Memento
- Regie:
- Christopher Nolan
- Jahr:
- 2000
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA
1 Review(s)
11.12.2005 | 09:54Leonard (Guy Pearce; "L.A. Confidential") befindet sich mit Teddy (Joe Pantoliano; "Matrix") in einem verlassenen Gebäude und erschießt ihn. Das sind die ersten Szenen des Films "Memento", und damit wäre die eigentliche Story zu Ende. Was in den anderen gut 100 Minuten passiert, sind stückweise aufgetischte Flashbacks, und zwar zeitlich rückwirkende. Über die gesamte Spielzeit stellt sich nun die Frage, ob Leonard den richtigen Mann erschossen hat, und diese quält den Zuschauer bis zum Schluss. Denn Lennys letzte Erinnerung dreht sich um die Vergewaltigung seiner Frau sowie den Mord an ihr. An jenem Tag verlor er sein Kurzzeitgedächtnis, er kann sich seitdem nichts mehr merken. Wenn er eine Unterhaltung führt, ist die Gefahr groß, dass er den Anfang des Tête-à-têtes schon wieder vergisst, da er alle paar Minuten praktisch neu erwacht. Zu diesem Zweck besitzt er auf dem ganzen Körper diverse Tätowierungen, die ihm Hinweise auf den Täter geben und die er im Laufe der Zeit gesammelt hat. Außerdem schießt er Polaroids aller bekannter Personen und beschriftet diese auf der Rückseite nach Charaktereigenschaften und Ähnlichem. Trotz all dieser selbst ausgestellten Hinweise ist er im Laufe der Geschichte immer wieder hin- und hergerissen; er kann keiner Menschenseele mehr trauen.
Es ist schwierig, die Story zu beschreiben, ohne dabei zu viel zu interpretieren und preiszugeben. Regisseur Christopher Nolan ("Batman Begins"; "Insomnia") schafft es perfekt, die Handlung durch gezielt eingesetzte Mosaiksteinchen langsam zusammenzubauen und aufzuklären, dennoch bleiben zunächst viele Fragen offen, die sicherlich jedes Individuum anders erklären würde. Man muss sich zwar erst in der verkehrten Erzählungsweise zurecht finden, ist dies aber erst einmal geschehen, kann man es während des Films gar nicht mehr erwarten, die Zusammenhänge endlich komplett zu verstehen. Besonders die Handlung rund um die Fotos und Hinweise ist ungeheuer spannend; man sieht zum Beispiel zuerst die beschrifteten Polaroids und bekommt später im Film erklärt, wieso Leonard das Foto in dieser und jeder Weise gekennzeichnet hat. Außerdem befindet er sich nach dem Erwachen in den seltsamsten Situationen, aus denen er instinktiv – bedingt durch Konditionierung - Entscheidungen treffen muss, die das Schnappen oder Nicht-Schnappen des Mörders seiner Frau entscheidend beeinflussen. Dazu kommt, dass sowohl Teddy als auch Natalie (Carrie-Anne Moss; "Matrix"), eine Bardame, bei der er im Laufe der Handlung sogar eine Zeit lang wohnt, seine Gunst gewinnen wollen und sich gegenseitig ausspielen.
Unbeschreiblich ist jede einzelne Szene besonders geglückt, die die vorher gezeigte Handlung, sozusagen die aus der Zukunft, mit der der Gegenwart verbindet. Im Kopf des Betrachters löst sich der ein oder andere Knoten, nur um woanders einen neuen entstehen zu lassen.
Keine Hollywood-Brillanz, kein Staraufgebot, keine Effektspielereien, nichts, was viele halbgare Filme zu einem Millionenerfolg werden ließ. Das große Plus aber, das "Memento" seinen zahlreichen Kollegen, auch in diesem Genre, weit voraus hat, ist die einfach nur geniale Story, in der man sich während der gesamten Spielzeit komplett verlieren kann, während man jede Sekunde gebannt an den Fernseher gefesselt wird. Anders wäre es auch gar nicht möglich, die verwirrende, überraschende und mit Wendungen nur so gespickte Story zu verstehen. Es geht allerdings nicht um den Ausgang des Streifens, der ist ja von Anfang an gegeben. Es geht um das "Warum?".
Andererseits streiten sich auch heute noch viele "Memento"-Seher um die einzig richtige Interpretation dieses gigantischen Films. Bringen wir es einfach auf den Punkt: Ein Klassiker ohne Hollywoodkonventionen!
P.S.: Ich empfehle die DVD mit der Funktion, den Film "richtig" herum ansehen zu können, einige weitere Details werden dadurch aufgezeigt werden!
- Redakteur:
- Christian Hubert