Killer Barbys vs. Dracula
- Regie:
- Jess Franco
- Jahr:
- 2002
- Genre:
- Komödie
- Land:
- Deutschland / Spanien
- Originaltitel:
- Killer Barbys vs. Dracula
1 Review(s)
23.10.2003 | 21:04Was erwartet man von einem Film mit den KILLER BARBIES, deren Erscheinen im Film auch noch vollmundig im Titel desselben angekündigt wird? Erinnerungen an drittklassige Filmchen, die irgendwelchen Musikern als Star-Vehikel dienen sollten, werden wach. Und wenn dann noch der Name "Jess Franco" auf dem Bildschirm erscheint, ist die Hälfte aller Filmfans schon in die Flucht geschlagen, die andere wird aber erst recht hellhörig. Schließlich genießt Jess Franco nicht zu Unrecht unter Trashfilm-Fans den Ruf eines Kult-Regisseurs.
Die spanische Punkrock-Band KILLER BARBIES gastiert für einige Auftritte in einem Vergnügungspark. Obwohl sich dort allerhand merkwürdige Gestalten wie die belgische Reporterin Katja (Katja Bienert), der lüsterne Manager Pepe Morgan (Aldo Sambrell) und ein alternder Dracula-Darsteller (Peter Martell) tummeln, geht es abgesehen von den Auftritten der KILLER BARBIES eher ruhig zu. Eines Tages erscheint die transylvanische Kulturministerin (Lina Romay) mit der Mumie des echten Grafen Dracula im Schlepptau, den sie zu Werbezwecken durch die Gegend karrt. Als die KILLER BARBIES dann auf der Bühne ihren Song 'Wake Up' zum Besten geben, passiert eben dies und Dracula erwacht aus seinem Tiefschlaf. Von nun an wildert er unter den Besuchern des Freizeitparks und ist wie besessen hinter Silvia Superstar, der Frontfrau der KILLER BARBIES, her. Um zu retten, was noch zu retten ist, ruft man Dr. Seward (Dan von Husen) zu Hilfe, der dem Treiben des Grafen Einhalt gebieten soll. Dazu ist es aber notwendig, dass sich Silvia als Lockvogel zur Verfügung stellt.
Mit seinen weit über 150 Filmen wie "Vampyros Lesbos" (1971), "Necronomicon – Geträumte Sünden" (1968), "Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu" (1969) und der "Jack the Ripper"-Verfilmung mit Klaus Kinski von 1976 konnte sich der spanische Regisseur Jess Franco vor allem in den 60er und 70er Jahren in einem kleinen Kreis von Filmfans als Kultfigur etablieren. Abgesehen von ein paar Glückstreffern finden sich in seiner umfangreichen Filmographie zwar keine überragenden Meisterwerke, aber der unvergleichliche Charme seiner mit billigsten Mitteln innerhalb kürzester Zeit heruntergekurbelten Filme vermag es trotzdem, ein Leuchten in die Augen jedes Trashfilm-Fans zu zaubern.
In seiner nunmehr über 40jährigen Kinolaufbahn versuchte er sich an so ziemlich allen populären Genres vom Horrorfilm über den Kriminalfilm bis hin zur Hardcore-Pornographie, kehrte aber immer wieder zum erotischen Vampirfilm zurück. So auch mit "Killer Barbys vs. Dracula", in dem er die wohlgeformte Sängerin der KILLER BARBIES den scharfen Beißerchen eines Vampirs gegenüberstellt.
Dabei gibt er sich allerdings recht zahm und setzt im Gegensatz zu seinen älteren Filmen weder auf nackte Tatsachen noch auf übertriebene Gewaltdarstellungen. Ansonsten kriegt man aber alles, was man von einem Jess Franco erwartet: eine trashige Nonsens-Story, eine merkwürdige Kameraführung mit übermäßigem Gebrauch der Zoom-Funktion und allerhand außergewöhnliche Einfälle. Auch gibt es ein Wiedersehen mit vielen Bekannten aus seinen Filmen: zumindest Lina Romay, die vor allem in den 70ern ihren nackten Körper für Erotik-Produktionen aus der Produzentenschmiede Erwin C. Dietrichs zur Verfügung stellte, sollte eigentlich jedem Jess Franco-Fan ein Begriff sein, aber auch Peter Martell, Dan von Husen, der langjährige Gefährte von Sergio Leone und Italo-Western-Darsteller Aldo Sambrell und Katja Bienert, die Anfang der 80er in Billig-Sexfilm-Klassikern wie "Lolita am Scheideweg" (1980) und "Schulmädchen-Report 13" (1980) mitwirkte, sind in der Hinsicht keine Unbekannten.
