ABORTED: Interview mit Sven

05.04.2005 | 18:34

Jahr für Jahr geben ABORTED Vollgas, und in dieser Schlagzahl veröffentlichen die Belgier auch neue Alben – eines stärker als das andere! Mit dem neuen Album "The Archaic Abbatoir" hat die Band schließlich den musikalischen Höhepunkt ihrer Karriere erreicht und die Mischung aus schnellen Grindcore-Elementen, typischem Death Metal und technischer Finesse noch besser unter Kontrolle bekommen als beim Vorgänger "Goremageddon". Ein paar Wochen vorm eigentlichen Release gibt Sänger Sven schon mal Auskunft über das nächste Schlachtfest.

Björn:
Na, wie geht's?

Sven:
Hey, die Sachen laufen gerade ziemlich gut. Ich bin bereit für einen sechsstündigen Rehearsal-Marathon. Bitte frage mich dieselbe Frage morgen noch einmal.

Björn:
Jedes Jahr ein neues Album, das gleicht ja auch schon einem Marathon. Werder ihr an diesem Zeitplan in Zukunft festhalten?

Sven:
Ich glaube nicht, dass wir tatsächlich nach einem Zeitplan arbeiten, aber diese Scheibe war geplant. Unsere MCD "The Haematobic" wurde zum Beispiel nur herausgebracht, weil wir was für unsere Tour mit CANNIBAL CORPSE draußen haben wollten. Es war eine Art Appetizer für das kommende Album, denn normalerweise brauchen wir zwei Jahre für ein neues Album. Nach dem Songwriting brauchen wir eine Auszeit zum Chillen, haha, oder wir trocknen innerlich aus!

Björn:
Setzt ihr euch also selber nicht so unter Druck, was dies betrifft?

Sven:
Nicht wirklich. Klar, wir haben unsere Deadlines, und die halten wir auch ein. Das Problem bei diesem Album war, dass wir haufenweise Konzerte im Voraus gespielt haben, weshalb wir nur zwei Monate hatten, um an der Platte zu arbeiten. Diese beiden Monate waren dementsprechend stressig, aber wir haben den Termin eingehalten und sind mit dem Resultat sehr zufrieden. In dieser Hinsicht hat es sich dann auch wieder gelohnt, weil wir anfangs nie gedacht hätten, dass wir es wirklich schaffen würden. Wir setzen uns insofern unter Druck, als dass wir uns bei jedem Release verbessern wollen, und jedes Detail soll perfekt sein – und genau das haben wir mit dieser Scheibe auch wieder geschafft.

Björn:
Wie schafft ihr es trotzdem so starkes Material zu komponieren?

Sven:
Das meinst du ernst? Wir sind sehr selbstkritisch und wir wollen die Alben so interessant wie möglich gestalten. Es bringt ja auch nichts, jedes Mal dasselbe zu machen, also experimentieren wir eine Menge und probieren Einiges aus, bis wir mit den Riffs etc. schließlich zufrieden sind. Wir sind schon immer eine sehr hart arbeitende Band gewesen und man hat auch keine andere Wahl, wenn man sich stetig verbessern will und den Leuten das Bestmögliche bieten möchte.

Björn:
Beteiligt sich bei ABORTED die gesamte Band am Songwriting?

Sven:
Lass uns sagen, es startet mit den Gitarristen und danach arbeiten wir als gesamte Band an dem erstellten Fundament, verbessern einige Stellen und verändern die Sachen, bis alle zufrieden und einverstanden sind. Jeder hat seine eigene Ansicht im Hinblick auf das Songwriting und ich würde definitiv sagen, dass ABORTED ein echtes Team sind. Jeder kann seine Ideen einbringen und das passt alles sehr gut zusammen.

Björn:
Bei euch hat alles mit einer Split-CD mit CHRIST DENIED begonnen, und als ihr anschließend den Deal mit Listenable bekommen habt, ging alles sehr schnell. Wann genau habt ihr mit ABORTED angefangen?

