Matrix Reloaded
- Regie:
- The Wachowski Brothers
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Science-Fiction
- Land:
- USA
1 Review(s)
16.05.2003 | 17:44Einen Gewinner kennt "Matrix Reloaded" schon jetzt - die Fabrikanten von Ledermänteln, Lackanzügen und Sonnenbrillen dürfen die Champusflaschen getrost aus den Konzern-Schreibtischen holen. Denn selten war ein Film so konsequent auf eine Modelinie hin durchgestylt. Nicht das einzige Perfekte an der langerwarteten Fortsetzung des vierfachen Oscar-Gewinners von 1999 "The Matrix"...
Der Film schließt relativ flüssig an die Geschichte des ersten Teils an. Neo (Keanu Reeves) hat seine Fähigkeiten perfektioniert, die Scheinwelt "Matrix" zu manipulieren und sich in ihr ungehindert zu bewegen. In der realen Welt tief unter der Erde sieht das anders aus: Dort besitzt er zwar seine Liebe zu Trinity (Carrie-Anne Moss), gleichzeitig wird er jedoch von düsteren Träumen geplagt, in denen seine Frau beim Kampf gegen Agenten in der "Matrix" stirbt. Und noch ein weiteres Problem gibt es: Die Maschinen haben es satt, sich noch länger mit den Rebellen herumzuschlagen und versuchen sich mit Bohrern zum letzten menschlichen Stützpunkt "Zion" durchzuarbeiten, als Kampftruppen stehen 250.000 Wächterquallen bereit. Noch 72 Stunden bleiben - alte und neue Bekannte nehmen den Kampf auf. Wie etwa Morpheus (Laurence Fishburne), der an Neo als den Auserwählten glaubt und auch den Rest der Menschen in Zion davon überzeugen kann. Nur nicht Commander Lock (Harry Lennix) - der Ehrgeizling legt Morpheus ständig Steine in den Weg und ist außerdem mit seiner Ex-Freundin, der Schiffkommandantin Niobe (Jada Opinkett Smith), zusammen. Doch letztlich haben alle ein Ziel: Die Menschheit zu retten. Dazu müssen Neo, Trinity und Morpheus in ihren langen schwarzen Mänteln noch einmal in die Matrix und dort versuchen, die Prophezeiung des weiblichen Orakels (Gloria Foster) zu erfüllen - die wunderliche Frau aus Teil eins spielt eine Schlüsselrolle. Doch bis es soweit ist, müssen die drei sonnenbebrillten Helden noch einiges an Gefahr aus dem Weg kämpfen. Etwa den Seelenhändler Merovingian (Lambert Wilson) und seine verführerische Frau Persephone (Monica Bellucci), deren Leibwächter die Zwillinge (Neil und Adrian Rayment) sind - diese Killer können sich bei Bedarf effektvoll auflösen und sind damit fast unverwundbar. Und natürlich gibt es auch noch Agent Smith (Hugo Weaving). Der ist inzwischen kein richtiger Agent mehr und hat menschliche Züge - vor allem Rachedurst. Dummerweise besitzt er nicht nur eine krankhafte Wut auf Menschen, sondern auch die Fähigkeit, sich beliebig oft zu duplizieren - was Neo zum Teil gegen Hunderte gleichaussehende Smith-Agenten kämpfen lässt. Dank modernster Computertechnik sieht gerade diese Szene unglaublich echt aus.
Die Technik ist denn auch das eigentlich Revolutionäre an dem Film - Bilder wie in "Matrix Reloaded" gab es so noch nicht zu sehen. Die regieführenden Wachowski Brothers erdrücken den Zuschauer geradezu mit noch nie erblickten Landschaften, Spezial-Effekten und Kampfszenen. So ziehen sich die Action-Sequenzen zum Teil über mehr als 20 Minuten hin, werden aber durch ihre grandiose Ästhetik nie langweilig. Die ständigen Schnitte, plötzlichen Tempowechsel und Zeitlupen machen die brillanten Kung-Fu-Kämpfe zu prächtigen Martial-Arts-Juwelen voller Anmut und Eleganz - gerade auch wegen den stylischen Outfits von Neo und Trinity. Dazu hämmern meist düstere Techno-Bässe, welche die Atmosphäre von "Matrix Reloaded" wirkungsvoll unterlegen.
Doch nur gute Musik und grandiose Bilder machen noch lange keinen Film. In der ersten halben Stunde des 138-Minuten-Spektakels liegt aber genau hier das Problem. Denn in diesen 30 Minuten passiert viel, etliche Explosionen und Dialoge stürzen auf den Kinobesucher ein. Doch wirkt das Geschehen zerfahren, der rote Faden lässt auf sich warten. Doch die Geschichte entwickelt sich; spätestens nach einer Stunde fasziniert die Story. Dies liegt an einem geschickten Kunstgriff der Filmemacher: Eigentlich drehen sie zwei Filme. Einen dunklen High-Tech-Comic in der "Matrix"-Welt und einen düsteren Kriegs- und Endzeitstreifen auf der realen, von Maschinen beherrschten Erde. Das geniale Kunststück der Regie-Brüder ist, dass sie diese beiden Ebenen geschickt und ohne logische Brüche miteinander verweben, was eine perfekte Wirklichkeit entstehen lässt. Zwar ist der große "Aha"-Effekt des ersten Teils über das Wesen unserer heutigen Welt weg, aber durch geschickt gestreute Story-Elemente kommen viele neue Fragezeichen dazu. Zum Beispiel die, ob die vermeintlich reale Erde, in der die Menschheit in Zion kurz vor der Vernichtung steht, nicht auch nur eine geschickte Illusion ist, um von der eigentlichen Realität abzulenken. Leider wird es bis November und dem dritten Teil "Matrix Revolutions" dauern, bis letztendlich alle Fragen beantwortet sind. Denn plötzlich hört der Film einfach auf, für die Menschheit sieht es gerade dann ganz böse aus...
Damit reiht sich die Matrix-Serie endgültig in die Reihe von großen Fantasy-Trilogien wie "Herr der Ringe" oder "Star Wars" ein - ein erster Teil zur Einführung, ein düsterer und hoffnungsloser zweiter Teil und einen (wahrscheinlich) dritten Film, wo die letzte Schlacht der Menschheit geschlagen wird. Die Bilder von "Matrix Revolutions", die nach dem Abspann gezeigt werden, lassen die Zeit bis dahin endlos erscheinen - nur Frustkäufe von Ledermänteln können hier helfen.
- Redakteur:
- Henri Kramer