DEVIL'S BLOOD, THE: Interview mit SL

07.05.2009 | 15:48

Okkult Rock? Hype? Livehaftige Rituale? Alles Themen, die im Gespräch mit Gitarrist SL erörtert werden.


Die holländischen Nachbarn haben mit THE DEVIL'S BLOOD eine interessante neue Band am Start, die momentan in aller Munde ist. Man mag von einem Hype reden, man mag sagen, dass die Musik gar nicht so neu ist, wie behauptet wird und man mag auch sagen, dass die Band ohne ihr Image gar nicht so spannend wäre. Alles Thesen, die es zu hinterfragen galt. Gitarrist SL, der ja vorher bei den grandiosen POWERVICE in die Saiten gegriffen hat, stand mir Rede und Antwort.

Holger:
Vielleicht beginnen wir mal damit, wie denn THE DEVIL'S BLOOD entstanden ist...

SL:
Nachdem das Desaster namens POWERVICE vorüber war, war ich sehr desillusioniert was Musik und Kreativität anging. Ich wurde depressiv und begann Drogen und Alkohol zu konsumieren. In dieser Zeit begann ich mich mehr und mehr für Okkultismus, Satanismus, Chaos Gnostizismus und andere Religionen und Philosophien zu interessieren. Wie schon in unzähligen anderen Interviews erklärt, habe ich damals auch wieder begonnen zu Hause Songs zu schreiben. Diese stellte ich irgendwann als Demo online und entschied kurze Zeit später, erneut eine Band zu gründen. Wir spielten unseren ersten Auftritt auf dem Roadburn-Festival und seitdem verfestigt sich die Besetzung der Band.

Holger:
Deine Schwester singt bei THE DEVIL'S BLOOD. Hatte sie schon irgendwelche Erfahrungen in anderen Bands sammeln können?

SL:
Nichts wirklich Nennenswertes. Ein paar lokale Bands, aber nichts Ernsthaftes oder Spirituelles.

Holger:
Wo und wie hat sie denn dann diese unglaubliche Bühnenpräsenz erlernt?

SL:
Nirgendwo. So ist sie halt. Das ist für sie so normal wie das Atmen. Diese Musik und diese Worte sind kraftvolle Werkzeuge während unserer "Rituale".

Holger:
Wenn wir schon über diese Präsentation reden, muss ich fragen, ob es eine Art Masterplan hinter THE DEVIL'S BLOOD gibt?

SL:
Nicht wirklich. Ich muss einfach diese Musik machen und diese Worte schreiben. Das wird noch eine ganze Weile so weiter gehen, aber irgendwann wird es genau so plötzlich aufhören, wie es begonnen hat. Ich möchte einfach nur die Musik machen, die ich liebe und das so professionell, wie es nur geht. Ich arbeite daher auch ausschließlich mit Leuten zusammen, die 110% hinter der Sache stehen. Wahrscheinlich entsteht dadurch der Eindruck, es wäre alles strikt durchorganisiert. Es gibt halt keine Kompromisse. Niemals mehr.

Holger:
Sind die Pseudonyme ein Teil der Show und steckt eine tiefere Bedeutung hinter ihnen?

SL:
Um das zu erklären, muss ich zwei Sachen klarstellen: Erstens sind das keine Pseudonyme, sondern mehr oder weniger die Abkürzungen unserer Namen. Die dienen nur der Identifikation und nicht als Maskierung. Zweitens sind die Mitglieder des Kultes überhaupt nicht wichtig. Was wir getan haben oder was wir gerade tun, ist von keinerlei Bedeutung für jeden, der sich ernsthaft für unsere Message interessiert. Wir sind nichts Besonderes und wir haben nicht den Wunsch, Rockstars zu werden. Wir wollen nur das Wort Satans verbreiten. Und das geschieht ausschließlich durch unsere Musik.

Holger:
Mit welchen Erwartungen seid ihr dann an die 7" heran gegangen? Ich vermute mal, dass ihr von dem entstandenen Rummel ziemlich überrascht worden seid, oder?

SL:
Ich erwarte gar nichts von meinem Leben. So kann ich auch nicht enttäuscht werden. Es war toll zu erleben, wie viele Menschen so euphorisch auf uns reagiert haben. Das ist eine wundervolle Auszeichnung.

Holger:
Ist es nicht ein bisschen seltsam, dass ihr in der Presse als etwas völlig Neuartiges angepriesen werdet, obwohl ihr ja ganz offenkundig von den alten Okkult-Rock-Bands beeinflusst seid?