Sven:
Wir haben davor noch unsere erste Full-Length "The Purity Of Perversion" veröffentlicht. Unseren Deal mit Listenable haben wir indes tatsächlich nach dieser Split-CD bekommen. Nachdem die Presse sich auch für uns interessierte, gingen die Sachen gut voran, und wir konnten plötzlich an sehr vielen Orten auftreten. Ich selber habe ABORTED 1995 gegründet, als die Hochzeit des Death Metals gerade vorbei war. Es war ein langer und verrückter Trip, und wir haben jeden einzelnen Abschnitt davon genossen – die schweren Zeiten ebenso wie die exzellenten Momente. Das alles war die Mühe wert, gerade wenn ich über unsere Live-Auftritte nachdenke.

Björn:
Am Anfang wart ihr sehr schnell, wohingegen die Sache mit der Zeit immer, ja sagen wir, kontrollierter wurde. Weißt du, was ich damit meine? Ist das die Entwicklung von ABORTED während der letzten Jahre?

Sven:
Ich würde sagen, dass wir bezüglich des Tempos schneller spielen als zu Beginn. Es ist mittlerweile schon alles besser ausbalanciert und ausgearbeitet. Damals waren wir bloß Kids, die diesen Stoff die ganze Zeit spielen wollten und sich nicht darum kümmerten, wirklich komplexe Songs zu schreiben. Es ging noch nicht um eine Collage von Riffs. In dieser Hinsicht mögen wir sicherlich ein wenig kontrollierter geworden sein, aber keinesfalls im Bezug auf die Aggression und die Extremität.

Björn:
Wie würdest du denn die allgemeine Entwicklung der Band beschreiben?

Sven:
Ganz einfach: gereift! Das wäre wohl der beste Weg, die Entwicklung zu beschreiben. Die Mitglieder sind nicht nur als Menschen sondern auch als Musiker gewachsen. Wir sind mit der Band durch so einige Sachen durchgegangen, sowohl gute als auch schlechte, und das hat uns geholfen, zu der "Persönlichkeit" zu werden, die ABORTED heutzutage ist. Live-Shows und das Touren im Allgemeinen bringen eine Menge Erfahrung, und das alles hat den Reifeprozess gefördert.

Björn:
Wohin geht denn die Entwicklung in der Zukunft?

Sven:
Das muss die Zeit zeigen. Wir werden immer eine extreme und brutale Band bleiben, aber natürlich werden auch wir uns entwickeln. Das musst du mich in einem oder zwei Jahren noch mal fragen. Alles was ich weiß ist, dass wir das, was wir machen, lieben, was immer das auch in der Zukunft sein wird.

Björn:
Kommen wir mal zum neuen Album "The Archaic Abbatoir". Es scheint sich wieder eine Menge Gore darauf zu befinden. Worum geht es in den Texten?

Sven:
Wir haben die Texte innerhalb von zwei Wochen geschrieben. Manche handeln von Serienkillern, andere über Horrorfilme. Dann haben wir noch fiktionalen Gore, eine Widmung an die großartigen Regisseure des Horrorfilms ('Dead Wreckoning'), ein Anklage gegen die Arschlöcher, die mich einfach nur anpissen ('Hecatomb') und ebenso Sachen über nervtötende TV-Shows. Es gibt Gore-Texte, aber die meisten davon haben eine versteckte Message. Wir sind keine Prediger, aber das heißt nicht, dass wir nichts zu sagen haben.

Björn:
Und woher bezieht ihr die Inspiration für solche Sachen?

Sven:
Der Alltag, soziale Missstände, die Art, wie Leute andere Menschen behandeln, Filme, Musik, Literatur – das ist es!