Auch nicht gerade unbekannt ist Bela B. Felsenheimer, der Drummer der ÄRZTE, der hier in einer kleinen, aber auch unbedeutenden Rolle zu sehen ist. Dafür steuert er die drei ÄRZTE-Songs 'Der Graf', 'Dein Vampyr' und 'Mystery Land' zum Soundtrack bei, der ansonsten aus den KILLER BARBIES-Stücken 'Wake Up', 'Mil Disparos', 'Soy Mala' und dem IGGY POP-Cover 'Candy' besteht.
Dass das schauspielerische Niveau des Films bei einer derartigen Zusammensetzung aus Laien, dritt- und zweitklassigen Schauspielern nicht über den Durchschnitt hinausgehen kann, dürfte klar sein, aber den meisten Darstellern sieht man es deutlich an, wie wohl sie sich in ihren skurrilen Rollen fühlen. Diese Skurrilität sorgt neben der Erheiterung für den Zuschauer auch für den netten Nebeneffekt, dass die Figuren so überdreht sind, dass kaum eine allzu stereotyp erscheint. Das trifft allerdings nicht auf die KILLER BARBIES zu, die eigentlich viel zu gewöhnlich für diesen Film sind. Wenn allerdings eine Diskussion zwischen der Kulturministerin aus Transylvanien und dem heruntergekommenen Dracula-Darsteller beginnt, wer denn nun der echte Dracula sei, der Murnausche "Ur-Dracula" Nosferatu oder der Dracula der Universal Studios, sind solche Unzulänglichkeiten erst mal vergessen (Franco hat seinen "echten" Dracula übrigens an Nosferatu angelehnt). Und auch wenn der Millionär Pepe Morgan in seinen Tagträumen seinen bizarren Piraten-Song anstimmt, sorgt das immer wieder für ein breites Grinsen auf meinem Gesicht.
Das alles kann aber die Längen des Films nicht verhehlen, die spätestens dann einsetzen, wenn der echte Dracula auf Beutejagd geht und vollkommen uninspiriert gezeigt wird, wie er nach und nach den ganzen Protagonisten in den Hals beißt. Richtig rund geht es dann allerdings wieder, wenn die Jagd auf den Grafen eröffnet wird. Dann nämlich dreht Franco wieder auf, setzt auf unsachgemäßen Gebrauch von Digitaleffekten und knüpft mit wilden Farbspielereien an seine psychedelischen Zeiten an. Von da ab gibt es auch beim Zuschauer kein Zurückhalten mehr: Entweder er schaltet genervt ab oder er amüsiert sich über die nun einsetzenden filmischen Absurditäten.
Ungewöhnlich ist auch noch, dass Franco sich hier für seine Verhältnisse überdurchschnittlich oft an freiwilliger Komik versucht, was freilich meist schief geht, aber dennoch oder gerade deswegen für Erheiterung sorgen kann. Zusammen mit den unfreiwillig komischen Szenen ergibt sich somit ein hübscher Cocktail für die Trashfilm-Fangemeinde.
Trotz einiger Längen und vieler filmischer Unzulänglichkeiten ist "Killer Barbys vs. Dracula" trotzdem eine lohnende Anschaffung für Fans von Trashfilmen allgemein und denen von Jess Franco im Besonderen. Auch Fans der KILLER BARBIES können einen Blick riskieren, wenn sie dieses Review nicht abgeschreckt hat. Alle anderen sind wohl bei konventionelleren Filmen besser aufgehoben.
Polyband hat den Film auf einer DVD herausgebracht, die neben einem nicht anamorphen, aber dennoch guten Bildtransfer und englischer und deutscher Tonspur auch einige Extras zu bieten hat. So gibt es eine leider unkommentierte Behind the Scenes-Dokumentation, eine Bildergalerie zu Jess Franco-Filmen und den Synchronarbeiten, das recht gelungene Musikvideo zu 'Candy' und umfangreiche Texttafeln mit Bio- und Filmographien der beteiligten Filmschaffenden.
- Redakteur:
- Andreas Fecher