AUDREY HORNE: Interview mit Toschie

24.02.2010 | 10:39

AUDREY HORNE haben mit ihrem unbetitelten dritten Album einen wahren Geniestreich hingelegt. Ein Album aus einem Guss, das vor allem durch seine Tiefe besticht und weniger durch offensichtliche Hits. Wir trafen einen gut aufgelegten und redseligen Sänger Toschie im Büro ihrer Promotion-Agentur in Berlin.

Das neue Album besticht nicht nur durch tolle Songs, sondern auch durch eine sehr entspannte Wohlfühlatmosphäre, die den Hörer im Zustand bester Laune zurücklässt. "Es ist schön, dass du das so erkennst. Ich denke, da scheint eindeutig die Atmosphäre durch, die wir bei den Aufnahmen hatten. Unser Produzent Joe Barresi (hat u. a. schon COHEED & CAMBRIA und die QUEENS OF THE STONE AGE produziert - PK) ist nicht einer dieser Antreiber, der einen immer anschreit und so zum Limit pushen will. Er ist er der entspannte Typ und hat einen tollen Humor. Und wenn ich mit einem Take nicht zufrieden war, hat er mich mit den Worten "Hey, du bist ein Weltklassesänger, wenn du nicht zufrieden bist, geh rein und sing' es besser" wieder ins Studio geschickt. Und das hat funktioniert." Ebenfalls funktioniert hat der Gedanke, dieses Album als Album wirken zu lassen. "Ja, wir hatten von Anfang an das Ziel ein Album aufzunehmen, wie man es früher getan hat. Ein Album, das nicht aus ein oder zwei Hits und einer Menge Füllmasse besteht, sondern ein Album das mit jedem Durchgang und mit jedem Song besser wird. Wir hatten irgendwas zwischen 30 und 40 Songs im Rohzustand fertig. Und wir haben dann nicht einfach die zehn besten Songs genommen, sondern wussten genau, wie wir das Album aufbauen wollten. Es sollte dynamisch sein, immer spannend und abwechslungsreich bleiben, sich steigern, Höhepunkte erarbeiten und genau so haben wir dann auch die Songreihenfolge bestimmt. Ich würde sogar sagen, dass das Album deutlich am besten in dieser Reihenfolge funktioniert." Das Selbstvertrauen, das Toschie ausstrahlt, ist bei diesen Worten fast greifbar. "Ich bin auch wirklich zufrieden mit dem, was wir erschaffen haben. Normalerweise ist das neue Album so ziemlich das letzte, was ich mir zu Hause anhören würde nach all der Arbeit und oftmals auch dem Ärger, den wir vorher damit hatten. Aber dieses Mal ist es anders. Ich höre unser neues Album zu Hause und bin wirklich glücklich damit und habe sogar das Gefühl, dass es mit jedem Durchgang besser wird." Eine These, die ich definitiv bestätigen kann. So etwas nennt man dann wohl Tiefe.

Etwas tiefer geht auch die lyrische Verbindung, die "Audrey Horne" hat. Offenkundig wird diese nur, weil der letzte Song 'Godspeed' mit der Phrase 'These Vultures' den Titel des Intros beinhaltet. "Das neue Album ist jetzt nicht ein traditionelles Konzeptalbum, denn die Verbindungen entstehen eher unterbewusst. Wenn ich Texte zu Songs schreibe, arbeite ich immer erst mit Melodien und suche Wörter, die dazu passen. Das ist dann meistens totaler Nonsens, aber einige dieser Wörter bleiben haften und sie passen so gut zum Song, dass ich die Texte darum baue. Und erstaunlicherweise haben diese Phrasen auch innerhalb der Songs eine Verbindung, sind nicht nur ein Start-, sondern auch ein Endpunkt. So geht es diesmal oft darum, irgendwohin zu gelangen. Es gibt 'Sail Away' und 'Bridges & Anchors' und mehr, die diese Metaphern nutzen." Im wahrsten Sinne des Wortes abgerundet, wird das Ganze durch das Coverartwork. "Wir wollten zu jedem Song ein Symbol im Booklet haben und auf dem Cover siehst du jetzt wie diese kreisrund angeordnet sind und das Symbol des letzten Songs eine direkte Verbindung mit dem ersten Symbol hat." Dass das Album nun ohne Namen auskommt, ist eigentlich nur die logische Konsequenz. "Ja, dieses Album ist die Definition dessen, wofür AUDREY HORNE stehen soll. Wir haben zwar mit eine paar Namen hantiert, aber letztendlich hat keiner so richtig gepasst und uns war irgendwann klar, dass wir einfach keinen Namen für dieses Album brauchen. In der Musik ist es wie in vielen Sachen, man muss üben, um es richtig zu beherrschen. Genau das gilt auch für AUDREY HORNE. Und jetzt sind wir viel besser als auf den Alben zuvor, da ist es naheliegend dem Album unseren Namen zu geben."


Die vorher angesprochenen 30-40 Songs sind leider keine Versicherung, dass das nächste Album schneller im Kasten sein wird. Immerhin hat das letzte Werk "Le Fol" schon knappe drei Jahre  auf dem Buckel. "Ob und wie wir diese Nummern benutzen, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Es sind wie gesagt Ideen, die wir im Rohzustand gesammelt haben und wenn wir irgendwann auf eine dieser Ideen zurückgreifen wollen, werden wir es tun. 'Down Like Suicide' haben wir beispielsweise noch aus Recordingssessions für "No Hay Banda" (das Debüt aus dem Jahr 2005 - PK), doch damals hat irgendwas gefehlt, obwohl uns der Song gut gefallen hat. Ice kam dann irgendwann und hatte die Idee, den Song zurück auf den Tisch zu bringen und diesmal fiel es uns sehr leicht, den Song zu beenden. Von daher kann ich nur sagen, dass diese Songideen alle nicht begraben sind. Dennoch wollen wir natürlich mit dem nächsten Album etwas schneller sein. Und rein von der Produktionszeit sind wir auch schon viel schneller geworden. "Le Fol" hat uns fünf Monate gekostet, diesmal waren es bloss sechs Wochen."


Natürlich wird das Album auch betourt. In welcher Konstellation ist allerdings noch unklar. "Ja, natürlich werden wir mit dem Album auf Tour kommen, aber wir wissen noch nicht, ob als Headliner oder als Support. Wenn es einen guten Supportslot gibt, werden wir den sicher mitnehmen." Das kann auch durchaus wieder ein ungewöhnliches Package werden, wie im Herbst 2008 mit ENSLAVED. Dabei wurden AUDREY HORNE auch wegen der Vergangenheit der einzelnen Bandmitglieder, die schon bei GORGOROTH, I und ENSLAVED dabei waren, zumeist positiv aufgenommen. "Vielleicht hat unsere Vergangenheit geholfen, dass das Publikum von Beginn an etwas offener war, aber eigentlich denke ich, dass die meisten unsere Musik mochten. Es gab nur eine Station irgendwo in Tschechien, wo ein paar Fans uns wirklich gehasst und beschimpft haben. Das war schon etwas beängstigend, aber ich habe die Typen dann ignoriert, denn immerhin waren es nur eine Handvoll und dahinter standen Hunderte, die uns sehr gut aufgenommen haben. Das hat diese Typen dann echt angepisst, sie hatten sich solche Mühe gegeben, uns schlecht zu machen. Aber das hat nicht geklappt."

Redakteur:
Peter Kubaschk
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