SL:
Das ist in der Tat etwas seltsam, aber darüber denke ich nicht viel nach. Außerdem, nur weil wir von ihnen beeinflusst worden sind, bedeutet das ja nicht, dass wir identisch klingen. Ich denke schon, dass man in unserer Musik eine sehr eigenständige Qualität heraus hören kann. Und ich glaube, dass auch genau dieser Aspekt für uns arbeitet.

Holger:
Da darf man sich dann aber doch wundern, warum nicht immer mehr Bands aus der Heavy-Metal-Szene auf den neu gefundenen "Occult-Rock"-Zug aufspringen, wo doch gerade im Black-Metal-Bereich sehr viele mit Okkultismus kokettieren.

SL:
Gehören denn Black-Metal-Bands nicht zur Heavy-Metal-Szene?

Holger:
Darüber ließe sich jetzt streiten, aber ich meinte natürlich den visuellen, wie auch den musikalischen Aspekt. Okay, wir hätten ALICE COOPER and MERCYFUL FATE, aber sonst? KISS zählen natürlich nicht.

SL:

Natürlich nicht. Ich habe aber ehrlich gesagt keine Ahnung, warum da sonst niemand drauf angesprungen ist. Kratzt mich auch nicht.

Holger:
Okay, Themenwechsel: Bekommt ihr eigentlich auch positive Resonanzen außerhalb der Metal-Szene?

SL:
Auch das interessiert mich nicht. Ich lese keine Interviews, Reviews oder sonst was. Das verärgert und langweilt mich bloß.

Holger:
Gut, wenden wir uns mal Dingen zu, die dich offensichtlich nicht langweilen: Bands wie BLACK WIDOW oder COVEN wirst du ja sicherlich nie live gesehen haben. Woher kommt die Faszination für dich?

SL:
Die Scheiben! Sie anzuhören und das Artwork zu studieren, gibt mir unendlich viel. Außerdem beginnt man daraufhin natürlich immer weiter in dieser Materie zu versinken. Neue Bands, neue Scheiben, neue Eindrücke. Ich gehe sehr selten zu Konzerten, da ich es viel mehr mag, allein mit mir und meinen Gedanken der Musik zu frönen. Ich sehe andere Bands auch nur, wenn wir mit ihnen zusammen spielen. Inspirationen können manchmal beinahe heimtückisch sein. Sie schlummern über Jahre in den tiefsten Tiefen deines Bewusstseins und urplötzlich bricht eine Melodie aus dir heraus. Unheimlich.

Holger:
Ich vermute mal, dass viele jüngere Musikliebhaber durch euch auf diese alten Helden aufmerksam werden. Was denkst du darüber?

SL:
Das ist ein Bonus für uns. Ich vermute aber mal, dass das mit jeder Generation so läuft. Ich habe mit zwölf Jahren angefangen SLAYER zu hören und bin darüber auf JUDAS PRIEST gestoßen. Und von da aus zu BOB DYLAN, von DYLAN zu ROBERT JOHNSON. Und das ist nur eine von etlichen rückwärts verlaufenden Evolutionen, die ich durchgemacht habe. Ich glaube, dass jeder, der eine wahre Liebe für Musik in sich hat und nicht für eine bestimmte Szene, solche Entwicklungen mitmachen wird. Nur so erweitert man seinen Geschmack.

Holger:
Absolut richtig. Kannst du uns denn ein paar Scheiben aus dem Okkult-Rock-Genre empfehlen?

SL:
ROKY ERICKSON – "The Evil One" (auch wenn das mehr ein Horror-Movie-Rockalbum ist, hahaha), COVEN – "Destroy Minds And Reaps Souls", BLACK WIDOW – "Sacrifice".

Holger:
Danke. Wie würdest du überhaupt "Occult Rock" definieren? Ist das vielleicht wieder nur eine Phrase, die die Presse erfunden hat?

SL:
Für THE DEVIL'S BLOOD bedeute es genau das: A rock band that creates music and words under the principles of the Occult Lore.

Holger:
Lass uns mal über eure "Rituale" reden. Was fühlst du, wenn du live spielst?

SL:
Besessenheit kommt dem wohl am nächsten. Eine Zerstreuung von Körper und Geist. Kein Kontakt zu meinem Intellekt. Ich tauche ins Chaos meiner Seele ab.

Holger:

Wie groß wäre eure Show, wenn ihr mehr Geld zur Verfügung hättet?

SL:
So groß wie Gott.

