Veer & Zaara - Die Legende einer Liebe
- Regie:
- Yash Chopra
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Drama
- Land:
- Indien
- Originaltitel:
- Veer-Zaara
1 Review(s)
25.10.2006 | 09:53Hintergrund
Bollywood ist ein eigenartiges Phänomen des modernen Kinos. Bereits 1930 gab es eine Bollywood-Filmindustrie, die jedoch international kaum für Aufsehen sorgte. In Großbritannien und vor allem in den USA, wo es große indisch-stämmige Bevölkerungsgruppen gibt, liefen die Bollywood-Produktionen schon seit Jahren - in Deutschland setzte sich der Trend erst um das Jahr 2004 mit einigen Ausstrahlungen auf RTL II durch. Entgegen der hiesigen Meinung, Bollywoodfilme seien lediglich kitschige Romanzen mit nervigen Tanz- und Gesangeinlagen, gibt es keinen typischen Bollywoodfilm. So existieren durchaus einige Actionfilme, wobei bestimmte Dogmen auch hier gelten. In der Regel beträgt die Spielzeit zwischen 150 und 240 Minuten, die von mehreren musikalischen Tanzeinlagen durchzogen wird. Es wird selten bis nie geküsst, von Sex erst gar nicht zu reden. Damit sich die Filme rentieren, müssen die Besucher mehrmals ins Kino gehen, weshalb sie äußerst familientauglich sind. Hinter dieser Fassade verbergen sich jedoch auch Filme, die sehr wohl Substanz haben und mit vielseitigen Botschaften und Intentionen aufwarten.
Handlung
Der Inder Veer Pratap Singh (Shah Rukh Khan) sitzt seit über 22 Jahren in einem pakistanischen Gefängnis. Er ist ruhig und genügsam und beschwert sich nie. Schweigen durchzieht seine Gefangenschaft. Erst als die junge Anwältin Saamiya Siddiqui (Rani Mukerji) seinen Fall übernimmt, bricht der ehemalige Geschwaderführer der indischen Luftwaffe sein Schweigen.
Er erzählt ihr die rührende Geschichte seiner großen Liebe Zaara (Preity Zinta), die er bei einem Rettungseinsatz kennenlernte. Die aus Pakistan stammende Zaara reiste nach Indien, um den letzten Wunsch ihrer geliebten, indisch-stämmigen Ziehmutter Bebe zu erfüllen. Auf dem Weg zu ihrem Ziel, der Stadt Kiritpur, wo Zaara die Asche von Bebe ihren Ahnen übergeben wollte, verunglückte ihr Reisebus. Doch der Helikopter-Rettungsstaffel der indischen Luftwaffe, unter Führung Veer Pratap Singhs, gelang es, sie zu retten.
Bei Veer war es Liebe auf den ersten Blick, weshalb er Zaara auf ihrer Reise nach Kiritpur begleitete. Als Gegenleistung versprach Zaara ihm einen Wunsch zu erfüllen. Sie hielt ihr Wort und kam seinem Wunsch nach, einen Tag im Leben des Veer Pratap Singhs zu verbringen. Sie besuchten zusammen Veers Heimatdorf und nahmen dort am traditionellen Lodifest teil. Am Tag Zaaras Abreise, wollte Veer ihr seine Liebe gestehen. Doch es kam anders, als gedacht - Zaaras Verlobter Razaa Shirazi (Manoj Bajpai) erwartete sie bereits. Es folgte ein trauriger Abschied, in dessen letztem Moment Veer Zaara seine Liebe doch noch gestand.
Durch die indisch-pakistanische Grenze voneinander getrennt, konnten beide an nichts anderes als den anderen denken. Doch Zaaras Hochzeitsvorbereitungen liefen bereits auf vollen Touren. Veer fasste den folgenschweren Entschluss nach Pakistan zu reisen, um seine große Liebe für sich zu gewinnen...
Mit viel Geduld und noch mehr Engagement, versucht Anwältin Saamiya Veers Schicksal doch noch in die richtige Richtung zu lenken und das Unrecht der Vergangenheit zu beseitigen.
Kritik
"Veer & Zaara - Die Legende einer Liebe" ist in gewisser Weise das, was man hierzulande unter einem Bollywoodfilm versteht. Drei Stunden lang wird eine stellenweise kitschige Liebesgeschichte erzählt, die schöne Menschen in noch schöneren Kostümen vor traumhafter Kulisse zeigt.
Aber "Veer & Zaara" hat nach der ersten, oberflächlichen Betrachtung weitaus mehr zu bieten! Überraschenderweise läuft die Handlung nicht nach Schema F ab und kann mit vielen interessanten Wendungen aufwarten. Hier zeigt sich der erste Kniff bereits nach einigen wenigen Minuten: Nach dem ein wenig zu kitschigen Intro (samt kurzer Gesangeseinlage) zeigt Regisseur und Produzent Yash Chopra seinen Titelhelden Veer (Shah Rukh Khan) introvertiert und völlig heruntergekommen in einem pakistanischen Gefängnis. Erst durch den beseelten Auftritt seiner Anwältin Saamiya Siddiqui (Rani Mukerji) bricht er sein Schweigen und erzählt in einer langen Rückblende die Kapitel der Legende seiner Liebe.
Hier wechselt auch der optische Stil. Während die Zellenaufnahmen trist und grau wirken, zeigt Yash Chopra die Vergangenheit in kräftigen, bunten Bildern. Die Handlung gestaltet sich erfreulicherweise sehr abwechslungs- und wendungsreich, weshalb in der 190-minütigen Spielzeit des Films erfreulich wenig Leerlauf herrscht - einige kleinere Längen sind trotzdem zu bemängeln.
