Klar Schiff zum Gefecht
- Regie:
- Joseph Pevney
- Jahr:
- 1956
- Genre:
- Kriegsfilm
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Away All Boats
1 Review(s)
28.01.2009 | 14:36US-Kriegsfilm zwischen Doku und Heldengeschichte
Im Pazifischen Ozean während des Zweiten Weltkrieges: Die Besatzung des US-Transportschiffs Belinda gerät unverhofft in Kriegshandlungen mit japanischen Kamikazefliegern. Für Captain Jeb Hawks (Jeff Chandler) und seine unerfahrene Besatzung beginnt der nackte Kampf ums Überleben, der sie schon bald an die Grenzen ihrer physischen und psychischen Kräfte bringt. (Verleihinfo)
Es handelt sich um eine digital restaurierte Fassung.
Filminfos
O-Titel: Away All Boats (USA 1956)
Vertrieb: Koch Media Home Entertainment
Veröffentlichung: 11.07.2008 [Kauf-DVD]
FSK: ab 16
Länge: 109:21 min
Regisseur: Joseph Pevney
Drehbuch: Ted Sherdeman, nach Kenneth M. Dodsons gleichnamigem Bestseller (1954)
Musik: Frank Skinner
Darsteller: Jeff Chandler (Cpt. Jebediah Hawks), Clint Eastwood, Richard Boone (Lt. Fraser), James Westerfield, Kendall Clark, Charles McGraw (Lt. Mike O'Bannion), William Reynolds, Lex Barker (Commander Quigley), Don Keefer, Charles Horvath, Frank Faylen, Jock Mahoney, George Dunn, Keith Andes, George Nader (Lt. Dave MacDougall), Julie Adams (Nadine MacDougall) u.a.
Handlung
Um das Jahr 1943 liegt die USS Belinda, ein Truppentransporter, im Hafen von San Francisco, als Lt. Dave MacDougall an Bord geht. Er lässt seine Frau Nadine mit seinem kleinen Sohn zurück. Am nächsten Morgen kommt auch der Kapitän, Jebediah Hawks, an Bord, ein unerbittlicher Perfektionist und strenger Vorgesetzter. Hawks ist klar, dass sich MacDougall, ein Ex-Kapitän der Handelsmarine, zurückgesetzt fühlen muss, aber er bittet ihn um Solidarität und Unterstützung bei einer schwierigen Aufgabe: Nur drei Offiziere außer ihm und MacDougall verfügen über Seeerfahrung. Das könnte alle möglichen Probleme heraufbeschwören.
Wie Recht der Alte hat, zeigt sich schon auf der ersten Probefahrt, als die Landungsboote eine Übung fahren sollen. Alles geht viel zu langsam, und die Koordination lässt zu wünschen übrig. Vor Hawaii wird MacDougall sogar schwer verletzt, weigert sich aber, ins Marine-Krankenhaus eingeliefert zu werden. Er möchte an Bord des Schiffes bleiben, das ihm inzwischen ans Herz gewachsen ist. Lt. Sherwood (Grant Williams) wird MacDougalls Stellvertreter.
Dann beginnen die Schlachten um die japanisch besetzten Inseln im Südpazifik. Sherwood fällt im Einsatz vor Kwajalein, und Lt. Krüger übernimmt das Kommando bei den Landungsbooten, wobei er sich bei einer heiklen Rückholaktion bewährt. Bei dieser Gelegenheit erwirbt sich auch Commander Quigley, bislang stets geschnitten, Respekt bei den älteren Offizieren. Im Hafen von Leyte geht er von Bord, um ein eigenes Kommando in Pearl Harbor anzutreten. MacDougall wird zum Stellvertreter des Alten.
MacDougall hat sich stets gewundert, warum Hawks ein Segelboot für sich hat bauen lassen, die "Albatros". Die Matrosen verfluchten ihn für diese ihnen sinnlos erscheinende Laune, führten Auftrag aber tadellos aus, wie ein kurzer Segeltörn auf Reede beweist. Jetzt erst vertraut ihm der Alte an, was dahintersteckt: Damit lenkte er die Aggressionen der Mannschaft gegen sich selbst und gab ihnen eine Aufgabe, denn sonst wären sie aufeinander losgegangen, so wie neulich. Der Alte versteht etwas von Psychologie. Und endlich trifft auch die vermisste Post von Zuhause ein, darunter ein Brief von Nadine.
