De Sades Eugenie - Die Jungfrau und die Peitsche
- Regie:
- Jess Franco
- Jahr:
- 1970
- Genre:
- Erotik
- Land:
- Spanien/Deutschland
- Originaltitel:
- Eugenie
1 Review(s)
21.11.2006 | 08:37Nach einer betörenden Liebelei holt sich die undurchdringliche Madame de Saint-Ange beim Vater der jungen Eugenie die Erlaubnis ein, dass seine Tochter ein Wochenende bei ihr und ihrem Bruder Mirvel auf einer idyllischen Mittelmeerinsel verbringen darf. Eugenie ist begeistert von dieser Idee und nimmt die Einladung dankend an, ahnt dabei aber noch nicht, dass das Geschwisterpaar enorm von den Schriften des Marquis de Sade beeinflusst ist und auf ihrem Anwesen okkulte Zusammenkünfte, geleitet vom finsteren Dolmance, an der Tagesordnung sind. Bereits die erste Nacht wird für Eugenie zur Zerreißprobe, denn als sie wieder aufwacht, ist ihr nicht bewusst, ob die erotischen Phantasien, die sich in ihren Träumen zugetragen haben, nun Realität oder Fiktion sind. Als ihr kurzer Zeit später erneut ein solches Ereignis widerfährt, weiß das junge Mädchen dann, dass ihre Gastgeber sie lediglich in einem niederträchtigen Spiel um Liebesgier und Mordlust benutzt haben. Doch zu diesem Zeitpunkt ist Eugenie bereits zu tief in die Geschehnisse im Hause de Saint-Ange involviert.
Meine Meinung
Der Name Jess Franco wird sicher all denjenigen geläufig sein, die sich in der Vergangenheit etwas intensiver mit dem Thema B-Movie auseinandergesetzt haben. Der spanische Regisseur gilt nämlich insgeheim als der Meister des Trash-Films und verdankt diesen Ruf vor allem den vielen billig produzierten Vampirabenteuern, in denen Erotik ebenfalls eine große Rolle spielte. Über "Des Sades Eugenie" aus dem Jahre 1970 sagt Franco jedoch, dass es derjenige Film ist, den er am wenigsten hasst, und dies kann man ihm auch gerne glauben, schließlich hat er diesen Film sprichwörtlich inszeniert und es dabei geschafft, die zweifelsfrei oberflächliche Handlung durch die atemberaubenden audiovisuellen Effekte zu überspielen.
Doch kurz ein paar Worte zur Story; Franco erzählt die Geschichte eines jungen naiven Mädchens, das bereitwillig die Residenz der schon längere Zeit berüchtigten Geschwister de Saint-Ange aufsucht und dort zur wehrlosen Gespielin ihrer Gastgeber wird. Besonders Marvin hat es auf das hübsche Mädchen abgesehen und gibt sich im Rausch der Sinne völlig seiner Begierde der betäubten Eugenie gegenüber hin. Die wiederum kann nach dieser aufregenden Erfahrung nicht erkennen, inwieweit ihr Traum nun wirklich real war, bekommt es aber dort schon mit der Angst zu tun. Doch sie behält ihre Naivität bei, ist erneut bereit, sich ihrem Vertrauen hinzugeben und gerät mit einem Mal in den Mittelpunkt eines okkulten Ordens, der die aktuelle Seance begleitet. Ab diesem Moment entwickelt sich die Geschichte grausam fort; Eugenie durchschaut langsam, aber sicher die Ereignisse und sieht den einzigen Ausweg darin, sich an dem Mann, der sie am meisten geliebt hat, sowie der Frau, die sie am meisten gehasst hat, zu rächen.
Franco legt in seiner Darstellung sehr viel Wert auf die Wirkung seiner Bilder, um so zu vermeiden, dass die reine Fleischbeschauung nicht in ein billiges Schmuddelfilmchen übergeht. Speziell die intensiveren erotischen Abenteuer hat er diesbezüglich toll bearbeitet, indem er sie in einem psychedelisch anmutenden Rotton erstrahlen lässt und in Kombination mit der eindringlichen Musik eine allzu hypnotische Wirkung erzielt. Lediglich die sexuelle Interaktion zwischen Eugenie und Mirvel bzw. das inzestuöse Spiel der beiden Geschwister ist nicht sonderlich ansehnlich, weil der Geschlechtsverkehr wegen der teilweise recht ungeschickt agierenden Akteure nicht mit der Ästhetik der vertonten Bilder in Einklang zu bringen ist. Ich denke da speziell an den ersten Übergriff, der sich im Trancezustand Eugenies zuträgt und bei dem der Akt als solcher eher abstoßend als prickelnd geraten ist.
Davon abgesehen entwickelt sich nach und nach eine unbeschreibliche Dynamik, auf der aufbauend man gar keinen tiefgehenden Plot mehr einfordert, die aber trotzdem eine gewisse Anspannung mit sich bringt. Diese eraubt es dem Zuschauer kaum, sich dem finsteren Spiel auf der Mattscheibe zu entziehen. Zum Ende hin sind die sadistischen Rituale zwar am Rande der Toleranzgrenze, doch man kann selbst dort nicht abstreiten, dass sie eine gewisse Faszination ausüben, die aus dem inhaltlich eher zweitklassigen Film dennoch ein sehenswertes, wenn auch nicht wirklich betörendes Movie machen.
Die DVD-Fassung von Epix darf man in diesem Sinne ebenfalls in einem guten Licht stehen lassen. Was Bild und Ton angeht, ist der Silberling sehr gut aufgearbeitet worden und enthält trotz des Alters der Originalvorlage keine nennenswerten Verschmutzungen. Und weil es in "De Sades Eugenie" zu einem nicht unwesentlichen Teil um die Kraft von Bildern und Musik ankommt, ist dies schon einmal eine beruhigende Tatsache. Weiterhin gibt es auf der DVD noch einige ansehnliche Extras wie zum Beispiel ein Interview mit Mirvin-Darsteller Jack Taylor, sowie den Originaltrailer und kurze Hintergrundinfos zu Jess Franco. Zwar findet man hier nichts Weltbewegendes, aber immerhin ein paar Bonussektionen, deren Anblick sich auf jeden Fall lohnt.
Trotz einiger zweifelhafter Eindrücke überwiegt bei "De Sades Eugenie" zum Ende hin das Positive. Jess Franco hat mit diesem Streifen bewiesen, dass selbst derartige Varianten des B-Movies einen gewissen Anspruch haben können, ohne dabei zu tief in die Trickkiste greifen zu müssen. Zudem hat er einige erstklassige Akteure in den Hauptrollen für sein Projekt gewinnen können, unter anderem auch Christopher Lee, der allerdings hinter den Protagonisten Marie Liljedahl (Eugenie) und Maria Rohm alias Madama de Saint-Ange (die im Übrigen eine echte schauspielerische Meisterleistung ablegt) zurücksteht. Franco-Fans dürfen diese neu aufgelegte Fassung aus diesem Grunde keinesfall verpassen; alle anderen sollten sich nicht direkt vom zwiespältigen Inhalt ablenken lassen, denn auch wenn "De Sades Eugenie" nicht als Meisterwerk bezeichnet werden darf, hat der Film in Bereich visuelle Ästhetik doch so einiges zu bieten.
- Redakteur:
- Björn Backes