Name der Rose, Der
- Regie:
- Annaud, Jean-Jaques
- Jahr:
- 1986
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Deutschland / Italien / Frankreich
- Originaltitel:
- The Name Of The Rose
1 Review(s)
12.11.2004 | 10:19Nach 18 Jahren entschied sich |Constantin-Film|, beziehungsweise |Warner| als internationaler Vertrieb, die Verfilmung des wohl bekanntesten Romans von Umberto Eco endlich auch für Liebhaber von Silberscheiben heraus zu bringen. Die VHS-Version gibt's ja schon lang, doch die war anfangs in 4:3 Bildformat und tonal "nur" Stereo – logisch: 5.1 DD und anamorphe Bildtechnik gab es in den späten 80ern nicht, jedenfalls nicht für den Hausgebrauch. Gestolpert bin ich über die just erschienene DVD beim |Club Bertelsmann|, für vergleichsweise günstige 9,99 Euro. Ein gutes Argument, den Klassiker meiner privaten Videothek auf Silberscheibe einzuverleiben und die VHS-Version auszumustern. Gespannt war ich vor allem auf die technische Umsetzung, denn der Film selbst gehört zu den Werken, die ich ich seit gut zwei Jahrzehnten rückwärts pfeifen kann.
Killer in Kutten - Zur Story
Ein buchstäblich gottverlassenes Benediktinerkloster, irgendwo in den italienischen Alpen – Anno 1327. Zwischen dem Papst und dem Franziskanerorden tobt eine mehr oder weniger heftige Interpretationsschlacht über die Form der Ausübung des Glaubens. Die Päpstlichen und die Inquisition schwelgen im Überfluss, während der gemeine Bruder Mönch eher in kärglichen Verhältnissen lebt. Von der einfachen Bevölkerung, denen der Zehnte abgepresst wird, ganz zu schweigen. Vor allen den Franziskanern schmeckt die Großmannssucht der Bischöfe und des Papstes nicht sonderlich, sie predigen Armut und leben sie auch. Um den Disput beizulegen – oder zumindest irgendeinen Konsens zu finden - wird eine Delegation beider Seiten in das besagte Benediktinerkloster entsandt, wobei die Benediktiner als Traditionalisten die Rolle des neutralen Gastgebers übernehmen sollen.
Als erstes trifft der gebildete Franziskaner William von Baskerville (Sean Connery) mit seinem jungen Novizen Adson von Melk (Christian Slater) im Kloster ein und stolpert auch gleich über einen mysteriösen Todesfall eines jungen Benediktiners. Dessen Ableben wird zunächst dem berüchtigt-scharfsinnigen William von der Klosterleitung versucht zu verschweigen. Erst als er geschickt nachhakt, rückt der sichtlich beunruhigte Abt ein paar Informationsbrocken heraus. Nicht viel. Aber genug, um die Neugier und den Verstand Williams auf Touren zu bringen. Auch der Rest der verschworenen Klostergemeinschaft gibt sich sehr zugeknöpft. Immerhin wird von der Offenbarung Johannes' und dem Werk des Teufels gemunkelt – die mittelalterlichen Mönche sind sehr empfänglich für Aberglauben. Freidenker William hingegen geht von weltlicheren Umständen aus.
Selbstmord, ermittelt er beim Toten, doch bleibt der Beweggrund zunächst im Dunkeln. Jedoch ereignen sich weitere Todesfälle und hier handelt es sich eindeutig um Mord. Davon geht William felsenfest aus, wenn auch ziemlich allein. Sie stehen zudem seiner Ansicht nach im Zusammenhang mit dem Selbstmord des jungen Benediktiners – aber in welchem? Die Sachlage ist verzwickt und alles andere als klar. Irgendwelche unheimlichen, krummen Machenschaften sind im Gange in diesem Kloster, der Abt und manche der hochrangigen Mönche scheinen viel mehr zu wissen, als sie preisgeben wollen. Jedenfalls nicht so ohne weiteres. Verschärft wird die Lage, als die päpstliche Gesandtschaft und sein Erzrivale, der knallharte Inquisitor Bernardo Guy im Kloster eintreffen. Der hat eine ganz andere (für ihn höchst praktische) Meinung über die Vorfälle: Ketzerei! Hexerei!...das volle Programm also. Die Schuldigen hat er auch rasch entlarvt - doch sind es die Richtigen, die er dem Scheiterhaufen überantworten will?
