Dedales - Würfel um dein Leben
- Regie:
- Réne Manzor
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Frankreich/Belgien
1 Review(s)
04.12.2005 | 18:29Man muss sich doch immer wundern, woher Anolis diese starken Underground-Produktionen hernehmen. Dieses Mal hat die Firma sich in Frankreich bedient und sich einen der wohl besten europäischen Psycho-Thriller der letzten Jahre geangelt. In "Dedales" wartet Regisseur Réne Manzor zudem mit einer sehr guten und teilweise prominenten Besetzung auf, die ihre gesamte Erfahrung mit in die Charakterrollen einbringen. Besonders toll in ihrem Part: Sylvie Testud - bekannt aus "Jenseits der Stille" - als schizophrene Massenmörderin, die in der Verkörperung ihrer multiplen Persönlichkeit ihre Grenzen als Charakterschauspielerin völlig auslotet und eine enorm gute Leistung abliefert. Dagegen gehen die ebenfalls sehr stark spielenden Lambert Wilson ("Matrix Reloaded" und "Matrix Revolution") und Frédéric Diefenthal ("Taxi 1-3") fast schon unter, und das will in diesem Falle schon was heißen. Auf jeden Fall ist "Dedales" ein Streifen, der von der überdurchschnittlichen Leistung seiner Hauptakteure lebt und dadurch auch den großen Unterschied zu den Produktionen aus der zweiten Reihe ausmacht.
Story:
Die 25-jährige Claude, eine schizophrene Serienkillerin, die für den Tod von 27 Menschen verantwortlich ist, soll laut Richteranweisung auf ihre Schuldfähigkeit untersucht werden. Dr. Karl Freud, der Leiter der Hochsicherheitsanstalt, in welcher Claude einsitzt, beauftragt den Psychiater Brennac damit, die einzelnen Persönlichkeiten herauszuarbeiten und somit den Grund, der Claude letztendlich zu dieser grausamen Mordserie getrieben hat, festzustellen. Brennac dringt in das mythologische "Labyrinth von Knossos" ein, in dem sämtliche Protagonisten der Psyche Claudes umherirren, verliert sich in den Windungen, während er mehr und mehr die schrecklichen Taten seiner Patientin nacherlebt, und stößt auf das grauenvolle Motiv. Doch erst als Dr. Freud sich die Videoaufzeichnungen der Sitzungen anschaut, wird ihm klar, welches fürchterliche Geheimnis wirklich hinter der Mordserie steckt ...
Meine Meinung:
Es ist schon ein unheimlich komplexes Konstrukt, das Regisseur Réne Manzor hier erstellt hat. Erst einmal will man gar nicht so recht begreifen, welche Rollen die potenzielle Mörderin Claude in sich vereint. In ihr vereinen sich die Persönlichkeiten Minotaurus, Ariadne, Theseus und der bislang verborgene Dedalus, der den Ermittlern schließlich auch das größte Rätsel aufgibt.
Die Geschichte von CLaude wird dabei in zwei verschiedenen Handlungssträngen abgehandelt. Zum einen wird die Psycho-Therapie an der Seite von Dr. Karl Freud (gut, der Name ist wohl etwas klischeehaft) und Brennac geschildert, die in drei Monaten die Hintergründe für Claudes bestialische Taten erforschen sollen, und zum anderen werden Szenen, die sich kurze Zeit vor Claudes Entdeckung und Verhaftung abspielen, in chronologischer Reihenfolge gezeigt, bis hin zur letztendlichen Aufdeckung des Phänomens.
Die Figuren, die Monzar dabei kreiert hat, sind im wahrsten Sinne des Wortes einzigartig. Die zerrissene Hauptdarstellerin ist dabei ein ganz eigenes Meisterwerk. Es ist faszinierend zu sehen, wie Claude ganz plötzlich ihre Persönlichkeit wechselt und von der scheinbar ruhigen, besonnenen jungen Dame zu einem aggressiven Monster mutiert, das mit schier unermesslichen Kräften das Personal der Anstalt attackiert. Weiterhin sehr interessant ist der gestörte Polizist, der sich der Sache annimmt und selber von schrecklichen Visionen geplagt wird. Auch er sieht vor sich das Bild des jungen, unbändigen Minotaurus und das grässliche Labyrinth, in dem er eingekerkert lebt. Doch die Zusammenhänge wollen einem trotz vieler offensichtlicher Anspielungen nie so ganz klar werden, und doch weiß man, dass dieser ungepflegte, bärtige Beamte in irgendeinem Zusammenhang zur Vergangenheit von Claude steht.
Am Ende fallen dann aber alle Puzzleteile zusammen und es ergibt sich ein Bild, das man eigentlich hätte erahnen müssen, das man aber trotz der deutlichen Vergangenheits-Rückblenden und Andeutungen, die Claude über ihre vielen Persönlichkeiten gemacht hat, nie so richtig wahrhaben möchte, weil es eben so unnatürlich scheint.
In dem Moment, in dem der Vorhang schließlich fällt, wird der Zuschauer dann ein letztes Mal gehörig verblüfft, versteht aber auch gleichzeitig, wie genial das Werk von Réne Monzar schlussendlich ist. "Dedales" ist ein Meisterwerk dieses Genres; stets fesselnd, beängstigend und über weite Strecken auch schockierend. Die düstere Atmosphäre, der komplizierte Aufbau und auch die Undurchschaubarkeit der Schlüsselfiguren - all das gehört nur zu einem riesigen, intelligenten Puzzle, das sich nicht so richtig zusammenfügen lassen will, am Ende aber zu begeistern weiß. Wer auf Filme wie "The 6th Sense" steht, muss dieses Werk schließlich auch gesehen haben.
Die DVD zu "Dedales" ist ebenfalls sehr stimming umgesetzt worden, Die bewusst blassen Farben erinnern zeitweise an das asiatische Kino, untermalen aber die beklemmende Grundstimmung dieses Films. Der Ton hingegen fällt durch einen sehr schönen Raumklang auf. Gerade in den Szenen, in denen die Psyche der Hauptdarstellerin näher beleuchtet wird bzw. Bilder aus vergangenen Tagen hochkommen, geht der Klang zutiefst unter die Haut und unterstützt ebenso wie das Bild die düstere Atmosphäre von "Dedales".
Bei den Extras muss man sich hingegen mit einem kurzen Making-of und dem Original-Trailer zufrieden geben.
Fazit: Sehr starker Film mit toller Besetzung und Gänsehaut-Garantie.
- Redakteur:
- Björn Backes