2009 - Lost Memories
- Regie:
- Si-Myung Lee
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Science-Fiction
- Land:
- Süd-Korea
- Originaltitel:
- 2009 Lost Memories
1 Review(s)
30.09.2003 | 09:17Warum das asiatische Kino vielerorts belächelt wird, ist mir schleierhaft; klar, irgendwelche Karate-B-Movies, in denen Leute über der Erde schweben, oder auch die 149.Auflage irgendeines Godzilla-Streifens sind sicherlich alles andere als spannend - es sei denn, man liebt diese Materie der Filmgeschichte.
Leider wird aber oft übersehen, dass es eine ganze Reihe cineastischer Leckerbissen gibt, die dem Hollywood-verwöhnten westlichen Publikum bisher verborgen geblieben sind. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist der Science-Fiction-Action-Kracher "2009 - Lost Memories" von Regisseur Si-Myung Lee, der dem spektakulären amerikanischen Markt in allen Belangen Paroli bieten kann und gekonnt pralle Action mit dem ureigenen Charme des asiatischen Films verbindet.
"2009 - Lost Memories" beginnt im Jahre 1909, genauer gesagt am 26.Oktober, in China, bei dem der koreanische Staatsmann Ito Hirobumi von einem Attentäter namens An Chung-Gun erschossen wird - so zumindest hat es sich vor knapp 100 Jahren tatsächlich abgespielt. In diesem Film jedoch kann der Anschlag verhindert werden und führt anschließend dazu, dass sich die ganze Weltgeschichte gravierend ändert.
Die Historie wird so verändert, dass Japan durch einen finalen Atombomben-Anschlag auf Berlin den zweiten Weltkrieg gewinnt, zu einem permanenten Mitglied im UN-Sicherheitsrat wird und das gesamte Korea an sich reißt. Die olympischen Spiele 1988 sind folglich nicht in Seoul sondern in Nagoya und auch das andere sportliche Großevent, die Fußballweltmeisterschaft 2002, wird infolge dessen nur von Japan ausgetragen.
Nach dieser aus heutiger Sicht beängstigen Einleitung beginnt der Film in Seoul des Jahres 2009. Bei einem Festbankett der Inoue-Stiftung starten koreanische Freiheitskämpfer einen blutigen Angriff auf die Gesellschaft, welcher von der japanischen Polizei, dem JBI (Japanese Bureau of Investigation), brutal zerschlagen wird und auf beiden Seiten zu erheblichen Verlusten führt. Die Mitglieder der koreanischen Rebellen, der sogenannten Hureisenjin, werden dabei alle umgebracht.
Verantwortlich für diesen mehr oder minder erfolgreichen Eingriff sind die beiden Top-Agenten Masayuki Sakamoto (Jang Dong-Gun) und Shojiro Saigo (Toru Nakamura), welche eine Spezialeinheit der Polizei anführen.
Bei den darauffolgenden Ermittlungen ist den beiden zunächst unklar, warum die Terroristen dieses Bankett gestürmt und erst gar nicht versucht haben, wertvolle Kunstschätze zu stehlen. Erst später entdeckt Sakamoto auf einem Foto, dass man es auf einen bestimmten Gegenstand aus der Sammlung der Inoue-Stiftung abgesehen zu haben scheint. Doch als die Cops sich diesen Gegenstand noch mal genauer ansehen wollen, kommen sie bereits zu spät, da die gesamte Stiftung geräumt wurde.
Der Transport, der alle geretteten Objekte aus der Kunstsammlung an einen sicheren Ort bringen soll, wird erneut von Rebellen überfallen und es kommt zu weiteren blutigen Schießereien, in welche auch Saigo und Sakamoto eingreifen. Bei diesem Schusswechsel kommt es zu einer ersten Wendung. Sakamoto steht einer Frau gegenüber, die er in verschiedenen gedanklichen Visionen vor sich gesehen hat, die immer wieder in seinen Kopf zurücksteigen. Keiner der beiden wagt es, den anderen zu erschießen und die Freiheitskämpfer können ohne Gegenwehr der Polizisten fliehen.
Dabei entführen die Terroristen ein Kunstobjekt, dass wie ein Halbmond aussieht und die in Fachkreisen die Mondseele genannt wird. Wie sich nachher herausstellt, versuchen koreanische Freiheitskämpfer schon seit 25 Jahren, diesen Halbmond sowie einen großen Stein (dem Tempelfels) in ihren Besitz zu bekommen. Bei einem Versuch aus dem Jahre 1985 ist dabei Sakamotos Vater Macao, ebenfalls Polizist, ums Leben gekommen, als er die Japaner verraten und den Anschlag der Koreaner unterstützt hat.
