ARENA: Interview mit Clive Nolan

17.01.2005 | 23:06

Es existieren heutzutage haufenweise Prog-Rock-Acts, die erstklassige Alben in regelmäßigen Abständen abliefern. Dabei klingen aber nur wenige wirklich eigenständig. Deren Alben sind dann felsenfest mit einem bestimmten Stil verbunden, den man sofort unter hunderten Acts heraushören kann. So ging es mir bei bislang jeder ARENA-Veröffentlichung, so auch bei ihrer neuen Scheibe "Pepper's Ghost". Zehn Jahre gibt es die Briten nun. Und alle paar Jahre wieder überzeugen sie mit Klanggebirgen der ganz besonderen Art. Fröhlich, traurig, sonnig, düster, warm und eiskalt sind nur wenige Attribute der musikalischen Ausdrucksstärke der Engländer. Klar, dass ein Nachhaken bei Bandchef, Gründer, Keyboarder, Hauptsongwriter und Produzent Clive Nolan notwendig wurde, der symphatisch und wortgewandt ohne Ende Rede und Antwort stand.

Alex:
Hi Clive! Alles klar bei dir?

Clive:
Oh ja, uns geht es hervorragend.

Alex:
Clive, sag mir erst einmal deine Meinung zum neuen Album zum jetzigen Zeitpunkt. Bist du zufrieden mit dem Resultat?

Clive:
Ja, ich denke schon. Ich habe die meiste Zeit des letzten Jahres in das Schreiben und Aufnehmen des Materials investiert. Ich denke, es ist immer so etwas wie ein gutes Zeichen vorab, wenn du viel Zeit für ein Album benötigst, wenn dich das Material ganz in Beschlag nimmt. Um so glücklicher bist du dann auch, wenn du endlich fertig wirst (lacht). Aber in diesem Moment bin ich mehr als zufrieden, ja.

Alex:
Für die neue Scheibe hast du ja auch THRESHOLD-Gitarrist Karl Groom mit ins Boot geholt. Warum diese Wahl? Was genau wolltest du von ihm als du ihn kontaktiert hast?

Clive:
Wir haben ja bereits einige Alben in der Vergangenheit aufgenommen, bei denen wir uns anderen Projekten widmeten. Ich wollte für "Pepper's Ghost" Unterstützung im Studioprozess haben, wollte diesen Job aber nicht irgendwem geben. Karl ist zum Beispiel unglaublich gut, wenn es um die Aufnahmen des Schlagzeugs geht. Er harmoniert da wunderbar mit unserem Drummer Mick. Ja, aber im Großen und Ganzen machte er mir meine Aufgabe, die Produktion des Albums, eine ganze Menge einfacher und entspannter.

Alex:
Ich persönlich finde, dass "Pepper's Ghost" etwas back to the roots und zurück zur Härte geht. Das Album baut denke ich sehr auf dem Artrock der späten siebziger Jahre auf. Ein wenig kann man die Nähe zu Bands wie RUSH, GENESIS, SAGA und den alten MARILLION heraushören. So viele Bands in diesem Fahrwasser gibt es heutzutage nicht. AYREON würden mir da auf Anhieb noch einfallen. Was denkst du über Einzigartigkeit, über einen eigenen Stil, den ich ARENA attestiere?

Clive:
Nun ja, wenn wir uns hinsetzen und mit dem Schreiben eines Albums beginnen, haben wir eigentlich immer nur eines im Sinn: Das bestmögliche aus uns herauszuholen! Wir hören viel von diesen alten Sachen, wir sind aber sehr offen für neue Strömungen. Ob du es glaubst oder nicht: Wir hören alle neuen Strömungen im Rock, Heavy Rock und auch Heavy Metal und wir versuchen von all diesen Bands und deren sehr guten Einfällen zu lernen. Es ist dann durchaus nicht unmöglich, dass auch eigentlich ARENA-fremde Stilelemente in unseren Sound integriert werden. Musikalische Weiterentwicklung! Manchmal kommen diese extrem harten Elemente sicherlich kräftiger zum tragen und das ist bei "Pepper's Ghost" definitiv der Fall (lacht).

Alex:
Hast du zur Zeit einen Songfavoriten auf der Scheibe?