Dies wird aber durch die grandiose Visualisierung des Films ausgeglichen. Wie von modernen Bollywood-Produktionen gewohnt, sind sowohl die Darsteller, als auch die Kostüme und Kulissen auf Hochglanz poliert und bieten dem Zuschauer einiges fürs Auge. Doch auch die Art der Visualisierung ist sehr gut. Schöne Kameraschwenks und teilweise großartige Aufnahmen (die Trennungsszene der beiden Liebenden, in einem Torbogen stehend, ist wohl der Stoff, aus dem Romantikerherzen sind!) in tollen Kulissen sind immer wieder zu bestaunen, wodurch die schöne und romantische Stimmung optisch wunderbar ergänzt wird.
Der eigentliche Clou sind jedoch die cleveren, angedeuteten, politischen Botschaften. Ohne den Zeigefinger zu erheben, behandelt der Film die kritischen Aspekte der Rolle der Frau in der indischen Gesellschaft, die Beziehung zwischen Indien und Pakistan und die Probleme zweier Liebender mit unterschiedlichen Religionen. Der Ton ist dabei gewollt unterschwellig, verfehlt seine Botschaft aber keineswegs. Gerade dieser Punkt dürfte "Veer & Zaara - Die Legende einer Liebe" auch für Nicht-Bollywoodfans interessant machen, sofern sie gehaltvolle Liebesfilme für sehenswert ansehen.
Leider stören auch bei diesem Film die musikalischen Tanzeinlagen, die den Zuschauer regelmäßig aus der Stimmung reißen und (mehr oder weniger passend) Heiterkeit verbreiten - die Lieder sind dabei zwar sowohl musikalisch, als auch choreographisch gut gemacht, fügen sich aber nicht zu 100% in den Filmfluss ein (Bollywoodfans dürfen an diesem Punkt gerne widersprechen). Da aber auch die schauspielerische Seite sehr zu überzeugen weiß, kann man beim Gesinge gerne mal ein Auge zudrücken. Gerade Shah Rukh Khan demonstriert eindrucksvoll, dass hinter der Weicheifassade ein mehr als passabler Schauspieler steckt! Kann man sein Spiel in den Rückblenden noch als souverän bezeichnen, brilliert er in den Gefängnisszenen förmlich. Der stolze, introvertierte Gefangene Nr. 786, der gebrochen scheint, aber dennoch seine Ehre wahrt, wird von SRK klasse verkörpert. Die beiden weiblichen Hauptrollen (Rani Mukherji als Anwältin Saamiya Siddiqui und Preity Zinta als Zaara) sind gut, wenn auch nicht überragend. Die überaus beliebte Kajol wäre wohl eine bessere Wahl für die Rolle der Zaara gewesen (wenn sie denn zu dem Zeitpunkt zur Verfügung gestanden hätte). Alles in allem sind die schauspielerischen Leistungen wirklich gut, nerviges Overacting tritt glücklicherweise nicht auf.
Die DVD
Das Bild ist im Großen und Ganzen gut, wenn auch die Schärfe hätte besser sein können. Während sie in Nahaufnahmen überzeugen kann, verschwimmen die Details in den Totalen recht stark. Farbstärke und Kontrast überzeugen auf ganzer Linie, Rauschen und Verschmutzungen gibt es nicht zu beklagen.
Der Ton bleibt leider verbesserungswürdig. Der deutsche Track liegt lediglich in Dolby Surround 2.0 vor, während der O-Ton (Hindi) in DD5.1 abgemischt wurde. So überrascht es kaum, dass der deutschen Spur die Räumlichkeit fehlt, die der O-Ton bietet. Leider ist dieser aber zu leise und deutlich zu kraftlos abgemischt, weshalb sich keine klare Tonempfehlung aussprechen lässt. Das gelieferte Ergebnis lässt sich mit dem Wort „Durchschnitt“ am besten betiteln.
Die Extras sind reichhaltig und interessant ausgefallen. Das 'Making Of The Songs' ist mal was anderes und gewährt einen schönen Blick hinter die Kulissen. Anekdoten zum Dreh findet man im Interview mit Regisseur Yash Chopra und im „deleted song“ wartet ein wahres Schmankerl auf den geneigten Fan. Die weiteren Features der Bonus-DVD (deleted scene, Kinotrailer, Karaokesongs) runden das sehr gelungene Paket an Extras ab und heben diese Veröffentlichung ins obere Drittel der Rangliste an.
Fazit
"Veer & Zaara - Die Legende einer Liebe" ist ein überraschend guter Film geworden, der selbst mich als Bollywood-Skeptiker überzeugen konnte. Die wunderschönen Bilder der hübschen Menschen in zauberhaften Kostümen vor traumhaften Kulissen sind prädestiniert für laue Winternächte, die zum Schmachten einladen. Die Handlung ist wendungsreicher als erwartet und bietet mit ihren kritischen Untertönen auch ein wenig Substanz.
Totale Bollywood-Hasser werden sich sicherlich nicht überwinden können, diesen Film in den Player zu legen, denn auch in diesem Film wird gesungen und getanzt. Romantiker und Liebesfilmfans sollten aber unbedingt einen Blick riskieren - falls sie männlich sind, am besten gleich zusammen mit der Freundin!
- Redakteur:
- Martin Przegendza