Wer tötete Bambi?
- Regie:
- Gilles Marchand
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Frankreich
- Originaltitel:
- Qui a tué Bambi?
1 Review(s)
04.01.2007 | 09:11Regisseur Gilles Marchand versucht sich mit "Wer tötete Bambi?" in der Königsdisziplin unter den Thrillern. Er legt gleich zu Beginn die Karten seiner Handlung offen auf den Tisch und führt die Täterfigur seiner Story ein, womit der Suspense-Faktor von vorneherein bis zur Unkenntlichkeit minimiert wird. Fleißigen RTL-Zuschauern dürfte dieses Prinzip aus den allsommerlichen Wiederholungen von "Columbo" bestens bekannt sein. Und deshalb ist auch das größte Problem einer solchen Erzählweise kein Geheimnis: die Aufrechterhaltung der Spannung über 90 Minuten. Denn so sympathisch der zerknautschte TV-Inspektor auch sein mag, die jeweiligen Geschichten sind alles andere als fesselnd und beziehen ihren Reiz einzig und allein aus der Ausstrahlung des Hauptcharakters. Für seichte Feierabendunterhaltung, die nebenbei zum Stricken, Häkeln und Papierfalten einlädt, ist das ausreichend; ein Kinofilm sollte jedoch tunlichst mehr zu bieten haben.
In punkto Figurenkonstellation unterscheidet sich Marchands Streifen nicht großartig von einem durchschnittlichen Fernsehkrimi der eingangs erwähnten Kategorie. Die Rollen sind sauber in "gut" und "böse" aufgeteilt – zu Missverständnissen wird es selbst bei Tante Erna und Onkel Heinz nicht kommen. Laurent Lucas gibt den Krankenhausarzt und Vergewaltiger Dr. Philipp, der nachts in die Zimmer schleicht, seine Opfer betäubt und sich dann an ihnen vergeht, während Sophie Quinton in der Rolle der Krankenschwesterschülerin Isabelle, die den Machenschaften langsam auf die Schliche kommt, die ideale Identifikationsfigur abgibt. Alleine aufgrund ihres zierlichen, fast kindlichen Aussehens weckt sie die Beschützerinstinkte des Zuschauers, und zudem spielt sie ihren Part zurückhaltend-schüchtern, was das Bild perfekt abrundet.
Das Problem der fehlenden Plot-Spannung können allerdings auch die beiden Hauptdarsteller nicht zufriedenstellend lösen. Insbesondere Laurent Lucas agiert bisweilen hölzern und hat nicht genügend Ausstrahlung, um die Bedrohlichkeit und Skrupellosigkeit seines Charakters glaubhaft rüberbringen und damit der Geschichte Konturen verleihen zu können. Wenn er einen sinistren Gesichtsausdruck auflegt, wird's sogar bisweilen unfreiwillig komisch.
Im Normalfall wäre der Film somit zum Scheitern verurteilt, und wenn er aus Deutschland oder den USA stammen würde, könnte man sich mit Sicherheit tausend Dinge vorstellen, die man lieber täte, als ihn sich reinzutun. Aber Gilles Marchand ist Franzose, und französische Filmemacher haben in der Regel ein Händchen für den Look. Und so gelingt es auch hier, den Zuschauer mit teilweise unwirtlich und surreal anmutenden Bildern bei Laune zu halten und den einen oder anderen Story-Hänger zu kaschieren. Die Sterilität des Krankenhausumfelds wird sehr elegant eingefangen, und teilweise fühlt man sich an intelligente Sci-Fi-Filme wie Andrew Niccols "Gattaca" erinnert.
So stellt sich nach den knapp zwei Stunden von "Wer tötete Bambi?" letztlich doch das Gefühl ein, gut unterhalten worden zu sein, ohne allerdings abschließend große Verbindungen zu dem "The Great Rock'n'Roll Swindle"-Song 'Who Killed Bambi?' der SEX PISTOLS herstellen zu können. Aber das ist ja auch nicht zwingend notwendig.
- Redakteur:
- Oliver Schneider