Ganz übel wird der Einsatz vor Okinawa. Kamikazeflieger greifen die "Belinda" an. Einer trifft sein Ziel und insgesamt 17 Soldaten verlieren ihr Leben, unter ihnen auch der leitende Schiffsarzt. Bald darauf ertönt wieder Fliegeralarm, erneut erhält die "Belinda" einen Treffer. Ein Kamikaze reißt die Seite auf, und ein Treffer erwischt schließlich die Brücke, wo Hawks schwer verwundet wird. MacDougall schleppt den Verwundeten in die Arztkabine von Dr. Bell (Keith Andes) und übernimmt das Kommando.
Waidwund krängt die "Belinda" mit wachsender Schlagseite auf offener See, fernab jeden Docks. MacDougall taucht in den vollgelaufenen Laderaum und findet das Leck. Er hat auch eine Idee, wie sie es abdichten können, aber dann bleibt immer noch die Frage, wie die antriebslose "Belinda" in einer Hafen gelangen soll. Da hat der sterbende Kapitän die rettende Idee.
Hintergrund
Das Drehbuch für die Handlung beruht auf den Kriegserinnerungen Kenneth M. Dodsons aus dem Jahr 1954. Dodson war ein hochdekorierter Lt. Commander, der neun Seeschlachten mitmachte, darunter die legendäre von Okinawa. Universal-Vizepräsident Edward Muhl sicherte sich die Filmrechte, um eine Großproduktion zu starten. Die US-Marine sieht die Gelegenheit für die perfekte Werbung und beteiligt sich in großem Umfang. Ein Vertrag sichert die Kooperation ab. Ted Sherdeman, selbst ein Armeeoberst a.D., hat schon Erfahrung mit Kriegsfilmen, schreibt das Drehbuch. Produzent Howard Christie verpflichtet den bewährten Regisseur Joseph Pevney.
Anschließend wird die zugkräftigste Viermann-Crew an Darstellern gesucht, die Universal bis dato auf die Beine gestellt hat: Pevneys Lieblingsschauspieler Jeff Chandler, George Nader (drehte schon zweimal mit Pevney), Ex-Tarzan Lex Barker und schließlich Richard Boone, der gerade (1956) mit der Columbia einen Seekriegsfilm fertiggestellt hat. Alle vier waren bei der kämpfenden Truppe im II. Weltkrieg, was für das Publikum, die Soldaten, nicht unerheblich ist. Zwei später berühmte Namen fallen noch auf. Clint Eastwood verkörpert einen Marinesanitäter und David Janssen (Dr. Kimble in "Auf der Flucht") einen weiteren Seemann.
Im April 1955 kann die in "USS Belinda" umgebaute "USS Randall" (sie fuhr Elvis Presley 1958 nach Bremerhaven!) am größten amphibischen Landemanöver der Geschichte teilnehmen: 200 Schiffe und 10.000 Mann lassen das Geschehen sehr realistisch aussehen, so dass von der Romantik der karibischen Jungferninseln kaum etwas zu spüren ist. Wie Jeff Chandler im Booklet (s. u.) sagt, waren die Dreharbeiten meist 18-Stunden-Tage, so dass er von den schönen Städtchen praktisch nichts mitbekam außer seinem Hotelzimmer. Er stand um vier Uhr auf, denn um 5:30 Uhr begannen die Dreharbeiten.
Ab Mitte Mai wurde in San Diego gedreht, um Hafenaufnahmen zu erhalten, anschließlich ging's ins Studio. Dort wurden die Innenaufnahmen wie die Szene "schwerer Seegang" sowie die finale Schlagseiteszene gedreht. In einem künstlichen See eines anderen Studios entstanden diverse Trickaufnahmen. Am 14. Juni 1956 war Premiere, mit großem Trara und dem Radiomoderator (und späterem Bürgermeister Johnny Grant). Lex Barker und seine Gattin Lana Turner kamen und konnten seinen frühzeitigen Ausstieg aus der Handlung des Films erklären. Er bekam während des Drehs die Nachricht, sein Vater habe einen schweren Herzinfarkt erlitten und liege im Sterben. Er bekam vom Studio die Erlaubnis zur vorzeitigen Abreise.
