James
- Regie:
- Rohit Jugraj
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Action
- Land:
- Indien
1 Review(s)
22.10.2006 | 10:14Bollywood liebt man oder hasst man. Dazwischen gibt es nicht viel. Doch egal ob man nun zu den Spöttern oder Liebhabern der gigantischen Filmmaschinerie Indiens gehört, das damit verbundene Phänomen kann ihr letztlich niemand absprechen. Rund 250 neue Filme kommen Jahr für Jahr auf den Markt, und alle funktionieren nach denselben Regeln. Trotz fehlender Abwechslung erfreuen sich Cineasten in aller Welt an den schablonenhaften Beziehungsgeflechten, schwülstigen Tanzinszenierungen und pastellenen Kostümschlachten. Und auch hierzulande ist Bollywood im Begriff, zu einer festen Größe zu werden, was vor allem die zahlreichen Neuerscheinungen auf DVD belegen.
Solcherlei filmische Globalisierung wirkt sich zwangsläufig auf die Inhalte aus. Während das klassische Bollywood vornehmlich Liebesgeschichten erzählt und mit positiven Botschaften von real existierenden Nöten abzulenken weiß, wenden sich aktuellere Produktionen vermehrt düsteren Stoffen zu – freilich ohne auf die obligatorischen Tanz- und Gesangseinlagen zu verzichten. Das kommerzielle Anliegen, unterschiedlichste Sehgewohnheiten und Ästhetikauffassungen unter einen Hut zu bringen, drückt sich in bizarren Filmhybriden aus, die klassische Wertvorstellungen mit abgründigen Bildern zu kombinieren suchen.
Dieser jungen Tradition folgt auch das 2005 gedrehte Actiondrama ”James”. Der gleichnamige Held kehrt in die indische Metropole Mumbai zurück und trifft dort seinen Freund Babloo, der ihm Arbeit als Türsteher in einem renommierten Nachtklub verschafft. Als James die hübsche Sängerin Nisha vor einem aufdringlichen Gast beschützt und selbigen kurzerhand aus dem Klub wirft, sieht er sich plötzlich mit dessen Bruder konfrontiert. James und Nisha müssen aus der Stadt fliehen, handelt es sich doch bei den Geschwistern um den skrupellosen Politiker Shanti Narayan und den schizoiden Kriminellen Radhe, die Mumbai mit eiserner Hand regieren. Ihre Flucht führt sie durch das ganze Land, von Ort zu Ort, von Versteck zu Versteck. Erst als Nishas Vater zwischen die Fronten gerät und schließlich ermordet wird, nimmt James einen Kurswechsel vor und stellt sich den Verfolgern. In Mumbai treffen die Parteien aufeinander, und es kommt zum unvermeidlichen Showdown.
Regisseur Rohit Jugraj hatte wahrscheinlich nicht die Absicht, einen ambivalenten und verstörenden Film zu erschaffen. Dennoch hätte das vorliegende Ergebnis etwas weniger klischeehaft und moralisierend ausfallen können. Dem Mut und der Rechtschaffenheit seines Protagonisten stellt er die Verschlagenheit und Gier der Gebrüder Narayan gegenüber. Dabei lässt er keinen Zweifel, wer am Ende den Sieg davontragen wird.
Obwohl ”James” dunkel und realistisch sein will, bewegt sich der Film keinen Millimeter weg vom süßlichen Bollywood-Mainstream. Daran ändert auch nichts, dass sich Rohi Jugraj allem Anschein nach von westlichen Klassikern wie ”Pulp Fiction” oder ”Blue Velvet” inspirieren ließ und seine Antagonisten mit gleichermaßen genialen und abstoßenden Charakterzügen ausstattete. Solange der Filmemacher nicht begreift, dass die reißerischen Fassaden nur dazu dienen, eine komplexere Wahrheit zu verklausulieren, macht es wenig Sinn, fremde Ideen in das eigene Kunstschaffen zu integrieren. Gleiches gilt für die Kampfszenen. Die inflationär eingesetzten Zeitlupensequenzen taugen zwar als Reminiszenzen an John Woo oder die Wachowski-Brüder. Um über fehlende Handlung und eine seelenlose Umsetzung hinwegzutäuschen, braucht es jedoch mehr als eine halbwegs moderne Optik.
Sowohl das Bild (1:2,35) als auch der Ton (5.1 / 2.0) hinterlassen einen guten Eindruck. Die kräftigen Farben stehen allerdings in einem seltsamen Kontrast zu der gewollt düsteren Atmosphäre und lassen diese noch künstlicher erscheinen. Neben der indischen Tonspur finden sich auf dem Silberling lediglich einige Musikclips aus dem Film und eine Handvoll Trailer zu weiteren Bollywood-Streifen. Wie so oft bei aktuellen DVD-Veröffentlichungen kann demnach nicht einmal das Bonusmaterial richtig überzeugen. Wer Bollywood zu schätzen weiß, wird ”James” bestimmt etwas abgewinnen können. Für alle anderen gilt: Finger weg!
- Redakteur:
- Marco Pütz