Reise des jungen Che, Die
- Regie:
- Walter Salles
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Abenteuer
- Originaltitel:
- The Motorcycle Diaries
1 Review(s)
29.10.2004 | 08:55Che auf T-Shirts, Che auf Lanyards, Che auf roter Bettwäsche, Che auf Fahnen im Fanblock: Wer kennt nicht Alberto Díaz Kordas berühmtes Foto von Ernesto "Che" Guevara, seines Zeichens Revolutionsidol und einst linke Hand des Maximo Liders Fidel Castro. Während man viele, die ihn inzwischen als Modeartikel entdeckten, wahrscheinlich erst mal über die kubanische Revolution aufklären müsste, geht der Film von Walter Salles (Goldener Bär und Golden Globe für "Central do Brasil") noch einen Schritt weiter: Er zeigt den jungen "Che", als dieser noch lange nicht Che, der marxistische Revolutionär, war.
Buenos Aires, 1952: Kurz vor seinem Medizin-Examen bricht der 23-jährige Ernesto Guevara de la Serna (Teeny-Schwarm Gael Garcia Bernal) gemeinsam mit einem Freund, dem Biochemiker Alberto Granado (Rodrigo de la Serna), zu einer langen Reise auf. Auf Albertos altem Motorrad soll es quer durch Lateinamerika gehen, durch die Anden, an Chiles Küste entlang und über Peru wieder nach Venezuela. Mit wenig Geld und einer dürftigen Ausrüstung werden die Abenteuer immer größer. Relativ ruhig gestaltet sich noch der erste Zwischenstopp bei Ernestos Freundin, wobei der Aufenthalt für ihn jedoch eher ernüchternd ausfällt. Danach kommt das Duo auf der klapprigen Norton 500 nur langsam voran, während es sich für Schlafplätze oder für etwas Essbares allerlei Überredungskünste einfallen lassen muss. Zwischendurch wird Ernesto auch noch von schweren Asthmaanfällen geplagt. Das hält die beiden jedoch nicht davon ab, gelegentlich die Dorfschönheiten mit phantastischen Geschichten zu bezirzen, was auch mal ins Auge geht. Nachdem ihr fahrbarer Untersatz entgültig den Geist aufgegeben hat, müssen sie trampen und die glühende Atacama Wüste zu Fuß durchqueren.
Dann stoßen sie auf Wanderarbeiter, die von ihrem Land vertrieben wurden. Erstmals nehmen Ernesto und Alberto Lateinamerika aus einer anderen Perspektive wahr. Die Eingriffe US-amerikanischer Konzerne in die Landarbeit ist besonders für Ernesto eine einschneidende Erfahrung, die den späteren Revolutionär noch prägen sollte. In Peru arrangiert ein befreundeter Doktor für sie einen Arbeitsaufenthalt in der Lepra-Kolonie San Pablo. Inzwischen haben beide eine sehr viel sozialere Einstellung und mischen sich unter die Kranken, entgegen den Anweisungen der Sanatoriums-Nonnen. An seinem 24. Geburtstag entschließt sich Ernesto, den Amazonas zu durchschwimmen, um am anderen Ufer mit den Lepra-Kranken zu feiern. Als sie schließlich am Ende ihrer Reise ankommen, haben beide eine neue Persönlichkeit: Alberto wendet sich mit neuem Gespür der wissenschaftlichen Arbeit, während Che einer der bedeutendsten Revolutionsführer des 20. Jahrhunderts wird.
Hauptdarsteller Gael Garcia Bernal ist dem jungen Guevara wie aus dem Gesicht geschnitten. Neben der guten Schauspielarbeit der beiden Hauptprotagonisten, bei der auch der Humor nicht zu kurz kommt, lebt der Film vor allem von großen Bildern. Manchmal wirken die 125 Minuten aber auch etwas klischeehaft und verlieren sich in nebensächlichen Details. Und natürlich kann man von einer nordamerikanischen Produktion (Robert Redford ist ausführender Produzent) keine revolutionären Parolen erwarten, weshalb die einsetzende Politisierung Ernestos auch nur kurz gestreift wird. Dennoch ist der Film herrlich lateinamerikanisch geworden und zeigt den Mensch hinter der Revolutionsikone. Das Drehbuch basiert übrigens auf den Büchern "The Motorcycle Diaries" von Ernesto Che Guevara und "With Che through Latin America" von Alberto Granado. Und das Che-Foto von Korda ist wohl nur auf dem deutschen Filmplakat zu sehen.
- Redakteur:
- Carsten Praeg