Björn:
Was ich eben mit "kontrollierter" meinte, ist, dass ihr die Breaks dieses Mal klarer setzt und auch einige Midtempo-Passagen dabei habt. Außerdem gibt es diverse technische Passagen. Würdest du demzufolge ABORTED eine technische Death-Metal-Band nennen?

Sven:
Ich würde uns nicht in die Liste der Bands einreihen, die technische Musik spielen, um zu zeigen, wie toll sie an ihren Instrumenten sind. Wir schreiben einfach nur Songs; manchmal ist es besser, dort eine technische Note einzufügen, bei anderen Nummern fühlt sich die simple Herangehensweise besser an. Das hängt ganz von der Stimmung des jeweiligen Songs ab. Wir möchten aber niemanden mit unseren Fähigkeiten beeindrucken, sondern nur gute Songs schreiben, egal ob die nun einfach oder schwer zu spielen sind, solange sie nur gut sind!

Björn:
Wie würdest du denn euren Sound mit deinen eigenen Worten beschreiben?

Sven:
Eine Mischung aus extremem Metal von Death Metal und Grindcore bis hin zu Hardcore und Thrash. Alles, was wir uns privat anhören, vermischt sich hier. Schubladen sind Blödsinn, ABORTED sind ABORTED.

Björn:
Hat euer Produzent Tue Madsen auch einen Einfluss auf eure Songs gehabt?

Sven:
Wir hatten die Songs schon alle fertig gestellt, als wir uns an ihn wandten, aber wir haben ihn natürlich sein Ding machen lassen. Er hat uns geholfen, indem er spezielle Effekte zu den Songs gefügt hat, unter anderem auch Keyboard-Effekte und Samples. Auf diese Weise hatte er auch einen starken Einfluss auf das Endresultat. Wir waren sehr froh, mit ihm arbeiten zu dürfen; er ist ein sehr cooler Typ mit einem großen Verständnis von Musik.

Björn:
Was denkst du über die neue Scheibe im Vergleich zu den vorangegangenen Sachen?

Sven:
Ich denke, dass es unsere bisher beste Produktion ist - "Goremageddon" hatte eine sehr raue Schlagseite, die perfekt zu diesem Album passte, doch für "The Archaic Abbatoir" wollten wir es etwas druckvoller, wenngleich auch weiterhin extrem und kraftvoll haben. Und ich denke, dass wir das zusammen mit Tue bei diesem Album hinbekommen haben.

Björn:
Ihr stammt aus Belgien und seid dort zweifelsohne eine führende Band im extremen Bereich. Welche Stellung nehmt ihr denn in der europäischen Szene ein?

Sven:
Puh, ich habe keine Ahnung. Uns kümmert diese Konkurrenz auch nicht, denn wir wollen nur unser eigenes Ding machen und es genießen. Uns kümmert nicht, was andere Leute machen, das ist deren Angelegenheit sowie unser Business nur für uns bestimmt ist. Wir lieben es, herauszugehen, live zu spielen und Alben aufzunehmen, und uns interessiert dieser ganze Gossip überhaupt nicht. Unsere Stellung in der europäischen Szene solltest du hingegen besser bewerten können, hehe!

Björn:
Würdest du denn zustimmen, dass es für eine belgische Band weitaus schwerer ist, sich zu etablieren, als für beispielsweise eine skandinavische?

Sven:
Ja, ganz sicher, Belgien ist nicht gerade das Mekka des extremen Metal, haha! Ich hoffe, dass wir für einige andere Bands Türen öffnen können, denn es gibt durchaus talentierte Gruppen bei uns. Aber weißt du, es ist einfach schwer, dies an andere zu vermitteln. Ich habe keine Ahnung, warum das so ist, vielleicht widmen sich die Leute nicht so leidenschaftlich ihrer Sache, oder sie haben eine schlechte Übersicht. Es ist definitiv nicht einfach, seine eigene Band außerhalb der Heimat zu promoten, und es benötigt eine Menge harte Arbeit und Herzblut, um voranzukommen.

