Penetration Angst - Fick mich und Du bist tot
- Regie:
- Wolfgang Büld
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Erotik
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- Penetration Angst
2 Review(s)
31.07.2005 | 06:55Bei den bekannteren Filmen von Regisseur Wolfgang Büld dürfte es sich um seine seichten Komödien wie "Manta, Manta" (1991) und "Go Trabi Go 2" (1992) handeln. Dabei waren derartige Filme durchaus nicht solche, die er sich zu Beginn seines Filmeschaffens vorgestellt hätte. Schon sein erster Film war auch in einer deutlich anderen Ecke angesiedelt: Bei "Punk in London" von 1978 handelte es sich um eine Dokumentation oder - wohl besser – Bestandsaufnahme der damals noch sehr jungen Punk-Szene, der er auch angehörte. Seinen weiteren Musik-Dokumentationen folgte dann der NDW-Film "Gib Gas – Ich will Spaß!" (1983) und irgendwie war Büld daraufhin bald auf typisch deutsche Komödien wie die zuvor genannten festgelegt. Seine eigenen Vorlieben lagen aber wohl immer eher beim Exploitation-Film und so kehrte er schließlich der deutschen Filmlandschaft den Rücken, um in Großbritannien den Film "Penetration Angst" zu verwirklichen.
Helen (Fiona Horsey) hat ein kleines Problem: Ihre Vagina hungert nach Männern. Und das ist nicht nur in einem übertragenen Sinne, sondern durchaus wörtlich gemeint. Denn schon beim ersten Sex mit ihrem Freund, der ihr auf brutale Weise die Unschuld raubt, wird der Penetrierende von dem penetrierten Organ vollständig verschluckt. Dem Gynäkologen, den Helen wegen dieser Sache aufsucht, ergeht es auch nicht anders: Als er Helen betäubt und sich an ihr vergeht, wird auch er Opfer des gefräßigen Geschlechtsorgans. Daraufhin reist Helen nach London, wo sie sich als Prostituierte verdingt, um nun so auf unkomplizierte Weise den Hunger ihrer Vagina stillen zu können.
Zurück bleibt Dennis (Paul Conway), der in Helen verliebt ist, sie aber nie für sich gewinnen konnte. Bei einem Trip nach London lernt dieser das siamesische Zwillingspärchen Sonia und Silvia (Beth und Amy Steel) kennen und beginnt eine Affäre mit Silvia, die sich als schwierig erweist, weil diese ja im wahrsten Sinne des Wortes untrennbar mit Sonia verbunden ist. Doch der Versuch von Dennis, die beiden mit Gewalt voneinander zu trennen, endet in einer Katastrophe.
Eine männermordende Vagina, Sex mit siamesischen Zwillingen, ein sonnenverbrannter Penis, ein bisschen Gewalt und Blut und dann noch ein wenig Bondage, dazu allerlei abstruse Charaktere, das sind die Bestandteile von "Penetration Angst" und daran lässt es sich schon erkennen, dass Wolfgang Büld mit allerhand aufwartet, um seinem Teenie-Komödien-Image zu entfliehen und auf das weite Exploitation-Feld vorzudringen, auf dem sich Regisseure wie Jess Franco, John Waters und natürlich auch Russ Meyer tummeln. Doch schafft er es auch, deren Klasse zu erreichen?
Die Story ist zunächst mal herrlich schräg und wimmelt nur so von bizarren Einfällen und Ideen. Bei genauerer Analyse wirkt vieles zwar lächerlich, aber das macht durchaus auch den Spirit einer echten Exploitation-Produktion aus. Und dass Büld die Chancen, sich ernsthafter mit der weiblichen Sexualität und der Bedeutung und Stellung der Vagina in der heutigen Gesellschaft zu beschäftigen, die anhand der Thematik durchaus möglich gewesen wären, nicht nutzt, dürfte den Genre-Fan wohl auch nicht weiter stören. Wer auf tiefschürfende Vaginal-Abhandlungen steht, der greift ohnehin eher zu entsprechenden Arthaus-Filmen wie Catherine Breillats "Anatomie de l'enfer" (2004).
