Hallesche Kometen
- Regie:
- Susanne Irina Zacharias
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Drama
- Land:
- Deutschland
1 Review(s)
04.12.2006 | 19:04Traditionell steht der deutsche Film im Verdacht, bieder und langweilig zu sein, sich eher den schwermütigen Themen zu widmen, als einfach nur gut unterhalten zu wollen. Kaum eine deutsche Produktion schafft es nach Übersee, und wenn sich doch ein Film nach Hollywood verirrt, dann muss davon ausgegangen werden, dass ihm von der breiten Masse vor allem Desinteresse entgegengebracht wird. Einige Ausnahmen wie ”Lola Rennt” oder ”Good Bye Lenin!” konnten sich zwar auch in Amerika behaupten und sogar einige Preise gewinnen, an den Einspielergebnissen ließ sich der Erfolg gleichwohl nicht festmachen. Deutsches Kino ist zu sperrig für amerikanische Sehgewohnheiten, zu unspektakulär, manchmal auch einfach zu unprofessionell. Und es ist äußerst unwahrscheinlich, dass sich dies in naher Zukunft ändern wird.
Auch das 2005 gedrehte Drama ”Hallesche Kometen” dürfte nichts an dieser Tatsache ändern, geschweige denn zu einer Annäherung der unterschiedlichen Filmauffassungen beitragen. Wie viele andere vor ihm wählt der Film einen ostdeutschen Schauplatz, um ein gesamtdeutsches Bild zu entwerfen. Dieses fällt erwartungsgemäß nicht allzu freundlich und optimistisch aus. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen der etwa 20-jährige Ben und sein arbeitsloser Vater. Zu zweit – die Mutter ist vor wenigen Jahren bei einem Autounfall tödlich verunglückt – teilen sie sich eine Wohnung in einer schmucklosen Plattenbausiedlung. Bens Versuche, dem stark depressiven Vater neuen Lebenswillen einzuflößen, bleiben ergebnislos. Im Gegenteil, die vielen Misserfolge zermürben Ben so sehr, dass er selbst zu zweifeln beginnt und seine angestrebte Journalistenkarriere aufzugeben droht.
Lediglich die sich abzeichnende Liebesbeziehung mit Jana bietet Ben die Möglichkeit, sich hin und wieder in eine weniger trostlose Welt zu flüchten. Da beide von nur einem Elternteil aufgezogen werden, verbindet sie eine ähnliche Situation. Anders als Ben erhält Jana bei der Verwirklichung ihrer Träume jedoch Unterstützung von ihrer ehrgeizigen Mutter. Bens Argwohn richtet sich zunehmend gegen Jana; die Kluft zwischen ihnen wird größer. Als Jana Bens begrabene Reisepläne mit einer Einladung nach Kanada zu reanimieren versucht, rastet dieser aus und bricht – zumindest zeitweise – den Kontakt zu ihr ab. Auch seinem Vater gegenüber verhält sich Ben umbarmherziger, kündigt an, von zu Hause auszuziehen und ihm somit seinem Schicksal zu überlassen. Ben spürt, dass man ein altes Leben erst abschließen muss, um ein neues beginnen zu können.
Auch wenn es Susanne Irina Zacharias wohl nicht darum ging, dem deutschen Kino neue Impulse zu geben oder es gar zu revolutionieren, hätte sie bei ihrem Spielfilmdebüt etwas weniger harmlos agieren können. Die Geschichte ist geradlinig und voraussehbar, verbirgt sich hinter filmtechnischen Konventionen. Dazu kommt eine teilweise misslungene Charakterzeichnung. Insbesondere Ben fällt durch ein äußerst inkohärentes und widersprüchliches Verhalten auf, das nur schwer nachzuvollziehen ist. Auch inhaltlich kann ”Hallesche Kometen” nicht überzeugen. Die Dialoge – eigentlich eine deutsche Stärke – bewegen sich nicht selten auf Fernsehserienniveau; das Drehbuch offenbart eklatante Mängel und sorgt für die eine oder andere Ungereimtheit. Zacharias filmt gerne endlos lange Hochhausschluchten. Doch beweist sie damit weder Originalität, noch erzeugt sie auf diese Weise eine beklemmende Atmosphäre. Nein! Mit diesem Film werden Vorurteile gegenüber dem deutschen Kino eher bestätigt denn abgebaut.
Positiv hervorzuheben ist die Ausstattung der DVD. Neben einem alternativen Ende und einem ausführlichen Kommentar finden sich auf dem Silberling diverse Interviews und Bildergalerien. Auch das Bild (1,85:1) und der Ton (Dolby Digital 2.0) sind in ordentlicher Qualität. Obwohl der Rezensent mit dem Filmergebnis nicht sonderlich zufrieden ist, will er der Regisseurin nicht das vorhandene Potential absprechen. Wer über oben angeführte Schwächen hinwegsieht und ein Faible für die ZDF-Reihe ”Das kleine Fernsehspiel” hat, wird Gefallen an ”Hallesche Kometen” finden.
- Redakteur:
- Marco Pütz