Boot, Das (Director's Cut - DVD)
- Regie:
- Petersen, Wolfgang
- Jahr:
- 1981
- Genre:
- Kriegsfilm
- Land:
- Deutschland
1 Review(s)
05.11.2004 | 11:31Die Verfilmung von Lothar-Günther Buchheims Bestseller "Das Boot" wurde damals 2 Mal von Hollywood angefangen, jedoch schon in der Pre-Production Phase wieder abgeblasen. Bis sich Petersen und die |Bavaria|-Studios 1980/81 des Stoffes annahmen. Mit einem Budget von damals stattlichen 42 Millionen Mark und einem Cast, der sich heute liest, wie ein who-is-who der deutschen TV-, Kino- und Musiklandschaft. Er brachte vielen heute bekannten Darstellern den endgültigen Durchbruch. Der Rest ist Geschichte. Er gilt immer noch als einer der wichtigsten deutschen Nachkriegs- bzw. Antikriegsfilm und bis heute als ungeschlagene Referenz des Genres. Die rund 6 stündige TV-Langfassung war bei ihrer Erstausstrahlung 1985 ein Gassenfeger.
Die internationale Presse feierte den Kinofilm bereits als Meisterwerk, während man sich in Deutschland noch in Skepsis wand, ob man einen deutschen Kriegsfilm gut finden dürfe. Die Wogen glätteten sich erst, nachdem Petersen damit 7 Oscar-Nominierungen einheimste. Derart geadelt, hatte der Film urplötzlich auch bei uns den Stellenwert erhalten, den er verdient. 1996 puzzelte Petersen aus der stark gekürzten Kino- und der epischen Fernsehfassung, den vorliegenden Director’s Cut zusammen und restaurierte Bild wie Ton. Zunächst erschien diese editierte Fassung zunächst exklusiv auf dem mittlerweile ausgestorbenen Medium Laser Disc (LD). Mit Siegeszug der DVD im Wohnzimmer, wurde die Langfassung nun auch hierauf portiert. |EuroVideo| vertreibt die Single Disk immerhin bereits seit 1997.
Alle Mann auf Gefechtsstation! - Zur Story
Im Winter 1941 steht es um die deutsche Kriegsmarine alles andere, als zum Besten. Die U-Boot Männer, die von allen ehrfurchtsvoll "Die grauen Wölfe" genannt werden, feiern als so ziemlich der einzige Truppenteil, zwar immer noch einige Erfolge im atlantischen Geleitzugkrieg, doch nicht zuletzt dank technischer Neuerungen auf Seiten der Alliierten, wird das Kriegshandwerk für sie immer schwerer. Das Kriegsglück der deutschen U-Bootwaffe steht am Wendepunkt der Geschichte, wo aus den Jägern schließlich Gejagte werden. Ein weiteres Problem sind die durch Dauereinsatz und -beschuss von Wasserbomben psychisch und physisch ausgelaugten oder – dem Gegenteil - viel zu jungen, unerfahrenen Mannschaften, die das OKM/BdU ohne Unterlass auf Feindfahrt schickt. Die desolate Versorgungslage und immer wieder auftauchende, technische Defekte an den U-Booten tun ihr Übriges.
Die Geschichte von U-96 und seiner Mannschaft, beginnt im November 1941 in französischen La Rochelle. U-96 bekommt den Marinekriegsberichter Leutnant Werner zugewiesen, der im Verlauf zu einem der roten Fäden der Story wird. Er verkörpert den autobiographischen Teil Buchheims, sein Alter Ego, aus dessen gesammelten Kriegserfahrungen von 2 Feindfahrten sich das Buch zusammensetzt. Das Boot liegt derzeit nach einer Feindfahrt in den französischen Atlantik-Bunkeranlagen, wird wieder hergerichtet und neu bestückt, während die Besatzung einen ausschweifenden Landgang zelebriert, bevor es wieder ab an die Front geht. Die Crew wird auf der folgenden Feindfahrt im Atlantik erneut auf eine harte Probe gestelltt: 48 +1 Mann auf engstem Raum in einem verletzlichen, stählernen Sarg mit Dieselelektrischem Antrieb... Das ist der Stoff, aus dem psychologische Lehrstücke sind.