Sakamoto, selber Koreaner, kommt nach weiteren Ermittlungen zu dem Schluss, dass die Inoue-Stiftung bzw. deren Besitzer selber in diese Anschläge verwickelt ist und begibt sich ohne Zustimmung seines Bosses in deren Hauptsitz, woraufhin er von der Dienststelle suspendiert wird. Von dort an leidet auch sein Verhältnis zu seinem Partner und Freund Saigo, der immer mehr zu seinem Gegenspieler avanciert. Inzwischen stößt Sakamoto bei weiteren Nachforschungen auf das Hauptquartier der Rebellen und trifft deren Anführerin, der er kurze Zeit vorher noch Auge in Auge gegenüberstand.
Nach diesem Treffen sitzt Sakamoto in seiner Wohnung mit dem Bruder seines Vaters zusammen und unterhält sich über die bisherigen Geschehnisse, bis ein Eindringling hinzustößt und versucht, Sakamoto zu töten. Stattdessen fällt aber der Onkel dem Attentat zum Opfer und Sakamoto schafft es im Anschluss nicht, den Mörder zu überrumpeln. Als er von der Polizei mit der Tatwaffe aufgefunden wird, nimmt diese ihn fest und verdächtigt ihn des Mordes.
Es stellt sich heraus, dass die ganze Geschichte nur eine Intrige ist, um Sakamoto aus dem Weg zu schaffen, denn auch manche Polizisten scheinen einigen Dreck am Stecken zu haben und Sakamoto war kurz davor, diesen öffentlich zu machen.
Als ihm schwerverletzt die Flucht gelingt, siedelt er zu den koreanischen Freiheitskämpfern über und erfährt dort die gesamte Wahrheit über die Mondseele und den Tempelfels, mit denen man die Möglichkeit hat, zurück in die Vergangenheit zu reisen, was sich der Besitzer von Inoue zu Eigen gemacht hat und so 1909 den Mord verhindern konnte, der schlussendlich dazu führte, dass Korea seine Unabhängigkeit verlor.
Es entwickelt sich ein spannender Wettlauf mit der Zeit, bei dem auf der einen Seite Sakamoto mit seinen koreanischen Landsmännern die Mondseele mit dem Tempelfels verbinden will, um so die Geschehnisse in der Vergangenheit wieder gerade zu rücken, und auf der anderen Seite Saigo als Beauftragter des japanischen Staates Sakamoto aufhalten soll, damit Japan seine Vormachtstellung behalten kann.
"2009 - Lost Memories" zeichnet sich besonders durch viele tolle Spezialeffekte aus, sei es bei den zahlreichen Schiessereien oder den vielen in Zeitlupe dargestellten Szenen. Die beiden Hauptcharaktere legen eine schauspielerisch hochklassige Leistung hin, wobei gerade Nakamuras Rolle alles andere als klar erscheint, da dessen Charakter immer wieder hin- und hergerissen ist.
Obwohl der Film mit 135 Minuten Überlänge besitzt, entstehen keine Längen, da sich immer wieder neue überraschende Wendungen auftun, die das Geschehen komplett umschmeißen und schließlich zu einem atemberaubenden, bewegenden Finale führen.
Freundschaft, Gerechtigkeit, Brüderlichkeit, Patriotismus, aber auch fanatischer Nationalismus sind die Attribute, die von "2009 – Lost Memories" perfekt übermittelt werden, um diesem Film zu einem furiosen Spektakel mit Action und Science-Fiction-Elementen zu machen und der westlichen Welt einen Fingerzeig zu geben, zu welch gelungenen Produktionen die asiatische Filmindustrie im Stande ist.
Die DVD-Version enthält neben der Wahl von koreanischer und deutscher Sprache (und Untertiteln) einen Dolby Digital 5.1 Sound, der leider nicht in allen Belangen wuchtig klingt. So hätte man sich zum Beispiel beim anfänglichen Waffenduell ein bisschen mehr `Krach´ gewünscht.
Als Zusatz gibt es noch eine ganze Bonus-DVD, die prall gefüllt ist mit Making Of, Videoclip, Trailern und Szenen vom Drehort und die die dreijährige Pre-Production-Phase ebenso beleuchtet wie die neunmonatigen Dreharbeiten in Japan, Korea und China. Einziges Manko ist die fehlende Option von Untertiteln, so dass man dem gedanklichen Werdegang des Regisseurs und der Schauspieler im Extra-Teil nicht wirklich folgen kann.
Schade drum, denn ansonsten erfüllt dieser Streifen die Erwartungen, welche man auf der Rückseite suggeriert, wo geschrieben steht "Ein Stakkato genialer Stunts und Shootouts". Dem kann ich mich nur anschließen und den Film wärmstens weiterempfehlen, wobei zu beachten ist, dass eine Altersfreigabe erst ab 18 besteht.
- Redakteur:
- Björn Backes