Die Grundvoraussetzungen sind schon mal bestens. Bei der tatsächlichen Umsetzung gibt es aber dann doch ein paar Kritikpunkte. Zunächst einmal empfinde ich den Film als zu bieder und brav, um sich zu einem echten Exploitation-Knaller entwickeln zu können. Dass man die eigentliche 'Hauptdarstellerin' des Films, nämlich Helens Vagina, niemals zu Gesicht bekommt, ist in der Hinsicht noch am ehesten zu verschmerzen; schließlich handelt es sich hierbei ja nicht um einen Porno-Film (auch wenn ich die Gleichung "Zeigen von primären weiblichen Geschlechtsorganen = Pornographie" weder für richtig noch für nachvollziehbar halte).
Schlimmer fällt allerdings ins Gewicht, dass die Sexszenen ziemlich durchschnittlicher Softcore-Standard sind, die nur selten durch bizarre Ideen aufgewertet werden, und dass der Film – von wenigen Szenen abgesehen – sehr blutleer daher kommt. Wer also einen überschäumenden Cocktail aus Sex und Gewalt erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein. Wer allerdings einen Film mit kruder Atmosphäre und seltsamen Personen und Begebenheiten erwartet, der vieles lieber der Phantasie des Zuschauers überlässt, der dürfte an "Penetration Angst" schon eher seine Freude haben.
Handwerklich ist der Film auf jeden Fall auf gutem Genre-Niveau. Da merkt man dem Regisseur schon an, dass er schon länger auch beim professionellen und kommerziellen Film tätig war, so dass man sich hier nicht mit nervigen Regiefehlern und –nachlässigkeiten im Stile eines Jess Franco rumärgern muss. Und dass ein solcher Film durchaus nicht mit großem Budget aufwarten kann und deshalb ein wenig billig wirkt, ist in dem Genre durchaus auch nicht unüblich. Wirklich störend macht sich das auch nur bei einem CGI-Effekt bemerkbar, der bei einer Explosion eingesetzt wird. Andererseits sorgt das auch wieder für einen gewissen Trash-Faktor.
Die Darsteller gehen auch in Ordnung. Denn auch wenn sie etwas hölzern rüberkommen, sind sie so sympathisch, dass man ihnen das gerne verzeiht. Und auch für den nötigen Witz ist gesorgt, vor allem in den Dialogen zwischen Sonia und Silvia. Allerdings finde ich die deutsche Synchronisation total misslungen und empfehle dringend, den Film im englischen Original zu betrachten. Der Soundtrack besteht übrigens aus Stücken von unter anderem LACUNA COIL und TIAMAT, die sich aber eher unauffällig in den Film einfügen.
Trotz der etwas biederen Inszenierung kann "Penetration Angst" durch eine skurrile Story und viele herrlich schräge Ideen punkten. Zwar darf man keinen übermäßigen Anteil an expliziten Splatter- und Sex-Szenen erwarten, aber Freunde des exploitativen Films, die mehr Wert auf eine schräge Atmosphäre als auf vordergründige Effekte legen, dürften trotzdem ihre Freude mit dem Film haben.
Die deutsche DVD von Epix Media präsentiert den Film im Widescreen-Format und hält Sprachspuren sowohl des englischen Originals als auch der (misslungenen) deutschen Synchronisation bereit. Als Extras gibt es neben Trailern ein interessantes filmisches Dreh-Tagebuch vom Regie-Assistenten Dirk Kühsel.
