Gothika
- Regie:
- Mathieu Kassovitz
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Gothika
1 Review(s)
07.09.2004 | 13:58Dr. Miranda Grey alias Traumfrau Halle Berry ist ein liebendes Eheweib, Dr. Miranda Grey ist eine geniale Psychiaterin in einer renommierten Irrenanstalt, Dr. Miranda Grey ist gern und chronisch überarbeitet - und Dr. Miranda Grey hat ein verdammtes Problem, dem Thema des Films "Gothika". Denn als Miranda eines Tages aufwacht, sitzt sie in ihrer Nervenheil-Anstalt, in einer ihrer Zellen. Was ist passiert? Sie weiß es nicht mehr genau. Es war gewittrig, es war dunkel, auf der Straße stand ein Mädchen. Sie wich mit dem Wagen aus, das Auto blieb an einem Baum stehen. Sie stieg aus, und plötzlich brannte das sowieso schon verletzte Mädchen wie von innen... Dann, nichts, gar nichts mehr. Ihr Kollege und Kumpel Dr. Pete Graham (Robert Downey Jr.) erzählt Miranda die bittere Wahrheit: Sie soll ihren Mann mit einer Axt zerstückelt haben. Die Psychiaterin ist selbst zur Verrückten geworden. Wie um dies zu bestätigen hört sie ständig Stimmen im Kopf, scheinen Geister nach ihr zu greifen. Und das übel zugerichtet Mädel aus Mirandas Erinnerung erscheint auch immer öfters im Knast. Dagegen klingt sogar die Geschichte einer ihrer früheren Patientinnen fast glaubhaft: Chloe Sava (Penelope Cruz) ist felsenfest davon überzeugt, dass sie in der Psychiatrie vom Teufel selbst vergewaltigt wird...
"Gothika" ist ein dichter und atmosphärischer Horror-Thriller, der nun auch auf DVD erhältlich ist. Das Zusatzmaterial ist ok, viele Trailer und eine paar Patientenakten dürfen durchforstet werden. Interessanter sind da schon die Kommentare von Regisseur Mathieu Kassovitz, der sich mit Angst ja bestens auskennt. Schließlich drehte er schon "Die purpurnen Flüsse", ebenfalls ein Film über das nackte Grauen. "Gothika" ist sein erstes Werk für Hollywood und funktioniert dennoch bestens - wenn auch nicht ganz so gut wie das Schauer-Epos über die Flüsse. Nun lässt Kassovitz seine Darsteller vor allem an einem Ort spielen: In den langen rechteckigen Gängen der Anstalt, in ihren fast quadratischen Zimmern. Die Umgebung wirkt steril, Neonröhren flackern nervös. Gerade in der ersten Stunde ist "Gothika" besonders stark, wenn sich die mordverdächtige Miranda plötzlich dem Leben als Verrückte stellen muss - in einer besonders starken Szene soll sie mit anderen Frauen zusammen duschen und wird wieder von ihren obsessiven Wahnvorstellungen eingeholt, fängt an wie von selbst zu bluten, ist nicht mehr Herrin ihrer Sinne. Solche Momente werden von einer geschickten Kameraführung von allen Seiten her ausgeleuchtet, dazwischen überzeugt das verzweifelte Minenspiel von Oskar-Preisträgerin Halle Berry. Die Musik wirkt während solcher Passagen nie überzogen, der Film verlässt sich oftmals einfach auf das unheimliche Gefühl von purer Stille und kriechendem Entsetzen. Echte Schockeffekte krachen dagegen eher selten ins Gemüt, doch wenn, dann richtig - ein kleines entstelltes Mädchen kann Nackenhaare sehr effektvoll zu Berge stehen lassen. Dazu kommt das faszinierende Grundthema des Films: Die Logik des eigenen Verstandes kämpft sowohl bei Miranda Grey als auch beim Zuschauer gegen die Unlogik von geisterhaften Erscheinungen. Was ist echt, was ist Einbildung?! Solche Konstellationen gibt es zwar ebenfalls bei Filmen wie "Sixth Sense" oder "The Ring", doch geben sie auch "Gothika" die nötige Spannkraft für intensive 98 Minuten. Außerdem prägt sich eine Weisheit ein, die Anstalts-Insassin Chloe Sava ihrer anfänglichen Feindin Miranda verrät: "Du bist jetzt eine von uns. Niemand hört dir zu, weil du verrückt bist..."
- Redakteur:
- Henri Kramer