DIE HAPPY: Interview mit Marta & Thorsten

28.09.2010 | 11:18

DIE HAPPY gehören zu den sympathischsten Bands im Rockzirkus. Bodenhaftung, Fannähe, Konstanz. Darauf kann man sich bei der Band einfach verlassen. Wir trafen Sängerin Marta und Gitarrist Thorsten in einem Berliner Café zum unterhaltsamen Plausch über das neue Album, Castingshows und katastrophale Gigs.

Die Reviewanalyse, dass "Red Box" im gewohnten Umfeld mit gewohnter Qualität daher kommt, möchten die beiden zum Einstieg aber nicht unbedingt teilen. "Für uns war "Red Box" schon sehr anders als die anderen Alben", steigt Thorsten in das Gespräch ein, "da wir diesmal einfach diese totale Freiheit hatten. Wir sind ja nach zehn Jahren bei Majorlabels jetzt wieder beim Tom Bücher gelandet, der uns damals gesignt hatte, nur um dann ein Jahr später sein eigenes kleines Label zu gründen. Und jetzt sind wir halt wieder zusammengekommen und da wir uns schon so ewig lange kennen, war das für uns natürlich ein ganz befreites Arbeiten, völlig ohne Druck. Wir hatten so eine Narrenfreiheit und konnten machen, was wir wollen. Da ist einfach so ein Grundvertrauen da." erläutert Thorsten und Marta ergänzt: "Von der Art und Weise wie ich das Album eingesungen habe, ist es schon auch etwas besonderes für mich. Das ist sicher das wildeste Album, das wir bisher gemacht haben. Viele unsere Fans wollten ja auch, dass wir die Liveenergie auch mal auf Platte bringen und genau das haben wir diesmal versucht." "Es gibt diesmal auch keinen offensichtlichen Singlehit", fügt Thorsten an, "was wir so auch noch nicht hatten. Wir wollten halt einfach ein geiles, rockiges Album machen, das man als Ganzes wahrnimmt. So etwas war mit einer großen Plattenfirma im Rücken so halt auch nicht so einfach möglich." "Als mein sehr kritischer Papa meinte, dass es ein tolles Album geworden ist, war das für mich das größte Kompliment überhaupt.", ergänzt Marta schmunzelnd. "Sonst hat er immer gesagt, dass da tolle Songs drauf sein, aber diesmal hatte er wirklich nichts auszusetzen."


Auszusetzen haben einige Fans etwas an Martas Tätigkeit als Jury-Mitglied bei der Castingshow "Popstars". Dies kommt auch deshalb überraschend, weil sich DIE HAPPY in der Vergangenheit sehr, sehr kritisch gegenüber solchen Sendungen geäußert haben. "Ich habe lange und viel darüber nachgedacht, bis ich das Angebot angenommen habe, bei "Popstars" einzusteigen. Vorher habe ich sogar in dem von Tschechien und der Slowakei gemeinsam ausgetragenen Pendant in der Jury gesessen, um mir das mal unbemerkt von den heimischen Fans anzusehen. Und ich muss zugeben, dass sich meine Meinung zu diesen Castingshows geändert hat. Viele der Künstler, die dort entdeckt werden, würden sonst wahrscheinlich nie diese Chance bekommen. Seit Paul Potts gewonnen hat, hat da einfach auch ein Umdenken eingesetzt und es wird eben nicht mehr nur auf das Aussehen und das Tanzen geguckt, sondern auf Ausstrahlung und Stimme. Als dann in der tschechisch-slowakischen Sendung ein wirklich unattraktiver, introvertierter, sich merkwürdig bewegender Kerl gewonnen hat, war ich überzeugt. Kein Mensch hätte ihn je angesehen, aber als er auf der Bühne stand und anfing zu singen, hat er alle berührt. Das ging so weit, dass ich ihm in einer Sendung sagte, dass ich ihn liebe, was ihm irgendwie unangenehm war." begründet Marta nachvollziehbar ihre Entscheidung und Thorsten ergänzt: "Es ist ja mittlerweile üblich, dass auch Rockmusiker in solchen Jurys sitzen. Bei "American Idol" ist jetzt Steven Tyler (AEROSMITH - PK) eingestiegen." Einen großen Effekt auf die Verkäufe von DIE HAPPY sieht Marta allerdings nicht. "Es gibt einige Fans, die uns das nicht verzeihen und die wir dadurch verlieren, was natürlich schade ist und es wird einige geben, die durch die Sendung DIE HAPPY entdecken. Aber die Zielgruppe von "Popstars" sind ja nicht unbedingt die Leute, die ein doch eher hartes, kantiges Album wie "Red Box" hören würden. Die jungen Mädchen stehen ja doch eher auf Popmusik." Wenn sie sich da mal nicht täuscht. Der Verfasser glaubt ja, dass junge Mädchen eher auf Personen stehen, denn auf Musik.

Die basisnahe Attitüde, die sich die Band über Jahre bewahrt hat, ist sicher auch ein Erfolgsgeheimnis und ihnen auch sehr wichtig. Warum nicht alle Bands eine solche Einstellung haben, liegt für Marta & Thorsten aber auf der Hand. "Viele der jungen Bands haben einfach nicht die Erfahrung, die wir in den letzten mehr als 15 Jahren gemacht haben und können zum Beispiel auch gar nichts für die Ticketpreise, die ihnen aufdiktiert werden." erzählt Marta. "Aber Thorsten und ich haben lange bei einer Security-Firma gearbeitet und wissen relativ genau, was für Kosten bei solch einem Konzert entstehen. Natürlich könnten wir höhere Eintrittspreise verlangen, aber ich selbst verdrehe auch schon immer die Augen, wenn ich 30 oder 40 Euro Eintritt zahlen soll. Mehr als 20 Euro möchte ich eigentlich nicht bezahlen und so halten wir das für unsere Fans. (Tickets zur anstehenden Tour kosten etwa 19,50 EUR - PK) Natürlich wissen wir, dass wir damit vielleicht auf etwas Geld verzichten, aber lieber eine volle Halle und Spaß bei dem Konzert als ein paar Euro mehr verdienen." Wenn das doch nur alle Bands so sehen würden.


Zumal DIE HAPPY für das vergleichsweise wenige Geld auch immer ein volles Programm bieten und grundsätzlich als Live-Garanten zählen. Ausnahmen bestätigen diese Regel. "Ja, wir hatten auch einen Gig, den wir völlig verhauen haben und du kannst in der Band jeden fragen und alle werden dir wohl die gleiche Antwort geben." erzählt Thorsten von einem Auftritt auf der Frankfurter Musikmesse vor drei Jahren. Und nur zum Beweis wird Bassist Ralph am Nebentisch gefragt, der prompt die gleiche Antwort gibt. "Da lief auch einfach alles schief. Wir haben nicht gegroovt, haben Einsätze und Enden verkackt, das war wirklich peinlich.", kann Thorsten heute schon wieder darüber lachen. Und einen Grund für diese Katastrophe gab es auch. "Wir waren uns viel zu sicher und haben vorher nicht geprobt. Wir hatten zwei Monate vorher auf einem Festival unseren letzten Gig gehabt und dachten, wir würden das schon ganz routiniert runterspielen, aber davon war überhaupt nix zu hören. Und das auf einer Newcomer-Messe, wo wir alten Hasen den jungen Bands zeigen sollen, wo es langgeht." Immerhin hatte der Gig auch etwas Gutes. "Ja, die Probedisziplin hat seitdem ganz deutlich zugenommen. So etwas wird uns hoffentlich nie wieder passieren." Dann steht den Partys im Herbst ja nichts mehr im Wege.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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