Klösterliches Verwirrspiel - Meinung
Einen 600 Seiten starken Wälzer umzusetzen ist nicht leicht, das wollte Regisseur Annaud auch gar nicht. Sagt er. Sagt auch Umberto Eco. Dieser gab sich zunächst etwas distanziert zu dem Film, fand aber später durchaus Gefallen daran – mit der Einschränkung, dass sein Buch die Vorlage lieferte, der Film aber eigenständig sei. Das stimmt. Die Rahmenhandlung entspricht weitestgehend dem Buch, doch bei allen Berührungspunkten gibt es auch ordentliche Abweichungen. Ist das Buch ein sehr subtiler und akribischer Thriller, so richtet sich ein Film per se an ein breiteres Massenpublikum und muss diesem auch gefallen. Soll ja Geld einspielen. Und wenn man Annaud und Eichinger im Bonusmaterial Glauben schenken darf, dann hat zumindest Eichinger quasi sein letztes Hemd für das Projekt hergegeben, ja sogar das Bürogebäude von Constantin-Film dafür versetzt.
Eine durch die Zeit und den Erfolg des Streifens verklärte Anekdote zweier Filmfreaks? Vielleicht. 45 Millionen Mark ist für eine europäische Produktion 1986 auf jeden Fall kein Pappenstiel gewesen. Gedreht wurde maßgeblich in zwei Lokationen, in Deutschland und Italien. Für das glaubhafte Interieur des ominösen Film-Klosters hielt das rheinische Zisterzienserkloster Eberbach her. Die Außenaufnahmen fanden zehn Kilometer außerhalb Roms statt, wo die Kulissenbauer ganze Arbeit leisteten und ein schönes, gotisches Ambiente aus dem Boden stampften. Düster, verwittert und teilweise beängstigend – zumal die Filmhandlung im kargen, tristen Winter der Alpen stattfindet. Ganz so, wie es Eco in seinem Roman beschrieb. Für die Kostümierung und Makeup der Schauspieler gilt Gleiches. Auch hier bemühte sich Annaud ein möglichst realistisches Bild zu vermitteln. Wie er sagt, ist dies die "europäische Art Filme zu machen" – mit viel Liebe und Recherche zum Detail. Kann man so stehen lassen. Das Look & Feel ist stimmig und passt haargenau in diese Periode.
Ein nicht geringer Teil des Budgets ging also schon mal für das Drumherum drauf, bei den Darstellen dürfte Sean Connery den Löwenanteil eingestrichen haben und er hat seine Gage (wie hoch auch immer sie gewesen sein mag) redlich verdient. Der seit James Bond in Ehren ergraute und gealterte Mime ist die Idealbesetzung für die Rolle des blitzgescheiten und allzu oft überheblich wirkenden William. Vom zu diesem Zeitpunkt grade mal grade mal 16 jährigen Christian Slater kann man Ähnliches behaupten. Diente sein Debüt als sein (später nicht mehr ganz so mönchisch-jungfräulicher) Novize Adson für ihn als Sprungbrett zu einer bislang sehr ansehnlichen Karriere. Ausschlaggebend dürfte sein schauspielerisches Talent und sein unverbrauchtes Gesicht gewesen sein, welches so gut zu seiner leicht naiven Rolle passt. Der Rest des Casts wurde, im Gegensatz zum extra-milchgesichtigen Slater, von Annaud sicher nicht nach Schönheitskriterien ausgewählt.
