Letzte Runde
- Regie:
- Fred Schepisi
- Jahr:
- 2001
- Genre:
- Drama
- Land:
- Großbritannien / Deutschland / Spanien / Niederlande / Finnland / VR China
- Originaltitel:
- Last Orders
1 Review(s)
07.03.2004 | 12:10Michael Caine, Bob Hoskins und Helen Mirren. Derartige Kaliber von Schauspielern hatte Regisseur Fred Schepisi schon im Schlepptau, als er sich aufmachte, Financiers für seinen Film zu finden. Außerdem noch den mit dem Booker-Preis ausgezeichneten Roman von Graham Swift, der als Grundlage für diesen dient. Dennoch hatte der gute Schepisi so seine Probleme, das bisschen Geld, das zur Realisierung nötig war, aufzutreiben. Irgendwie schon merkwürdig bei solchen Namen. Und merkwürdig auch, dass der letztlich doch noch finanzierte Film derart unterging.
Jack (Michael Caine) ist tot. Seine Londoner Freunde Ray (Bob Hoskins), Lenny (David Hemmings) und Vic (Tom Courtenay) werden nicht nur mit seiner Urne, sondern auch mit Jacks letztem Wunsch, seine Asche möge am Pier von Margate, dem Reiseziel seiner Flitterwochen, verstreut werden, zurückgelassen. Zusammen mit Jacks Sohn Vince (Ray Winstone) macht sich die Gruppe also auf den Weg, ihrem Freund den letzten Dienst zu erweisen. Die Reise an die Küste Englands wird aber dank der aufkommenden Erinnerungen auch zur Reise in die Vergangenheit. Man gedenkt der Freude und des Leides, welche man mit dem gemeinsamen Freund zusammen durchlebt hat, und langsam treten einige Konflikte innerhalb der Gruppe zutage. Für die Freunde ist es nun an der Zeit, ihr Verhältnis zueinander und ihr Verhältnis zu Jack wieder neu zu definieren.
Beim Verfassen eines Reviews zu "Letzte Runde" kommt man nicht umhin, zuerst einmal die wirklich einmalige schauspielerische Leistung des gesamten Ensembles zu loben. Die eingangs erwähnten Namen versprechen nämlich nicht zu viel. Nicht nur, dass praktisch jeder der Darsteller den von ihnen verkörperten Charakter glaubwürdig umzusetzen vermag, auch kleinste Nuancen im Spiel zwischen den Darstellern werden spürbar. Auf diese Weise hat der Zuschauer schon von Anfang an die Möglichkeit, die Beziehungen zwischen den Charakteren richtig einzuschätzen, ohne dass diese großartig eingeführt werden müssen.
Dies ist natürlich erst einmal eine großartige Basis für den Film, in dessen Verlauf nach und nach die Figurenzeichnung vertieft wird. Durch geschickte Rückblenden wird die Vorgeschichte der illustren Herrenrunde erzählt und wie sie gegenseitig Einfluss aufeinander genommen haben, damit sich ihr Leben schließlich so entwickelt, wie es sich eben entwickelt hat. Das Interesse, das Regisseur Schepisi dabei den Charakteren entgegenbringt, weckt auch das Interesse beim Zuschauer. Dieser darf dann teilhaben, an den unterschiedlichsten Lebensgeschichten mit allen Höhen und Tiefen. Diese Lebensgeschichten sind mal heiter, mal traurig und mal herzzerreissend, aber immer liebenswürdig in Szene gesetzt.
Wer großartige Action erwartet, wird von dem Film zwangsläufig enttäuscht sein. Die Action spielt sich hier nämlich mehr im Kopf ab. An Spannung fehlt es aber trotzdem nicht. Spannung zwar nicht in der Art von Suspense, sondern mehr durch die Anteilnahme am Leben der Charaktere. Was gibt es schließlich Spannenderes als das Leben eines Menschen? Und in diesem Film wurde das menschliche Leben realistisch umgesetzt, ohne auf Übertreibungen angewiesen zu sein.
Denn auch wenn der Film vordergründig vom Tod und vom Abschiednehmen handelt, so ist er im Endeffekt doch ein Film über das Leben selbst, in dem ganz normale Menschen die Helden sind. Jack ist tot und doch lebt er weiter. In den Leben seiner Freunde und Familie nämlich wird er immer ein Teil sein. Und so äußert sich auch die Unmöglichkeit des Abschiednehmens. Jacks Asche können sie in die Winde verstreuen, aber Jack selbst werden sie niemals loswerden.
"Letzte Runde" ist Kino der wahren Gefühle. Der Zuschauer darf teilhaben am Leben einiger Londoner Freunde und wird dabei wahrhaft beim Herzen gefasst. Hervorzuheben ist vor allem die großartige Ensemble-Leistung und die Liebe, die den Charakteren entgegengebracht wird. Warum dieser erstklassige Film in den Kinos dermaßen untergegangen ist, ist unerklärlich. Ich kann ihn jedenfalls nur wärmstens empfehlen.
Die DVD von Columbia Tristar kommt mit deutschem und englischem Ton und bietet einen gelungenen Bildtransfer. Als Extra gibt es einen sachlichen und sehr informativen Audiokommentar des Regisseurs.
- Redakteur:
- Andreas Fecher