UZO auf Brücke! - Eindrücke
Ein Film, der bei seinem Erscheinen 1981 in Deutschland nicht nur auf Gegenliebe stieß, als die 6 Stunden Fernsehfassung dann 1985 in drei Teilen ausgestrahlt wurde, war der Streifen jedoch national und international bereits anerkannt und hoch dekoriert. Die schärfsten Kritiker hierzulande stimmten jetzt plötzlich in das Loblied mit ein. Unter ihnen auch Buchheim selbst, der vorher immer was zu nörgeln hatte - wenn auch aus anderen Gründen, als die Filmkritiker. Es wurden seinerzeit recht fadenscheinige Argumente aus dem Ärmel geschüttelt, weswegen der Film schlecht sein müsse – nur wenige getrauten sich der Wahrheit die Ehre zu geben und die wahren Gründe für ihre Ablehnung kund zu tun: Ein deutscher Regisseur macht einen deutschen Kriegsfilm, ohne seine Figuren dabei mit reuiger Schwermut zu kasteien.
Er zeigt die Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, die das unbarmherzige Schicksal zum Dienst an Bord von U-96 verschlug. Alltags- und Extremsituationen sind vorprogrammiert - aber keine barbarischen Hunnen in Uniform. Er besitzt sogar die Frechheit den Zuschauer förmlich dazu zu zwingen sich mit der Mannschaft des Bootes zu solidarisieren. Na wenn das nicht mal nach impertinenter Nazi-Glorifizierung riecht! Anno 1980 noch ein schwerer Tabubruch und Überbleibsel aus der Nachkriegszeit. Hat man den Deutschen doch schon in der Schule beigebracht sich bei der Thematik des 2. Weltkriegs kollektiv schlecht und schuldig zu fühlen. Am besten man vermeidet das Thema komplett, so lautete lange Zeit die Doktrin. Aus den Augen – aus dem Sinn.
Und plötzlich zeigt Petersen eine Mannschaft, die nicht fanatisch "Sieg Heil!" brüllend mit Glanz und Gloria auf die Alliierten losgeht. Vielmehr um ihr Leben in der stickigen Sardinenbüchse kämpfen müssen, weil man sie schlichtweg dazu verdonnert hat. Der besonnene Kapitänleutnant, nur "(Herr) Kaleun" oder meist "Der Alte" genannt, gehört ebenso wie der Leitende Ingenieur, kurz "L-I", als Mittdreißiger schon zu den alten und erfahrenen Hasen des U-Bootkriegs. Beide sind was den Krieg angeht vollkommen desillusioniert und immun gegen jegliche Propaganda. Sie wollen das beste für ihr Boot und ihre Kameraden - und natürlich selbst mit heiler Haut davonkommen.
"Die oder wir", das war die Devise und entspricht der simplen Wahrheit des Krieges, auch wenn das von den hiesigen Kritikern damals nicht so gern zugegeben wurde. Deutsche in Uniform mussten zwangsläufig böse Finsterlinge sein und auch genau so dargestellt werden. Punkt. Das war ungeschriebene Gesellschaftsregel - Filmgesetz erst recht. Was sollen nur die ehemaligen Kriegsgegner von uns denken? Doch wer "Das Boot" auch nur halbwegs aufmerksam anschaut, dem können die unverhohlenen, kritischen Töne über den Wahnsinn des U-Krieges nicht entgehen. Unmöglich. Es sei denn, man will sie nicht wahrnehmen. Nun ja, in der heutigen Zeit ist man (hoffentlich) weniger dogmatisch der Vergangenheit gegenüber. Bei den damaligen Kriegsgegnern sah man das auch nie so eng.