Clive:
Ja klar, der wechselt nur immer (lacht). Zur Zeit ist es 'Bedlam Fayre', der Opener unseres neuen Albums. Es ist zwar kein unbedingt langer Song, es passiert jedoch eine ganze Menge in ihm. Er hat eine sehr fließende Struktur und das gefällt mir sehr gut.

Alex:
Kurzer Exkurs zu eurem Sänger Rob Swoden. Sagen dir die Worte 'make it or break it' im Zusammenhang mit dem berühmten dritten Album einer Bandkarriere etwas?

Clive:
Oh ja, hab ich schon einige Male gehört.

Alex:
Das dritte Album soll demnach über den weiteren Karriereverlauf der betreffenden Band entscheiden. Nun, es ist Robs dritte Scheibe mit ARENA. Du hast das Wort!

Clive:
(lacht) Oh, ich denke, er hat es bisher definitiv gemacht! Du musst dir das so vorstellen: Er kam in die Band und von diesem Zeitpunkt an war die Situation für uns wie auch für ihn eine sehr schwierige. Nicht weil wir nicht harmonieren würden, was wir sehr gut tun, sondern weil gerade er unter einem nicht gerade geringem Druck stand, seinen Platz in der Band zu finden und ARENA weiterzubringen. Das hat auf beiden Seiten ein wenig Zeit in Anspruch genommen, was denke ich in der menschlichen Natur liegt. Als die Zeit für "Contagious" gekommen war, dem Vorgänger von "Pepper's Ghost", und es an die Tour ging, war die Situation plötzlich wie ausgewechselt und jeder von uns wusste, das in front Rob Swoden, der Sänger von ARENA, steht. Wir hatten viele Leute, die versuchten Sänger von ARENA zu werden. Er wurde es. Als ich jetzt an die Arbeit mit "Pepper's Ghost" ging, hatte ich keinerlei Gedanken an 'made or break' im Kopf. Aber interessant, dass du fragst und meine Antwort ist: Auch in Zukunft beide Daumen nach oben!

Alex:
Kannst du mir mal einen kleinen Einblick in den Produktionsprozess der Scheibe geben? Von den Sessions über den Mix zum Mastering?

Clive:
Natürlich! Wir haben bereits im Januar 2004 mit dem Komponieren des Materials begonnen. Es hat dann einige Monate gedauert, die Ideen zu selektieren und zusammenzutragen. Man braucht auch immer eine gewisse Zeit um ein Feeling für die Songs zu bekommen. Du weißt, welche Gitarre dahin und welcher Sound hier drunter und so weiter. Wir konzentrierten uns danach auf die Vorproduktion, bei der wir auch schon sehr viel Wert auf die Keyboards legten und bei der wir uns bereits auf die Struktur und Dynamik der Songs konzentrierten. Wir verlagerten für die Aufnahmen die Gitarren in ein externes Studio, während wir den kompletten Rest in unserem eigenen aufnahmen. Wir hatten demnach den Vorteil, dass wir auf der Grundlage unserer Pre-Production zur selben Zeit an verschiedenen Orten aufnehmen konnten. Der komplette Produktionsprozess zog sich dann über drei Monate hin, ohne den Mix, der wie immer nicht leicht zu erstellen war. Du hast die vocal line und zahlreiche backings, den Bass, die Drums, mächtige Keyboards und drückende Gitarren. Von der Reihenfolge her begannen wir natürlich bei den Drums, nahmen dann zeitgleich den Bass und die Gitarren auf, gingen dann auf die Vocals über und erst zum Schluss kamen wir zurück zu den Keyboards. Man muss aufpassen, dass man mit ihnen nicht zum viele Klangspektren abdeckt. Am Ende wurden dann noch bestimmte Sounds fixiert, zum Beispiel die Leadsounds der Gitarre etc. Der Mix nahm dann ebenfalls mehrere Wochen in Anspruch. Wir benutzen die derzeit wohl aktuelle Methode des Harddisk-Recordings, was es uns ermöglicht immer wieder neue Einstellungen mit einem Zugriff aufzurufen. Als wir schlussendlich zufrieden mit dem Sound waren, nahmen wir uns das Mastering vor. Hier geht es darum, die Scheibe in das Format der letztendlich im Laden stehenden CD zu bringen. Hier gibt es noch mal einen Tick mehr Compression und die komplette Musik erhält mehr Bauch und Körper. Auch das Mastering geht nicht in ein paar Stunden über die Bühne. Wir brauchten ein paar nervenaufreibende Tage (lacht).

