wodurch man den Eindruck bekam, dass sich die Leute erstmal um ihre Zelte kümmern mussten,  als sich VENOM live anzusehen.

Damals war VENOM auch meine erste richtige Metal-Band. Die "Black Metal" hab ich zum Geburtstag geschenkt bekommen. In unseren Proberaum in Düsseldorf, wo alles dunkel und voller Kerzen war, lagen auf einmal zwei Platten. Eine von OZZY und die andere eben von VENOM. Ich hab die Band damals geliebt. Aber grade auf Festivals kann das Wetter manchmal übel mitspielen. Als Künstler versuchst du bei jedem Wetter aufzutreten, obwohl wir es schon des Öfteren mit solchen Stürmen und Gewittern zu tun hatten, sodass Festivals unterbrochen werden mussten.

 

So wie vor einigen Jahren beim "Bang Your Head", als das Festival von einem kräftigen Orkan heimgesucht wurde, aber das Festival dennoch nicht abgebrochen wurde.

Ja, richtig, ich war ja da. Das war wirklich unheimlich und heftig. Wir dachten, es hätte das letzte Stündchen geschlagen. Zwischenzeitlich hab ich dann Lemmy (MOTÖRHEAD) getroffen und mit ihm ein wenig gequatscht. Aber die Bands haben sich dann ja geeinigt, einfach ihre Setliste drastig zu kürzen und dennoch aufzutreten, damit die Fans wenigstens nicht umsonst warten mussten. Von der Stimmung her ist das Festival wirklich lohnenswert. Ich spiele immer sehr gerne dort.

 

Wo du gerade seinen Namen in den Raum geschmissen hast. Ihr geht auch in den kommenden Wochen mit MOTÖRHEAD auf Tour.

Ja, richtig, Ende November geht’s endlich los. Ich freu mich schon sehr auf diese Tour mit Lemmy. Wir haben auf der "Calling The Wild" einmal zwei Songs gemeinsam aufgenommen. Das war eben die Chance, Tag und Nacht mit Lemmy zu quatschen. Wir haben nur Blödsinn gemacht und es war so lustig. Er hat eben diesen starken, dunklen, englischen Humor, da freut man sich unheimlich auf die Tour. 1986 hab ich Lemmy auch beim "Monsters Of Rock" in Donington getroffen. Ich wollte zur Bühne gehen und OZZY gucken, was die Security aber nicht zuließ. Dafür brauchtest du damals einen speziellen Pass und wir hatten lediglich einen für den Backstage-Bereich. Und plötzlich kam mir Lemmy entgegen, dem ich die ganze Situation dann geschildert hab. Er grinste mich einfach nur an, ging zu einem Security-Brocken, klaute ihm schnell den Pass und hing diesen mir dann um, wodurch ich doch noch OZZY sehen konnte. Lemmy war schon immer so speziell und einfach einmalig.

 

MOTÖRHEAD kicks your ass!

Ja, genau. Ich war damals in der Phillipshalle, als sie die Live-DVD aufgenommen haben. Wenn du 'Ace Of Spades' hörst, schwebst du ja eh im Metal-Himmel. Einen Song, den man einfach überall auf der Welt kennt. Wir freuen uns total auf die Tour. Unser Gitarrist ist ein riesiger MOTÖRHEAD-Fan. Der kann wahrscheinlich schon gar nicht mehr schlafen, so aufgeregt ist er.

 

Apropos Zukünftiges: Steht in Bezug auf nächstes Jahr eigentlich schon etwas Konkretes auf dem Plan?

Ja, wir werden definitiv eine neue Platte machen. Die ersten Ideen stehen auch bereits und wir basteln schon fleißig dran, sodass die neue Platte oder eine neue Single bereits Ende nächsten Jahren rauskommen könnte. Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf Studioaktivitäten, wollen aber auch das ein oder andere Festival im Ausland besuchen. Vielleicht kommt es auch zu einer kleinen Südamerika-Tour.

Du warst ja wirklich auf jedem Fleckchen der Welt. Gibt es eigentlich, in Bezug auf Mentalität und Stimmung, irgendwelche Unterschiede zwischen europäischen, asiatischen oder südamerikanischen Fans?