Holger:
Kannst du dir vorstellen, an einem sonnigen Tag auf einem Festival zu spielen?

SL:
Nein. Da gibt es sogar einen Punkt in unseren Verträgen, der genau das besagt. Wir spielen niemals vor der Dämmerung.

Holger:
Wünschst du dir, dass das Publikum mit eurer Musik verschmilzt wie bei einer Seance?

SL:

Das wäre optimal! Und dies geschieht auch sehr häufig. Leute erzählen mir, dass sie eine Art von Offenbahrung des Geistes während unseres Rituals erlebt haben. Danach streben wir! Wir fordern eine gewisse Konzentration, wenn nicht gar eine Art Meditation vom Zuhörer. Nicht selten geht dieser Zustand so weit, dass sie so vertieft sind, dass eine Union mit den bösen Mächten entsteht. Das ist kein Gimmick für die Leute, damit sie headbangen können und sich cool fühlen. Das ist ein ernsthafter Angriff auf die Gesetze der Natur und die Moralvorstellungen der Menschen.

Holger:

Ich vermute mal, dass das Feeling der Musik wichtiger ist als das spielerische Können?

SL:
Natürlich. Bands, die nach technischem Perfektionismus streben, haben mich nie interessiert. Ich brauche Geist und Alchemie und keine Mechanismen. Es interessiert mich auch nicht, wenn jemand mit Lichtgeschwindigkeit Gitarre spielen kann, wenn er dabei kein Gefühl vermitteln kann. Das ist Masturbation und befriedigt vielleicht sein Ego. Sonst aber nichts

Holger:
Magst du vielleicht etwas zu den folgenden Alben sagen:

POSSESSED – "Seven Churches"

SL:
Eine der ersten Death-Metal-Scheiben, die ich gehört habe und die ich mir immer noch regelmäßig anhöre. Superbe Songs und perfekte Brutalität.

Holger:
WITCHFYNDE – "Give 'Em Hell"

SL:
Eine tolle NWoBHM-Band. Die hatten sehr tiefe Rock'n'Roll-Wurzeln und tolle Songs.

Holger:
AGONY COLUMN – "God, Guts ..."

SL:
Absolut nicht mein Ding. Nicht schlecht, aber nichts für mich.

Holger:
FRANK MARINO – "Juggernaut"

SL:
Das Album kenne ich nicht. Muss ich wohl mal antesten. Ich hab da mal online in ein paar Songs reingehört und es gefiel mir ziemlich gut. Man kann ja nicht alles kenne, oder? Hahaha...

Holger:
ELEND – "Les Ténèbres du Dehors"

SL:
Die kenne ich nur dem Namen nach.

Holger:
HUMAN DRAMA - "The World Inside"

SL:
Ich hasse Gothic und DarkWave, ich bevorzuge Rock'n'Roll.

Holger:
VENOM – "Welcome To Hell"

SL:

Hahaha. Was soll ich über die Urväter des Black Metal schon sagen, was nicht schon eine Million Mal vor mir gesagt worden ist? HAIL FUCKING VENOM!

Holger:

RAINBOW – "Rising"

SL:
Eines meiner absoluten Lieblings Hard-Rock-Alben. Mit dem besten Rock Sänger ÜBERHAUPT.

Holger:
Was wäre der perfekte Film für einen THE DEVIL'S BLOOD-Soundtrack?

SL:

Hm, ich denke so etwas wie "The Devil Rides Out" ("Die Braut Des Teufels") oder "Blood On Satan's Claw" ("In Den Krallen Des Hexenjägers"). Es wäre eine sehr spannende Angelegenheit, einen rockigen Soundtrack zu einem klassischen Horror Movie zu schreiben. Das wäre mal etwas Neues. Das würde mich reizen.

Holger:
Abschließend würde ich noch gerne wissen, was denn eure Zukunftspläne sind? Ein größeres Label vielleicht?

SL:
Nein, wir sind sehr zufrieden mit Van Records. Ich sehe da absolut keinen Handlungsbedarf, obwohl uns diverse Major Label kontaktiert haben. Wir wollen lieber die komplette Kontrolle über das haben, was wir machen. Außerdem ist uns eine gute Partnerschaft und ein gutes Verhältnis zu den Leuten, mit denen wir zusammenarbeiten, sehr wichtig. Ende des Sommers kommt dann wohl der erste Longplayer.

Holger:
Ist die Welt bereit für THE DEVIL'S BLOOD?

SL:
The world is doomed, so: YES!

Redakteur:
Holger Andrae

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