- Redakteur:
- Andreas Fecher
Helen (Fiona Horsey) könnte eigentlich ein glückliches Mädchen sein: Sie ist jung, sie ist klug, sie sieht umwerfend gut aus. Und doch: Sie hatte noch nie Sex, fühlt sich verklemmt. Am Anfang des Streifens "Penetration Angst" reicht es einem ihrer Verehrer, er versucht sie zu vergewaltigen. Doch als er sein bestes Stück in Helen steckt, löst sich der Heißsporn plötzlich in Luft auf, zurück bleiben seine Kleider. Kurz darauf geht es ihrem perversen Frauenarzt nicht besser, als dieser versucht sich an Helen zu vergehen. Langsam beginnt sie es zu ahnen: Ihr Vagina ist eine hungrige Killerin, die sogar deutlich vernehmbar ihre Wünsche artikulieren kann: "Feeeeeed Meeeee!" In diese neue Situation platzt ihr naiver und etwas weltfremder Kumpel Denis (Paul Conway), der Helen schon sein ganzes Leben lang liebt. Als sie ihn zurückweist, begibt sich Denis in die Unterwelt Londons und versucht dort sein Glück zu finden. Helen bestreitet derweil ihren Lebensunterhalt als Callgirl und verschlingt einen Mann nach dem anderen...
Was will uns "Penetration Angst"-Regisseur Wolfgang Büld (u.a. "Go Trabi Go", "Manta Manta") mit dieser Geschichte erzählen?! Das ist auch nach den 90 Minuten Film nicht ganz klar. Eine Möglichkeit wäre, dass er einfach eine Film über die Urangst des Mannes machen wollte. Oder aber, er möchte davor warnen, nicht gleich mit jeder frisch angeflirteten Frau ins Bett zu hüpfen. Doch das wäre zu einfach, dazu ist "Penetration Angst" zu abgedreht. Die beiden Hauptfiguren treffen auf ihren parallelen und von Fleischeslust geprägten Wegen durch Londons Undergroundszene auf eine ganze Armada gestörter Charakter; von Bondage-Fetischisten bis hin zu abgewrackten Frauen-Aufreißer ist kein Klischee zu schade, nicht in "Penetration Angst" verbraten zu werden. Denis verliebt sich zudem in eine von zwei siamesische Schwestern: Er ist auf die Lesehungrige der Beiden scharf, weil sie wie er für die schönen Künste schwärmt. Ihre sexgeile Schwester mit Hang zu Macho-Männern hält Denis dagegen für einen verdammten Schlappschwanz. Die Szene, in der das ungleiche Siamesen-Pärchen getrennt wird, ist in ihrem finsteren Humor ein Höhepunkt des Films, der sich durchgehend stilsicher auf dem schmalen Grat einer rabenschwarzen Satire bewegt. Die Figuren sind generell überzeichnet dargestellt, dadurch treten die Schwächen der eigentlich absurden Handlung in den Hintergrund - und die Stärken des Films kommen nach vorn. Einmal ist "Penetration Angst" nämlich schlicht ein göttlicher Trash-Film, dafür sorgt schon das mordende Lustloch, dass immer wieder Nahrung fordert und die bildhübsche Helen zu immer neuen sexuellen Eroberungen antreibt. Gleichzeitig sind die Einfälle von Regisseur Büld dermaßen abstrus, dass an dessen geistiger Gesundheit gut und gerne gezweifelt werden darf - während des Films wird zum Beispiel klar, dass selbst eine wollüstige Zunge ein willkommenes Opfer für eine solche Killer-Vagina ist. Recht so, Sittenverfall herrscht schließlich überall und muss bestraft werden... Stark ist auch die Musik von "Penetration Angst", immer wieder schallt im Hintergrund düstere Musik von Bands wie TIAMAT oder LACUNA COIL, der Metal-Soundtrack passt perfekt zur morbiden Atmosphäre des Films. Das krankhafte Flair wird jedoch durch die Synchronisation wieder aufgehoben: So hat zum Beispiel der Sprecher der legendären Verkehrssendung "Der siebte Sinn" seine Stimme dem Streifen geliehen - Megakult! Insgesamt ist der Film über die penentrierte Angst trotz der mageren DVD-Ausstattung ein absolutes Muss für B-Movie-Fans, dieser irre Trip ist einzigartig in jeder Beziehung
- Redakteur:
- Henri Kramer