Baazigar
- Regie:
- Abbas Alibhai Burmawalla , Mastan Alibhai Burmawal
- Jahr:
- 1993
- Genre:
- Drama
- Land:
- Indien
1 Review(s)
21.10.2006 | 11:25Hintergrund
Shah Rukh Khan (SRK) ist der Bollywood-Superstar, sein Name wird unweigerlich mit der indischen Filmindustrie verbunden. Der 1965 geborene SRK war in über 60 Kino- und TV-Produktionen zu sehen, mit seiner Produktionsfirma „Dreamz Unlimited“ brachte er bisher sechs Filme heraus (ein weiterer befindet sich gerade in Produktion). Seine Karriere begann mit der TV-Serie "Fauji" (1988), die das tägliche Leben eines indischen Armeeregiments verfolgte. SRKs Charakter Abhimanyu Rai war von Beginn an der Publikumsliebling, der durch seinen Charme und seine Pfiffigkeit die Massen begeisterte. Dieser Erfolg ebnete SRK den Weg für eine weitere TV-Serie, "Circus" (1989). Von dort schaffte er als einer der wenigen indischen TV-Stars den Sprung ins indische Kino. Nach mehreren klassischen, romantischen Rollen gelang ihm erst 1993 mit den beiden Filmen "Darr" und "Baazigar", jeweils in der Rolle des Bösewichts, der große Durchbruch. "Baazigar" war auch der erste Film des Bollywood-Traumpaares Shah Rukh Khan und Kajol - es sollten viele weitere folgen, jeder ein großer Hit.
Handlung
Der junge Ajay Sharma (Shah Rukh Kahn) kümmert sich liebevoll um seine traumatisierte Mutter (Rakhee Gulzar). Nach dem tragischen Tod ihres Mannes und dem Verlust ihres Babys ist sie schwer pflegebedürftig. Ohne die aufopferungsvolle Hilfe ihres Sohnes wäre sie verloren. Doch Ajay hat neben dieser gütigen auch noch eine andere, dunkle Seite. Seit Jahren sucht er den Verantwortlichen für den Niedergang seiner Familie. Im Großindustriellen Madan Chopra (Dalip Tahil) scheint er ihn gefunden zu haben. Über die Herzen Chopras beider Töchter Seema (Shilpa Shetty) und Priya (Kajol) versucht Ajay sich in die reiche Familie einzuschleichen. Die hübschen Schwestern ahnen nicht, dass sie sich in den gleichen Mann verliebt haben. Von Ajays dunklen Plänen ganz abgesehen…
Kritik
Vorne weg: Mir fehlt jeglicher Zugang zum indischen Kino. Die vielen Dogmen und die lange Spieldauer der Filme (zwischen 150 und 240 Minuten!) fordern dem Zuschauer einiges ab und machen Bollywoodfilme schwer zugänglich. Die musikalischen Tanzszenen im Musicalstil sind eine weitere Besonderheit, die mehr als nur gewöhnungsbedürftig ist.
Besonders in den letzten zehn Jahren wurden meist naive Liebesgeschichten, die stellenweise an alte grimmsche Märchen erinnern, verfilmt. Sie sind zumeist einfacher Natur, können aber mit ihrer liebevollen und packenden Inszenierung punkten. Prachtvolle Kostüme und schöne Aufnahmen hübscher Menschen dominieren das heutige Hochglanz-Bollywood-Kino.
Das sah 1993 noch anders aus. Statt opulent verfilmter Liebesgeschichten liefen zu dieser Zeit auch Rachefilme über die große Leinwand. "Baazigar" ist ein solcher Rachefilm und gleichzeitig ein indisches Remake des 1991-er Hollywoodfilms "A Kiss Before Dying". Shah Rukh Khan ist hier (wie auch in "Darr") in einer ungewohnten Rolle als Bösewicht zu sehen. Seine große Brille erinnert ein wenig an Nordkoreas Diktator Kim Jong Il, davon abgesehen wirkt SRK jedoch nicht besonders böse. Im Gegensatz zu seinen Liebesfilmen will man ihm die Rolle nicht so recht abnehmen, alles wirkt zu verkrampft und gewollt.