Naja, wenn jemand Metal-Fan ist, dann ist man mehr oder weniger auf demselben Energielevel. In China beispielsweise, wo das noch alles relativ neu ist, sind die Fans ausgerastet und richtig aus sich herausgekommen. Am Anfang der dortigen Shows waren sie noch relativ ruhig, aber die Stimmung kochte spätestens nach dem dritten Song komplett über und man sah keinen wirklichen Unterschied mehr zu deutschen oder skandinavischen Fans. In Südamerika geht es auch sehr wild zu, da Metal dort einen sehr großen Stellenwert hat. Bei den Autogrammstunden beispielsweise gibt es kein Halten mehr, da die Fans dort sehr enthusiastisch sind. Aber dann gab es auch wieder Gigs, z.B. in Mexiko, wo die Zuschauer eher verhalten und "normal" wirkten. Aber auch Spanien ist total fanatisch, ein richtiges Metal-Land. Die Südländer sind ja generell sehr temperamentvoll. Das erste Mal waren wir in den 80ern mit JUDAS PRIEST dort und dass die Spanier so abgehen, hätten wir uns selbst nie träumen lassen. Weltweit ist die Stimmung aber mehr oder weniger gleich. Die Fans wollen einfach nur feiern, sind so leidenschaftlich und geben überall Vollgas. Das Metal-Herz schlägt überall gleich.

Es wundert mich, dass gerade die Spanier in dieser Beziehung oben mitspielen, da man ja von Spanien nicht unbedingt den totalen Metal-Hype gewohnt ist, wie z.B. hier in Deutschland.

Doch, doch. Spanien war für uns immer mitunter das wichtigste Metal-Land außerhalb von Deutschland. Das hatte sich über die Jahre so entwickelt. Die Single "Celebrate" vom "Fear No Evil"-Album war sogar Nummer drei in den spanischen Single-Charts, wo man eigentlich eher Pop-Gedöns vermutet.

 

Das findet man aber auch sehr selten in Deutschland wieder. Da ist es mal erfreulich, dass Acts wie RAMMSTEIN mit ihrem neuen Album oben mitspielen. Aber von reinen Metal-Gruppen ist man das eher nicht gewohnt.

Ja, gerade in den Single-Charts war das sehr außergewöhnlich, zumal das in den Album-Charts ja durchaus mal vorkommen kann. Das war eine riesige Überraschung. Deshalb hab ich auch 'Herzblut' teilweise auf Spanisch probiert. Die Fans gehen dort immer total ab und sind sehr leidenschaftlich. Und gerade die Balladen kommen dort sehr gut an. Aber die spanischen Fans denken sofort, dass man fließend Spanisch sprechen könnte, was natürlich nicht der Fall ist. Dennoch macht es ungeheuren Spaß dort zu spielen, genauso wie auch in anderen Ländern der Welt. Weißt du, ich bin sehr eng mit den Metalfans dieser Welt verbunden.

Was man auch in jedem Augenblick dieser DVD ansieht. Eine DVD, die sich meiner Meinung nach, nicht nach irgendwelchen Verkaufszahlen richtet, sondern einfach nur an die Fans

Ja, natürlich. Obwohl es auch schön wäre, wenn wir die ein oder andere DVD verkaufen könnten. Damit es immer weitergehen kann. Aber mir ist es das Wichtigste, wenn sich die Fans freuen und etwas in den Händen halten, womit sie wirklich etwas anfangen können. Ein paar Leute haben auch schon reingeschnuppert und waren ganz happy über das Ergebnis. Ich bin so froh, dass wir das Konzert damals mitgefilmt haben. Es war ganz schön viel Stress. Es hat ein ganzes Jahr gedauert, um das Ganze auf die Beine stellen zu können. Darum bin ich auf das Endergebnis umso stolzer.

 

Das glaub ich dir gerne. Die DVD kann sich wirklich sehen lassen. Hast du eventuell noch einige letzte Worte an unsere Leser?

Ich möchte allen Fans für die ganzen tollen Jahre und den riesigen Support danken. Ihr seid einfach die Besten und ich hoffe, dass wir noch lange gemeinsam so weitermachen können. Ich wünsche allen das Beste und ich hoffe, man sieht sich noch auf dem ein oder anderen Konzert oder Festival. Euch allen alles Gute und viel Glück. Rockt das Haus!

Redakteur:
Marcel Rapp

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