Typ vom Grab nebenan, Der
- Regie:
- Kjell Sundvall
- Jahr:
- 2002
- Genre:
- Komödie
- Land:
- Schweden
- Originaltitel:
- Grabben I Graven Bredvid
1 Review(s)
06.04.2005 | 08:25Ich bin eigentlich kein großer Freund von Liebesfilmen, zumindest nicht von der Hollywood-Variante, bei der die Story und das Ende eh jedes Mal vorhersehbar sind. Insofern war ich zumindest neugierig auf die schwedische Variante von Kjell Sundvall, der ein Bestseller-Roman von Katarina Mezetti vorausgegangen ist und die, so versprach es das Backcover, mal eine ganz andere Lovestory aufbietet. Und wie sich nachher herausstellen sollte, war die angebrachte Neugier völlig berechtigt ...
Story:
Desiré lebt alleine in der Stadt und fristet ein eher langweiliges Leben. Dieses besteht aus ihrem Job in der Bücherei, der Gesellschaft ihrer intellektuellen Freunde und den Besuchen ihrer senilen Mutter. Sie trinkt Espresso in ihrer Designerwohnung und träumt von der großen Liebe. Manchmal fährt sie auch an den Stadtrand, um das Grab ihres verstorbenen Mannes zu pflegen und sich an die Vergangenheit zu erinnern, die in ihrer Ehe nicht immer so besonders gewesen war. Eines Tages trifft sie auf dem Friedhof am Grab ihres Mannes Benny. Die beiden schauen sich kurz in die Augen und lächeln sich an, mehr passiert jedoch nicht - bis Benny entdeckt, dass Desiré ihren Hut unterwegs verloren hat und sie bei der Rückgabe kurz näher kennen lernt. Von da an geht alles ganz schnell; einem weiteren Treffen folgt eine heiße Nacht und schnell haben sich die beiden gegensätzlichen Typen ineinander verliebt. Doch Desiré ist sich nicht ganz sicher, ob sie Benny wirklich in einer dauerhaften Beziehung haben möchte, schließlich ist Benny Landwirt und nicht gerade der Typ, der in Desirés Freundeskreis eine gute Figur abgeben würde. Diese Unentschlossenheit stellt das Verhältnis der beiden alsbald auf eine harte Probe, bei der Benny schließlich selber die Notbremse zieht.
Bewertung:
"Der Typ vom Grab nebenan" ist ganz klar eine etwas andere Liebesgeschichte und dennoch mitten aus dem Leben gegriffen. Vor allem die beiden Hauptdarsteller Elisabeth Carlsson und Michael Nyqvist scheinen sich in ihrer Rolle sehr wohl zu fühlen und strahlen einen direkten Bezug dazu aus bzw. sie können sich klar mit der Position des Landwirts und der Rolle als Intellektuelle identifizieren.
Kjell Sundvall's Geschichte ist trotzdem ein wenig chaotisch aufgebaut, weil sich die Gefühle der beiden zueinander immer wieder (zu oft?) ändern und das Wechselbad der Gefühle für meinen Geschmack ein wenig übertrieben dargestellt wird.
Aber andererseits ist gerade dieses ständige Hin und Her der Knackpunkt der Story; Desirés verstorbener Mann war Biologe, ergo erwartet sie von ihrem neuen Lebensgefährten, dass auch er eine angesehene Stellung bekleidet - eine Stelle, die Benny nun mal nicht inne hat. Trotzdem fühlt sie sich zu dem schlichten, liebevollen Bauern hingezogen und gerät schließlich in einen Gewissenskonflikt zwischen inneren Werten und der oberflächlichen Ausstrahlung ihres Geliebten.
"Der Typ vom Grab nebenan" lebt dabei vor allem vom gewandten Wortwitz der beiden Hauptdarsteller und einer immer wieder auftretenden Situationskomik, weshalb der Film auch ganz klar nicht in die Kategorie "Drama" einzuordnen ist. Nichtsdestotrotz wird hier auf phasenweise dramatische Weise und sehr detaillverliebt gezeigt, welchen Stellenwert Vorurteile in der Gesellschaft haben und wozu es führen kann, wenn man sich von diesen leiten lässt, seinen eigenen Gefühlen indes aber keine Chance gibt - und das keinesfalls plakativ! Benny und Desiré sind Menschen wie du und ich, ganz normale Leute, jedoch mit viel Charme. Das macht die ganze Sache so außergewöhnlich, aber auch so sehenswert und schließlich zu einem der wenigen momentan grassierenden Liebesfilme. Und für die Statistiker: der Streifen hat immerhin eine Million Schweden ins Kino gelockt, und ich weiß jetzt auch, warum. "Der Typ vom Grab nebenan" macht Spaß und berührt - eben deswegen, weil es auch eine Geschichte über die eigene Person sein könnte ...
Der Vergleich zu Hollywood ist auch bei der Aufarbeitung der DVD angebracht. Statt megascharfem Bild glänzt die schwedische Variante mit einem sauberen, aber doch der Atmosphäre angepassten, natürlichen visuellen Erscheinungsbild, soll heißen, dass der Kuhstall genauso aussieht, wie er auch in natura ausschaut. Ein Plus bekommt dazu der Sound, bei dem im Hintergrund recht viel passiert, was man beim oberflächlichen Zusehen gar nicht bemerkt, der Grundstimmung als solcher aber ungeheuer zugute komme, sei es nur ein leises Rascheln, eine leichte Windböe oder dergleichen. Außerdem ist die Musik ein echter Wohlgenuss.
Schade nur, dass es keine zusätzlichen Extras gibt, denn als Laie des skandinavischen Films hätte ich für meinen Teil hier gerne mehr gesehen. Aber den sehr positiven Eindruck und die Feststellung, dass doch nicht alle Liebesgeschichten nach Schema F funktionieren, trage ich nach dem Anschauen von "Der Typ vom Grab nebenan" auf jeden Fall weiter mit mir.
- Redakteur:
- Björn Backes