Petersen und Prochnow verlagerten ihren Wirkungskreis hernach verstärkt in die USA. Doch auch hierzulande kamen viele der Darsteller zu ordentlichen Karrieren. Grönemeyer ist inzwischen einer der dienstältesten Deutschrocker. Martin Semmelrogge, Klaus Wennemann, Heinz Hoenig, Ralph Richter, Uwe Ochsenknecht und Claude-Oliver Rudolph kennt heute fast jeder aus der ein oder anderen TV-Produktion. Für Hubertus Bengsch reichte es interessanterweise leider trotz der Klasseleistung als einziger, (zunächst) wirklich nationalsozialistisch überzeugtem Erstem Offizier (Eins-W-O) nicht zu einer großen Schauspiellaufbahn, dafür verleiht er seine markante Stimme oft bei Synchronisationen - unter anderem an Richard Gere. Otto Sander (Thomsen) und Günter Lamprecht (Gastauftritt als Kapitän der "Weser", zusammen mit Sky du Mont) waren vorher schon gefragte Darsteller im deutschen Fernsehen.
Für eine glaubhafte Darstellung zog Petersen so ziemlich alle Register, die ihm 1980 zur Verfügung standen. Alle Tricks sind noch handgemacht. Das U-Boot Interieur wurde originalgetreu und maßstabsgerecht nachgebaut und befand sich auf einer beweglichen Aufhängung, um WaBo-Detonationen oder Bootsbewegungen zu simulieren. Die Außenaufnahmen fanden mit Modellen verschiedener Größen statt, von 3 Meter bis hin zum leidlich seetüchtigen Boot mit den korrekten 64 Metern Länge eines Typ VII-C (übrigens vor Beginn der Dreharbeiten verleihen an Spielberg und zu sehen in "Indiana Jones – Jäger des verlorenen Schatzes"). Die Pyrotechnik, Hintergründe und Projektionen sind ebenfalls alle auf konventionellem Weg entstanden. Gelegentlich sieht man die Tricks bzw. den Einsatz von Modellen recht deutlich - heute könnte man das ohne Frage besser visualisieren. Für damalige Verhältnisse aber schon nicht schlecht und höchst einfallsreich.
Auf Periskoptiefe gehen! - DVD und Bonus
Das magere Bonusmaterial ist nicht wirklich der Knaller, zumal für den amerikanischen Markt entworfen und dementsprechend nur deutsch untertitelt. Hier hätte man gerne das längst veröffentlichte Zusatz-Footage der deutschen TV VHS-Version drauf packen (u.a. eine 45 Minuten ZDF-Doku) können, das ist um Klassen umfangreicher und sehenswerter. Dafür ist der DVD-Audiokommentar recht aufschlussreich und entschädigt ein wenig. An diesem merkt man, dass man die Fassung 1:1 von der LD-Produktion übernommen hat - Petersen und Prochnow reden dort immer wieder von der "Laser Disc" und nicht von "DVD". Erstaunlich viele Darsteller haben sich übrigens für die englische Sprachfassung selbst synchronisiert, wenn auch leider einige der bekannten und berühmten Sprüche aufgrund schierer Unübersetzbarkeit deutschen Slangs ziemlich baden gehen.
Die neue Soundmischung und Modernisierung einiger Toneffekte betrifft hauptsächlich die englische Fassung, die deutsche Originaltonspur ist nun zwar auch in DD 5.1 remixed, doch leidet sie zuweilen an Schwächeanfällen. Besonders auffällig ist das in der "Bar Royal"-Szene. Zu dumpf und verwaschen - die (nicht ganz unwichtigen) Hintergrunddialoge und Gesprächsfetzen sind kaum noch zu hören. Es sei denn man reißt die Surroundanlage bis Anschlag auf. Schade. Das betrifft auch einige Szenen im U-Boot. Trotzdem ist die Deutsche Originalfassung natürlich der schwachen Englischen immer noch vorzuziehen. Die Nebengeräusche sind akustisch gut und räumlich platziert,: Plitschen von Wassertropfen, knarrende Spanten oder auch das Schraubengeräusch eines mit ASDIC anlaufenden Zerstörers aus der richtigen Richtung schaffen beklemmende Atmosphäre
Während die WaBo-Detonationen und die Geräuscheffekte beim Bersten von Leitungen und anderen Beschädigungen des Bootes sehr knallig ausfallen, nimmt sich Klaus Doldingers berühmter Score dagegen sehr zurückhaltend aus. Da einige Tonspuren des Soundtracks aus unerfindlichen Gründen im Laufe der Jahre unauffindbar verschütt gegangen sind, steuerte er für die LD/DVD Produktion Material aus seinem privaten Fundus bei, sonst wäre der Director’s Cut streckenweise ohne Ton bzw. ohne Musikuntermalung gewesen. Nicht auszudenken. Der Soundtrack ist zwar dezent, aber alles andere als unwichtig, denn er unterstreicht und verstärkt die Handlung an wichtigen Stellen, ohne zu nerven. Ein Gutteil der erzeugten Stimmung geht auf seine Kosten.
