Steppenwolf, Der
- Regie:
- Fred Haines
- Jahr:
- 1974
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA/ F/ CH
1 Review(s)
30.03.2005 | 08:49Als Sonderling inmitten der 20er Jahre in Deutschland zu leben, ist eher wenig erregend. Diese Erfahrung muss zumindest Harry Haller (Max von Sydow) machen, die Hauptfigur in Hermann Hesses Kult-Roman "Der Steppenwolf" und der gleichnamigen Literaturverfilmung von Regisseur Fred Haines. Der Charakter Harry Haller spielt darin die Sorte Mensch, die sich mit nichts zufrieden gibt. Besonders die gutbürgerlichen Gepflogenheiten seiner Zeit verachtet er, umso mehr, als er auch Teil dieser Welt ist und keine Möglichkeit zum Ausbrechen sieht. Gleichwohl frisst in ihm die Sehnsucht, nicht ganz allein durch die Welt zu wandeln, er sucht nach Liebe, nach Harmonie. In der heutigen Zeit wäre Harry Haller also entweder Gruftie, Punk oder Metalhead geworden, in den Zwanzigern schlittert er aus Mangel an rebellischen Subkulturen in eine existenzielle Krise und fühlt sich als einsamster Mensch auf dem Planeten, denkt sogar schon über Selbstmord nach. Als er den Entschluss zum Suizid an seinem 50. Geburtstag gefasst hat, begegnet ihm die Edelhure Hermine (Dominique Sanda), sie führt ihn ein in ihre schillernde Welt aus Drogen, Glitter, Frauen - und dem so genannten magischen Theater, einer Art psychedelischem Seelenspiegel. Nur eine Bedingung stellt Hermine dafür, dass sie Harry aus seiner Einsamkeit befreit: "Du wirst jedem Befehl gehorchen, den ich dir gebe, bis zum letzten: Du wirst mich am Ende töten ..."
Die Romanvorlage von Hermann Hesse war ein Kultbuch für Jugendliche vieler Generationen, denn der Held Harry Haller liebt die Freiheit und durchleidet viele Probleme, die nicht gänzlich angepasste Menschen auch heute noch kennen. Doch der Versuch scheitert, aus diesem Stoff einen Film zu machen. Denn Hesses Roman konnte durch seinen besonderen Blick auf existenzielle Fragen des menschlichen Lebens seine Leser begeistern, nicht durch eine ausgefeilte und spannende Story. Regisseur Fred Haines begeht jedoch den Fehler, sich gerade auf die Geschichte des Buches zu konzentrieren, die eigentlichen Botschaften des Hesse-Werks bleiben dabei auf der Strecke. So lässt Haines seine Hauptfigur Haller zum Beispiel durch sureale Comic-Hintergründe schreiten, die für die Traumbilder des "Magischen Theaters" stehen sollen. Doch bleiben diese Versuche zweidimensional, vermitteln zu keiner Zeit das Gefühl eines Drogenrauschs. Dies mag an der beschränkten Filmtechnik zur Zeit der Entstehung von "Der Steppenwolf" 1974 liegen, doch zweifellos würde so eine Art von "Kunst"-Streifen auch mit dem heutigen Know-How nicht funktionieren. Denn dieser Literaturverfilmung fehlt das dramaturgische Rezept, sich von seiner bedeutungsschweren Vorlage zu lösen und die Botschaft des "Steppenwolfs" von Selbstfindung sowie von der Versöhnung mit der Welt und dem Leben in anderer Weise zu vermitteln. Dazu kommt, dass die DVD-Bearbeitung nicht wirklich toll gelungen ist, besonders im Ton gibt es Schwächen. So wirkt Fred Haines Werk trotz der guten Schauspieler, der interessanten Kameraperspektiven und der zum Teil hochpsychedelischen Filmmusik heutzutage seltsam fremd, unnahbar und deshalb kaum so visionär wie die berühmte Romanvorlage ...
- Redakteur:
- Henri Kramer