Kaal
- Regie:
- Soham Shah
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Abenteuer
- Land:
- Indien
1 Review(s)
12.11.2005 | 09:14Im Orbit-Nationalpark kommt es zu rätselhaften Todesfällen. Krish Thapar und seine Frau Riya werden beaufragt, der Sache auf den Grund zu gehen. Als sie am Ort des Geschehens auf eine Gruppe Jungendliche treffen, die es bei ihrem Wochenend-Trip auch dorthin verschlagen hat, und plötzlich einer nach dem anderen das Zeitliche segnet, nährt sich bei den Verbliebenen der Verdacht, dass die eigentlich als "Täter" ausgemachten Tiger vielleicht doch nicht hinter der ganzen Sache stecken. Und der wie aus dem Nichts auftauchende, mysteriöse Kali Pratap Singh scheint ähnlich zu denken …
Hier ein paar Eckdaten: Hochglanzoptik, vereinzelt Videoclip-Ästhetik, mehr oder weniger hübsche Darsteller, Horrorfilm. Was kann dabei nur herauskommen? Richtig. Totale Grütze. Und kein Film beweist dies eindrucksvoller als "Kaal". Dabei ist der Streifen eigentlich eine Parodie. Nicht etwa auf irgendein Genre oder gesellschaftliche Eigenheiten, sondern auf die Kunstform Film an sich. Charismatische Darsteller? Nicht nötig. Ausgefeilte Dialoge? Muss nicht sein. Innovative Ideen? Fehlanzeige. Eine fesselnde Geschichte? Selten so gelacht. Ich frage mich die ganze Zeit, für wie dumm die Macher dieser Zelluloid-Katastrophe ihr Publikum eigentlich halten müssen, wenn sie glauben, die Zuschauer bemerkten nicht, dass gerade ein paar völlig untalentierte Models durch eine klischeehafte, total vorhersehbare Story stolpern. Der einzige Zweck von "Kaal" bzw. Absicht von dessen Urhebern ist es, den Kinogängern irgendwie die Kohle aus dem Kreuz zu leiern, indem sie ihnen zusätzlich zum Eintrittsgeld auch noch belanglose Popmusik anzudrehen versuchen. Von der ätzenden Schleichwerbung im Film will ich gar nicht erst anfangen.
Vor allem im schauspielerischen Bereich ist "Kaal" dabei eine absolute Bankrotterklärung: Die männlichen Hauptdarsteller Vivek Oberoi und John Abraham haben genau zwei Gesichtsausdrücke: den coolen (oder das, was sie dafür halten) und den angestrengten. Beide spotten jeder Beschreibung. Und dann ist da zusätzlich noch Bollywoods Vorzeigebösewicht Ajay Devgan. Dieser hat sogar nur einen: den mysteriös-zwielichtigen – was wirklich für den einen oder anderen (nicht beabsichtigten) Lacher gut ist. Ganz im Ernst: Der mit Auszeichnungen dekorierte Schauspieler (immerhin bei den Filmfare Awards, der wichtigsten Preisverleihung für indische Produktionen) hat sich dem Niveau dieses Streifens gnadenlos angepasst. Und bei dem pseudo-bedeutungsschwangeren Blödsinn, den man ihm in den Mund gelegt hat, musste ich doch teilweise nach Luft ringen. Aua, aua! Aber noch viel schlimmer als die männliche Darstellerriege sind Lara Dutta und Eshea Deol: Beide sind generell völlig deplatziert, wobei Letztere eigentlich nur gut aussehen, verängstigt gucken und dabei wenig anhaben darf, während Erstere zusätzlich noch die sensationell beklopptesten und überflüssigsten Oneliner absondern muss, die ich – vor allem in dieser Häufigkeit – noch nicht mal in den dümmsten Hollywood-Teenie-Slashern je gehört habe. Sätze wie "Dev, alles in Ordnung?", "Bring mich ganz schnell weg von hier, Dev", "Dev, sei vorsichtig!" und "Dev, wir müssen endlich hier raus, hörst du?" (die Liste ließe sich noch erheblich verlängern) treiben mich jedenfalls echt in den Wahnsinn und Frauen wie Alice Schwarzer direkt zur Schusswaffe. Warum man solche "Rollen" annimmt, kann ich nicht nachvollziehen – Kohle und Präsenz im Filmbusiness hin, Talentfreiheit her.
Dass neben diesen dilettantischen Schauspieleinlagen die eigentlich nicht existente, schon tausendfach durchgekaute und schlichtweg beknackte Story fast noch das Beste an "Kaal" ist, sagt eigentlich alles. Und da dieses Machwerk ja darüber hinaus aus Indien kommt, gibt es auch die Bollywood-typische Tanzerei. Glücklicherweise wurde allerdings nicht versucht, diese in die banale Abenteuer-Mystery-Horror-Geschichte einzuflechten – dann hätte ich wahrscheinlich auch vor Lachen die Fernbedienung meines DVD-Players verschluckt; sie allerdings überhaupt ohne jegliche Verbindung zur Handlung zu verwenden und einfach als komplettes Musikvideo in der Titel- bzw. Endsequenz zu platzieren, unterstreicht nur ein weiteres Mal den Kommerzgedanken, der hinter diesem Film steckt.
Das mag sich jetzt alles in allem vielleicht so anhören, als ob "Kaal" – wenn er schon alle Merkmale vermissen lässt, die zumindest ich bei einem guten Film erwarte, doch wenigstens Trash-Unterhaltung allererster Güte bietet. Aber ich rate allen Fans von schlechten Streifen (zu denen ich mich selbst zähle) dringend davon ab, sich diese Gurke zu Gemüte zu führen. Da der ganze Film total ohne Charme inszeniert ist und die Darsteller (allen voran Vivek Oberoi und John Abraham) dermaßen unsympathisch sind, vergeht einem der Spaß am Dilettantischen nämlich ganz schnell.
Unterm Strich ist es sicherlich so, dass "Kaal" von einem Großteil der Bollywood-Produktionen abweicht, da er vor allem nur wenige familientaugliche Elemente enthält, und deshalb finanziell ein etwas risikoreicheres Unterfangen für die Macher darstellt. Das erklärt vielleicht auch den erdrückenden kommerziellen Aspekt, entschuldigt diesen aber noch lange nicht. Und qualitativ rangiert der Film – auch im Vergleich zu anderen indischen Produktionen – sowieso ganz, ganz unten. Tut weh!
- Redakteur:
- Oliver Schneider