Björn:
Was könntet ihr denn tun, um ABORTED einen Schritt nach vorne zu bringen?

Sven:
So viele Konzerte geben wie möglich, das ist der einzige Weg. Wir müssen auf jeden Fall öfter in Deutschland auftreten. In der letzten Zeit sind wir dort relativ selten aufgetreten und deswegen sind wir auch schon ein bisschen verängstigt, weitere Shows dort abzuhalten.

Björn:
Als ich mich im Internet mal auf eurer Homepage umgesehen habe, fiel mir auf, dass ihr eine enorm professionelle Seite habt. Welchen Stellenwert hat die Internet-Präsenz für ABORTED?

Sven:
Es ist natürlich einfacher eine gute Homepage zu erstellen, wenn an einen Grafik- und Webdesigner in der Band hat, haha. Natürlich ist die Internet-Präsenz wichtig für eine Band wie uns. Jeder hat Zugang zum Internet und über die eigene Homepage kann man sehr schnelle Updates hochladen, die Leute sind also schneller informiert über unsere Konzerte, sie können unsere Shirts ordern usw. Außerdem haben wir über das Forum einen viel direkteren Kontakt zu unseren Fans, was ebenfalls sehr wichtig ist.

Björn:
Ist das deiner Meinung nach der beste Weg, die Band zu promoten?

Sven:
Nein, das sind immer noch die Live-Konzerte, das war so und wird auch immer so sein.

Björn:
Und wenn du jetzt mal Webzines mit Print-Mags vergleichst, wo siehst du da den Vorteil?

Sven:
Ich liebe Print-Mags, aber ich denke, dass die Leute mittlerweile zu faul sind, um solche Sachen zu lesen und keine Lust mehr haben, dafür Geld auszugeben, wenn sie die Sachen ebenso im Internet abrufen können. Beide Sachen sind gut und helfen den Bands und der Szene auf ihre eigene Weise. Wir brauchen beide, um weiterleben zu können.

Björn:
Auf eurer Homepage habe ich auch gesehen, dass ihr im April und Mai einige Wochenend-Gigs spielen werdet. Ist es euch auf Grund eurer beruflichen Situation nicht möglich, eine ganze Tour zu spielen?

Sven:
Es ist gar nicht mal so einfach, auf eine passende Tour aufzuspringen, und wir denken, dass, falls die Tour es nicht wert ist, wir unsere Jobs nicht dafür aufgeben sollten. Wir sind schon hungrig auf eine Tour, doch momentan sind wir auch mit den geplanten Gigs am Wochenende zufrieden, und machen dann auch weitere Reisen, um in fernen Regionen zu spielen. Eine größere Tour wäre aber definitiv besser, aber wie gesagt, dass Package muss stimmen.

Björn:
Was würde passieren, wenn du dich zwischen Band und Job entscheiden müsstest?

Sven:
Wir machen das Ganze nach wie vor aus Liebe zur Musik, also werden wir es auch nicht aus geldtechnischen Gründen beenden. Darum geht es bei dieser Band gar nicht, aber wenn wir kein Geld verlieren, ist das auch schon mal eine feine Sache, haha!

Björn:
Was wird bei euch als Nächstes passieren?

Sven:
Wir werden diesen Sommer einige Festivals spielen, dazu gehören auch einige Termine in den Staaten. Wir werden dann in Los Angeles mit Darren Doane einen Videoclip drehen. Anschließend werden wir in den USA für vier Wochen auf Tour gehen, es wird also ein sehr betriebsames Jahr. Hoffentlich folgt darauf ein Trip durch Europa.

Björn:
Und was gibt es sonst noch zu sagen?

Sven:
Vielen Dank für deinen großartigen Support! Mach immer weiter so mit deiner Arbeit und hoffentlich werden wir uns auf einer der anstehenden Shows treffen. Keep it up! Cheers, http://www.goremageddon.be.

Redakteur:
Björn Backes

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