Überhaupt kommt die gesamte Produktion nicht an die Qualität der heutigen Filme heran. Stellenweise erinnert das Geschehen an 80-er Jahre Trashfilme, was besonders in den Actionszenen auffällt. Während diesen fließt auch unerwartet viel Blut, wobei SRK besonders gegen Ende an Lou Ferrigno erinnert (den wir alle als den grünen Hulk aus der 70-er TV-Serie "The Incredible Hulk" kennen).
Ein weiterer, großer Kritikpunkt zeigt sich im eigentlichen Verlauf des Films. Anfänglich ein Familiendrama, wird "Baazigar" nach den ersten 20 Minuten zu einem Liebesfilm, der sich immer mal wieder als Actionfilm versucht und ab und an einige Thrillerelemente einstreut. Eine konsequente Linie lässt sich hierbei kaum finden. In diesem Zusammenhang sind auch die typischen Tanzsequenzen zu nennen, die sich unpassend in den Stilwust einfügen. Außerdem übertrieb das Regiegespann Abbas und Mastan Alibhai Burmawalla ("Chori Chori Chupke Chupke") den Einsatz der Filmeffekte: Zeitlupen, Freeze Frames, Negativaufnahmen und endlos viele Zoomaufnahmen - alles was ihnen in den Sinn kam, fand Verwendung. Der daraus resultierende Stil unterstreicht den „Trash-Faktor“ des Films gekonnt, wenn auch nicht beabsichtigt.
Wie Shah Rukh Kahn mit diesem Film seinen Durchbruch erreichen konnte, bleibt wohl ein Rätsel und lässt sich nur mit der Verschiedenheit der Kulturen begründen. In seinen späteren Liebesfilmen weiß er durchaus zu überzeugen und liefert ein gekonntes Spiel ab - aber hier?!? "Baazigar" verliert sich besonders in der ersten Hälfte (immerhin eineinhalb Stunden!) des öfteren in deutlichen Längen. Während die Handlung stockt, wird dem Zuschauer nichts Neues geboten - der Wunsch nach dem Griff der Fernbedienung wächst. Ferner kann die arg konstruierte Handlung kaum fesseln, weshalb man sich die 181 Minuten des Films getrost schenken kann.
Die DVD
Das Bild (2,35:1- 16:9) zeigt eine sehr wechselhafte Qualität. Stellenweise sind kräftige, warme Farben anzutreffen, kurz darauf lediglich ausgewaschene, kontrastarme Bilder. Der Schwarzwert ist größtenteils schlecht (rangiert mehr im Blau) und auch die Schärfe ist mäßig. Außerdem sind viele Verschmutzungen und Dropouts zu sehen. Ein deutliches Hintergrundrauschen stört zudem den Filmgenuss. Betrachtet man aber das Alter des Filmmaterials und den damaligen, alles andere als sorgfältigen Umgang damit, kann man dennoch mit dem Resultat zufrieden sein.
Der Ton (Deutsch: DD5.1 und Hindi DD2.0 Mono) zeigt sich ähnlich. Der O-Ton ist dumpf und verrauscht, was sich besonders bei den Liedern als störend erweist. Der deutsche 5.1 Ton ist eine kleine Mogelpackung, da lediglich die Geräusche und Musik auf die beiden Frontkanäle gelegt wurden und die Dialoge aus dem Center schallen - die Rears bleiben stumm. Er ist aber wesentlich klarer und daher definitiv die bessere Wahl.
Wie immer bei r-e-m erscheint der Film in einem schicken Digipack, samt Schuber und Filmposter. Neben dem Trailer enthält die DVD zwei Lieder des Films als Karaokeversion sowie eine Direktanwahl der Lieder.
Fazit
Selbst große Bollywoodfans dürften von "Baazigar" enttäuscht werden. Der Film ist ungewollt trashig und SRK will als Bösewicht so gar nicht gefallen. Zudem wirkt die Handlung sehr stark konstruiert und wird von einigen Längen durchzogen. Anno '93 hatte das indische Kino noch nicht viel mit dem heutigen Hochglanz-Bollywood gemein. Daher ist dieser Film höchstens Fans zu empfehlen, die sich für die Geschichte des indischen Kinos, noch vor der Boom-Zeit, interessieren. Alle anderen sollten einen Bogen um den Film machen.
- Redakteur:
- Martin Przegendza