Bildtechnisch hat man das Grundmaterial ein wenig restauriert, dennoch ist der Film in der Hauptsache recht dunkel und man sieht ihm sein Alter an, Kontrast und Pixelkörnung sind aber noch in Ordnung. Blockbildung, Artefakte oder Bildzittern sind nicht - oder nur ganz minimal - festzustellen. Dass das Bildformat in 16:9 Widescreen vorliegt, darf man heute voraussetzen. Gut nur, dass Petersen auch die Teile für die lange Fernsehfassung (Die ja bekanntlich ein Seitenverhältnis von 4:3 aufweist, zumal in den 80ern noch niemand mit Widescreen im Wohnzimmer rechnen konnte) auch gleich im kinofreundlichen Breitbildformat gedreht hat. So war es kein Problem aus den 2 Versionen eine einzige zusammen zu schnippeln, ohne dass die Bildformate plötzlich mittendrin kollidieren.
Beide Maschinen AK! - Das Fazit
Basierend auf den Erlebnissen Buchheims von zwei Feindfahrten als Kriegsberichter, oblag es Petersen aus dem zugrundeliegenden Roman die wichtigsten und anschaulichsten Teile zu extrahieren und auf Celluloid zu bannen. Wie keinem anderen Film gelingt es "Das Boot" die klaustrophobischen Zustände und den Wahnwitz des U-Bootkrieges zu verdeutlichen. Gesehen haben sollte man diesen erfolgreichen Exportschlager unserer Filmindustrie auf jeden Fall mindestens einmal. Der Director’s Cut ist ein guter Kompromiss zwischen der Langfassung fürs Fernsehen und der zu stark gekürzten Kinofassung. Wenn auch so manche längst legendär gewordene Zote der TV-Version geschnitten wurde, so diente das der besseren Balance des Gesamtwerks. Dem verdienten Kultstatus tut das keinerlei Abbruch.
DVD-Daten auf einen Blick:
Vertrieb: EuroVideo
Genre: Kriegsfilm
Deutschland 1981 (DVD 1997)
Director's Cut - Single Disk, FSK 12
EAN: 4009750269008 (Steelbook)
Lauflänge: 208 Minuten + ca. 30 Minuten Bonus
Bildformat: 16: 9 Widescreen (1,85:1 anamorph)
Tonformat: DD (Englisch), DD 5.1 (Englisch, Deutsch)
Bonusmaterial:
- Audiokommentar von Wolfgang Petersen (Englisch mit dt. UT)
- Making Of
- Trailer
Drehbuch & Regie: Wolfgang Petersen
nach der Vorlage von Lothar-Günther Buchheim
Musik: Klaus Doldinger
Kamera: Jost Vacano
Produziert von: Günter Rohrbach und Michael Bittins
Darsteller u.a.: Jürgen Prochnow (Der Alte), Herbert Grönemeyer (Lt. Werner), Klaus Wennemann (LI), Martin Semmelrogge (Eins WO), Hubertus Bengsch (Zwo WO), Heinz Hönig (Hinrich), Ralf Richter (Frenssen), Claude Oliver Rudolph (Ario), Uwe Ochsenknecht (OFw/Bootsmann), Jan Fedder (Brückenwilli), Otto Sander (KptLt. Thomsen), Günther Lamprecht (Kapitän der "Weser")
- Redakteur:
- Jürgen Pern