Die herausragendsten Eigenschaften der internationale Truppe aus Deutschen, Franzosen, Italienern und Briten ist, dass sie allesamt markante Charakterköpfe haben. Durch das Tragen von Tonsur, Pusteln und anderen optischen Verschlimmbesserungen wurden sie zusätzlich vom Maskenbildner traktiert – etwa Salvatores (Ron Perlman) Buckel und seine entstellte Gesichtszüge. Auch ansonsten erinnert er vom Wesen her stark an |Quasimodo|. Nur wenige sind darüber hinaus viel bekannter geworden, vornehmlich in deutschen TV-Serien oder in Hollywood-Budget Produktionen. Was ihrer Leistung in "Der Name der Rose" jedoch keinen Abbruch tut. Bleiben die Nebenfiguren im Roman mit Ausnahmen ziemlich gesichtslos und man verpaddelt sich mit ihren Namen, so kann das dank Annauds Auswahl an Darstellern und deren unverwechselbarem optischen Feintuning im Film nicht passieren. Mit Hilfe dieses einfallsreichen Kniffs klappt die Zuordnung des who-is-who reibungslos.
Ecos Original-Plot ist verwirrend (und soll es auch sein), eine Sache die im Film (generell gesprochen) oft nicht funktioniert. Es muss hierfür gestrafft und die Essenz gezogen werden. Diese Gratwanderung ist Annaud sehr gut gelungen, obwohl natürlich einige der poetischen, politisch-historisch hintergründigen und philosophischen Passagen des Originals wegrationalisiert werden mussten, um die Geschichte etwas verdaulicher zu gestalten. Anspruchsvoll bleibt der Film trotzdem. Wer Eco kennt, weiß, dass seine Werke zuweilen dröge und nicht immer leicht zu lesen sind. So ist die Story aufgrund dieser Anpassungen natürlich nicht mehr die Gleiche, gewinnt aber durch die Interpretation an Tempo und Dramaturgie.
Den Zauber des Romans konnte Annaud jedoch sehr gut hinüberretten und er behauptet erst gar nicht, dass er eine 1:1 Umsetzung anstrebte. Selbst Eco scheint mit der Arbeit zufrieden zu sein. Annaud hat vor und während des Projekts nicht nur einmal Rücksprache mit ihm gehalten, welche Änderungen Sinn machen und welche nicht. Das weitläufige Treppen-Labyrinth der Bibliothek etwa gefiel Eco sehr gut, denn das seinige ist nur eine verschachtelte Zimmerflucht auf einer einzigen Etage des |Aedificiums|.
Ein oder zwei Silberlinge? - DVD & Bonus
Im Gegensatz zur Uralt-Videoversion legt man hier schon auf dem Cover wert darauf, dass man bei dem DVD-Release auch die Tugenden und Vorteile des Mediums berücksichtigt hat: Widescreen und ("erstmals" – so preist die Hülle an) in 5.1 Dolby Surround. Beides darf man mittlerweile auch erwarten. Dazu muss man aber sagen, das 5.1 hier wegen der spärlichen Effekte etwas fehl am Platze ist. Stereo hätt's im Prinzip auch getan. Noch etwas hat man hinzugefügt, allerdings ohne es zu erwähnen. Eine (recht kleine und nicht wirklich entscheidende) Szene mitten im Film ist eingefügt worden, das fällt deswegen eklatant auf, weil diese Stelle nachsynchronisiert wurde - leider nicht mit Sean Connerys angestammter Synchronstimme. Fällt natürlich nur O-Ton-Verweigerern störend auf. Das Bild hat man nicht remastert, es ist zwar leidlich scharf und die Körnung ist ok, doch hat es einen leichten Stich ins Sepia. Das passt aber ganz gut zur Stimmung des Films, könnte daher auch beabsichtigt sein, oder ist eine Folge des Alters des Grundmaterials. Nichts genaues weiß man nicht.
