In this World
- Regie:
- Michael Winterbottom
- Jahr:
- 2002
- Genre:
- Drama
- Land:
- UK
- Originaltitel:
- In this World
1 Review(s)
15.08.2004 | 10:58"In this World" erzählt die Geschichte der afghanischen Flüchtlinge Jamal und Enayatullah, die in einem Flüchtlingslager im pakistanischen Peshawar leben. Armut, Elend und Langeweile erzeugen auch in Enayatullah den Wunsch zu fliehen. Seine Reise soll nach London führen, doch da er kein Englisch spricht, soll ihn der jüngere Jamal begleiten. Mit der finanziellen Unterstützung von Enayatullahs Familie machen die beiden sich auf den Weg über den Iran, die Türkei, Italien und schließlich Frankreich nach London.
Als illegale Migranten können die beiden natürlich nicht den einfachen und schnelleren Weg per Flugzeug nehmen oder den bequemeren mit dem Schiff, sondern können ausschließlich über Land reisen, mit der Hilfe von Menschenschmugglern und Schleppern.
Der Trip bringt beide an die Grenzen ihrer psychischen und physischen Belastbarkeit.
Regisseur Michael Winterbottom hat sich an ein ebenso gewagtes wie interessantes filmisches Experiment gemacht. Der Film selbst ist Fiktion, obwohl die erzählte Geschichte so oder ähnlich jedes Jahr rund eine Million Mal passiert. Im Dokumentarstil schildert der Film die Reise der beiden Flüchtlinge, vom Flüchtlingscamp in Peshawar bis hin ins ferne London, und klammert dabei kein noch so unschönes Detail aus.
Die Bilder, durchweg mit Handkameras aufgenommen und damit bei weitem nicht auf dem Hochglanz-Niveau gängiger Spielfilme, besitzen ein schwer zu fassendes nachdrückliches Element, etwas, das wachrüttelt und durchaus Scheuklappen verrutschen lassen kann.
Wenn etwa der Restlichtverstärker bei der Grenzüberquerung einen Wachsoldaten einfängt, der mit einer AK-47 Warnschüsse in die Luft abgibt, die Kamera dann die verängstigten Gesichter der Flüchtlinge zeigt, die sich flach auf den sandigen Boden pressen, dann sind das Bilder, die einen nicht so einfach wieder loslassen. Wenn sich der Zuschauer durch die Augen der Kamera in einem Auffanglager in Frankreich wiederfindet und zusieht, wie einfache Zeltstädte mit wenig mehr Mobiliar als notdürftigen Holzbetten zur Heimat von Menschen geworden sind, lässt sich das nicht so schnell wieder abschütteln.
Winterbottom ist es gelungen, ohne den berühmten moralisch erhobenen Zeigefinger zu verdeutlichen, dass hinter den Flüchtlingen, denen wir in unseren Städten über den Weg laufen, meistens auch ein menschliches Schicksal steht, das wir in unserem weitestgehend behüteten Alltag nicht vermuten würden.
Ein durchaus beeindruckend gemachter Film, selbst wenn es aufgrund des Dokumentarstils eine Weile braucht, bis man hinter den beiden Protagonisten Charaktere findet, mit denen man sich irgendwie identifizeren oder auch nur mitfühlen kann. Keine seichte Unterhaltung für zwischendurch und mit Sicherheit wird nicht jedermann diesen Film mögen, aber dennoch ein sehenswertes Werk, das völlig zu Recht im Jahr 2003 auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären und dem Friedenspreis ausgezeichnet wurde.
An Extras finden sich der Originaltrailer, eine Bildergalerie, Bio- und Filmografie Winterbottoms und ein wirklich interessantes und sehenswertes Making-of mit einer Spielzeit von gut 31 Minuten und deutschen Untertiteln.
Der Film liegt wahlweise im mehrsprachigen Original oder mit deutschem "Erzähler" (der Film selbst bleibt in den Originalsprachen) in DD 5.1 und Dolby Stereo 2.0 vor, die deutsche Tonspur ausserdem in DTS.
- Redakteur:
- Sebastian Hirschmann