Alex:
Clive, du hattest vorhin schon einmal kurz euer Interesse auch an modernen Strömungen im Metal- oder Rockzirkus erwähnt. Auf "Pepper's Ghost" gibt es sogar Doublebass und Uptempodrumming zu hören. Ungewöhnlich für ARENA?

Clive:
(lacht) Kann man so sehen! In den letzten Jahren haben wir unseren Blick sehr weit geöffnet und dabei auch all diese Power-Metal-Bands für uns entdeckt, die mir seitdem sehr ans Herz gewachsen sind. Ich mag diese Art Musik. Doublebass, mächtige Keyboards und monumentale Chöre! Ein Teil dieser Musik ist in mich übergegangen und somit auch im Stil ARENAs vorhanden. Ich bin quasi ein wenig auf den Geschmack gekommen.

Alex:
Kannst du mir schon mal vorab irgendwelche Informationen über eure anstehenden Touraktivitäten geben?

Clive:
Na klar! Wir werden Ende des Jahres, wahrscheinlich September/Oktober, eine sehr große Produktion auf die Straße bringen. Dieses Jahr ist ja ein besonderes Jahr für uns. Zehn Jahre bestehen ARENA jetzt und das muss natürlich etwas größer gefeiert werden. Wir werden Songs sämtlicher ARENA-Veröffentlichungen bringen, was einiges an Zeit in Anspruch nehmen wird. Das war die Planung für die zweite Jahreshälfte. In der ersten werden wir einige Festivals rund um den Erdball spielen. Im Mai kommen wir auch zu euch rüber.

Alex:
Wie hat eigentlich die internationale Presse "Pepper's Ghost" aufgenommen?

Clive:
Das Feedback ist bislang wirklich fantastisch. Wir hören viele Schlagworte, wie "frisch", "unverbraucht", "intensiv" und lauter solche Sachen. Das gibt uns einen ungeheuren Schub und gibt uns auch wiederum neue Blickwinkel bestimmte Sachen zu sehen. Die Band ist momentan sehr gefragt und das neue Material ist allerorts wohlwollend aufgenommen worden. Wir sind mit mehr Konzentration an das Album gegangen, als jemals zuvor an eines, und haben das Maximum unserer derzeitigen Schaffenskapazität herausgeholt. Das wird honoriert.

Alex:
Clive, was antwortest du mir, wenn ich folgende Meinung in den Raum stelle: ARENA ist das Erbe MARILLIONs in ihrer Fish-Ära? Viele Leute definieren euch genau so.

Clive:
Oh, zunächst mal ist das ja ein großes Kompliment, für das ich ihnen danke. Unkritisch, aber großartig (lacht). Nun, ich denke schon, dass wir gewisse Elemente gerade der frühen MARILLION-Phase für ARENA beanspruchen. Wahrscheinlich handelt es sich aber in erster Linie um die intensive Atmosphäre solcher Alben wie "Script For A Jesters Tear", die man ja schon fast als marillionish bezeichnen könnte, und die auch zu einem Trademark ARENAs geworden ist. Persönlich wie musikalisch würde ich jedoch eine gewisse Distanz zwischen dem Schaffen beider Bands sehen.

Alex:
Clive, ich wünsch dir noch einen schönen Abend. Grüß mir die Jungs! Hast du noch ein paar warme Worte für unsere Leser?

Clive:
Ja klar! Ich wünsche allen viel Spaß mit unserem neuen Album. Aber bitte: Kauft euch die Alben eurer Lieblingsbands, ladet sie nicht herunter. Helft den Bands damit, auch zukünftig ihre Visionen für euch zu pressen. Ansonsten sehen wir uns hoffentlich auf unserer "10 Jahre ARENA"-Tour, die für euch ein ganz spezielles Erlebnis werden soll.

Redakteur:
Alex Straka

Login

Neu registrieren