Im Handel existieren mittlerweile zwei Versionen, die sich filmisch nicht unterscheiden, wohl aber beim Bonusmaterial. Preislich liegen die beiden Varianten zwischen sieben und zehn Euro auseinander, dafür bekommt man bei der Special Edition eine Zusatzdisc mit weiteren Beiträgen. Ich habe "nur" die spartanische Single Disc (nicht mal einen Einleger mit Kapitelübersicht hat man spendiert), da zum Zeitpunkt des Kaufs die Doppel-DVD noch nicht veröffentlicht war. Doch auch hier befinden sich ein paar Zusatzmaterialien. Immerhin ein Audiokommentar (OmU), eine betagte |ZDF/ORF|-Reportage aus dem Jahre 1987 über den Film, heutzutage nennt man sowas Making Of, mit 45 Minuten Laufzeit und ein kleineres Feature Annaud (augenscheinlich neueren Datums), wo er sich anhand von Fotos an die Dreharbeiten zurückerinnert. Schlappe 15 Minuten plaudert er dabei aus dem Nähkästchen. Insgesamt also etwa 60 Minuten Bonus, nicht soviel, wie bei der SE (da sind nochmal 60 Minuten Extras drauf). Haut keinen Mönch aus der Kutte, ist aber durchaus sehenswert.
Der Mörder ist nicht immer der Gärtner – Das Fazit
Ganz klar ein Klassiker, der in keiner Filmothek fehlen darf. Für Lesefaule eine gute Zusammenfassung des sperrigen Stoffes Umberto Ecos, damit diese mitreden können. Doch Vorsicht, wahre Kenner des Romans entlarven den reinen Filmkonsumenten recht schnell, denn an einigen wichtigen Punkten, weicht Annaud von der Vorlage ab, wobei er Mystery gegen Tempo eintauscht, dabei jedoch das spannende und geheimnisvolle Grundgerüst unangetastet lässt. Trotzdem würde ich das Prädikat "Literaturverfilmung" verleihen, auch wenn Eco das laut Interview anders sieht.
Auf jeden Fall ein sehr interessanter und gut besetzter Thriller aus dem Mittelalter mit Atmosphäre, den man immer wieder gern sieht. Nüchtern, sachlich und nicht überzogen bunt – eben ziemlich typisch europäisch, ist man versucht zu sagen. Tatsächlich leitete "Der Name der Rose" eine Renaissance des europäischen Films ein und braucht sich hinter aufwändigen Hollywoodproduktionen keineswegs zu verstecken. Die Entscheidung für mehr Bonusmaterial (aber dafür auch nen Zehner Aufpreis) muss in diesem Fall jeder selbst treffen, mir reicht die einfache Version der DVD, denn der Film ist hier höher zu bewerten, als sämtliches Bonusmaterial der Welt.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
Originaltitel: |"The Name Of The Rose"|
Basierend auf der Novelle von Umberto Eco
Land: Frankreich / Deutschland / Italien
Erscheinungsjahr: 1986 (DVD 2004)
Label: |Warner Home Entertainment / Constantin-Film|
Lauflänge: 126 Min. + ca. 60 Min. Bonusmaterial
DVD-Art: Typ 9 / Regio-Code 2 / FSK 16
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: D und E (zusätzlich auch für Hörgeschädigte)
Ton: DD 5.1 (beide Sprachen)
Bild: 16:9 Widescreen (1.85:1 Aspect Ratio)
Stab und Besetzung:
Produzent: Bernd Eichinger
Regie: Jean-Jaques Annaud
Kamera: Tonino Delli Colli
Musik: James Horner
Darsteller: Sean Connery, Christian Slater, Ron Perlman, Valentina Vargas u.v.a.
- Redakteur:
- Jürgen Pern