Rana's Wedding - Jerusalem, Another Day
- Regie:
- Hany Abu-Assad
- Jahr:
- 2002
- Genre:
- Drama
- Land:
- Palästina
1 Review(s)
26.01.2004 | 19:22Innerhalb von zehn Stunden heiraten oder doch fortgehen? Für Rana (Clara Khoury) ist das an jenem Morgen Realität. Sie findet einen Zettel ihres Vaters: "Entweder du heiratest einen der Männer auf dieser Liste oder du fliegst heute 16 Uhr mit mir mit nach Kairo." Rana wohnt in Jerusalem, ihr Dad ist ein wohlhabender Araber, fixiert auf seine islamischen Traditionen: Deshalb glaubt er auch für seine Tochter entscheiden zu können. Doch Rana hat schon zu Beginn des Films ihr Herz vergeben. Der Glückliche ist der Theaterregisseur Khalil (Khalifa Natour) und arbeitet in Ramallah. Sein Handy ist aus, also muß Rana ihn finden... Zehn Stunden bleiben ihr, wenig Zeit um ihren Liebsten zu suchen. Nicht das einzige Problem, denn im Islam muß auch der Vater der Braut ihrer Hochzeit zustimmen und bei der Trauung dabei sein.
Eigentlich ist die Handlung in "Rana’s Wedding" eher nebensächlich. In diesem Film gilt: "Der Weg ist das Ziel." Und der Weg von Rana ist voller Stolpersteine: Checkpoints hier, israelische Soldaten da. Der palästinensische Regisseur Hany Abu-Assad hat die Story von "Rana’s Wedding" wohl bewußt knapp gehalten, manchmal wirkt sie sogar konstruiert. Abu-Assad vertraut mehr auf die Macht von sanften Kamerafahrten und ruhigen Klavier-Tönen, die im krassen Gegensatz zum fast allgegenwärtigen Wahnsinn des palästinensischen Alltags in den von Israel 1967 besetzten Gebieten stehen. Unaufhörlich zeigt Abu-Assad permanente Menschenrechtsverletzungen im Hintergrund von Rana’s Hatz durch Jerusalem und Umgebung. Da reißt ein Bagger das Haus eines Selbstmordattentäters ab, Rana sucht sich ein Brautkleid in der Wohnung ihrer Freundin aus und sieht die Zerstörung durchs Fenster. Ein steinewerfender kleiner Junge wird von einer israelischen Kugel am Bein verwundet, seine Freunden ziehen ihn weg. Rana sieht es kaum, sie eilt weiter. Besonders schlimm sind die Wartezeiten an den Checkpoints, wo jeder Palästinenser lang und genau kontrolliert wird... Und die Zeit wird immer knapper.
"Rana’s Wedding" ist kein Meisterwerk des alternativen Kinos. Dafür besitzt der 90-minütige Streifen zu viele abrupte Sprünge in seiner Handlung. Doch wer sich für den Konflikt im Nahen Osten interessiert, kommt um diesen Film kaum herum. Denn hier werden Nachrichten wie "Ein Palästinenser bei Unruhen im Westjordanland verwundet" erschreckende Realität. Fast ohne Drehgenehmigung aufgenommen, bietet der Film keine Lösung des Konflikts an. Er will eher ein kleines Licht der Hoffnung für das palästinensische Volk sein, wie es das absurd-anrührende Ende deutlich zeigt. Dabei fehlt jedoch gänzlich die andere Seite der Wahrheit: Fundamentalistische und aufgeputschte Islamisten, die sich mit Sprengstoffgürteln in die Luft jagen, finden sich nirgends, die Palästinenser sind immer nur die malträtierten Opfer. Dankbarerweise vermeidet Regisseur Abu-Assad dafür einen anderen Fehler: Der Film stachelt trotz seiner erschütternden Thematik nicht zum undifferenzierten Haß auf Israel an, will mehr ein Porträt einer zerrissenen Gesellschaft sein. Das ist die eigentliche Leistung von "Rana’s Wedding" - die unideologische Erzählung einer Liebesgeschichte in einer bizarren Umwelt aus Vorurteilen, Mißtrauen und ständiger Angst.
- Redakteur:
- Henri Kramer