Mein Eindruck
Die Handlung des Films folgt jenem Aufbau, der seit jeher den Geschichten über Dienst, Heldentum und Bewährung in der Gefahr vorbehalten ist. Die unterschiedlichsten Charaktere müssen sich zusammenraufen, und wo dies nicht klappt, entstehen entweder Außenseiter oder Chaos und Risiko. Beides muss der Chef des Ganzen verhindern bzw. vermeiden.
In diesem Film ist es Captain Hawks (Chandler), der sowohl Strenge und Disziplin als auch Vertrauen und Inspiration ausstrahlt. Er ist der Dreh- und Angelpunkt der Handlung, alle anderen sind seine Satelliten, so auch der Erzähler MacDougall (G. Nader). Chandlers grauer Bürstenschnitt markiert nicht nur militärische Disziplin, sondern auch menschliche und dienstliche Erfahrung. Beides kann man bei seinen Offizieren nicht immer beobachten, und in der Regel führt diese Schwäche zu Ärger.
~ Realismus ~
Die Geschichte beschränkt sich also keineswegs auf die Konfrontation mit dem äußeren Feind, sondern erkundet auf realistische Weise auch die zahllosen Konflikte, die an Bord des Schiffes selbst schwelen und hin und wieder ausbrechen. Mehrere Kommentatoren haben diesen praxisnahen Realismus des Drehbuchschreibers, der ja selbst beim Militär war, lobend hervorgehoben. Man kann davon ausgehen, dass die Darstellung der Verhältnisse an Bord der tatsächlichen Wirklichkeit vor Ort einigermaßen entspricht.
~ Humor ~
Natürlich müssen auch ein paar humorvolle Episoden vorkommen, sonst wäre der Film vor lauter Bierernst nicht auszuhalten. Für einige dieser Episoden sorgen einfache Matrosen wie der Mann aus Kentucky oder Tennessee (ein bekannter Comedian), aber auch der Kapitän selbst, als er mit seinem Segelboot zwischen den großen Pötten herumkurvt. Seine schnuckelige "Albatross" bildet mit ihrem knallroten Segel einen krassen Kontrast zum militärischen Grau des Schiffsanstrichs, der für Kriegsschiffe vorgeschrieben ist.
~ Der große Rahmen ~
Die Action, die im Gleichgewicht mit Humor und Drama auftritt, ist bei den Landungsoperationen zu beobachtet. Die "Belinda" macht ja auf eindrucksvoll fotografierte Weise alle wichtigen Kämpfe mit - Kwajalein, Saipan, Iwo Jima und schließlich die dreimonatige Schlacht um Okinawa. Die Kenntnis um die verheerenden Verluste allein auf dieser japanischen Insel setzt der Film als bekannt voraus. Daher reicht allein schon das Wort "Okinawa", um Schrecken und Trauer heraufzubeschwören.
Dies ist für den heutigen Zuschauer, zumal für den nichtamerikanischen, schwer nachzuvollziehen. Leider hilft auch keine Dokumentation, etwa im Booklet, diese Lücke zu füllen. Der Zuschauer sollte also mit dem Seekrieg im Südpazifik bereits halbwegs vertraut sein, um den großen Rahmen zu verstehen, in dem die "Belinda" operiert.
~ Finale ~
Heldentum wie das der Besatzungen von Landungsschiffen erfordert Opfer, um als solches kenntlich zu sein. Da auch das Schiff das heroische Schicksal seiner Besatzung teilt, muss auch es ein Opfer bringen: Ein Kamikazeangriff verursacht so schwere Schäden, dass das Schiff zu sinken droht. Jetzt muss sich zeigen, ob auch die Besatzung ihrem Schiff zu dienen und zu helfen bereit ist. MacDougalls Stunde schlägt: Er kann sich als würdiger Nachfolger des Kapitäns erweisen.
In einer Art mentaler Stab-Übergabe interpretiert er die gemurmelten Worte seines Chefs und übersetzt sie in konkrete Befehle. Angesichts eines solchen Erben und der Rettung seines Schiffs kann der Chef ruhigen Gewissens den Löffel abgeben. Sein Ableben sieht zwar nicht sonderlich spektakulär aus, aber schließlich ist dies hier kein Bibel- oder Sandalenfilm.
~ Mankos ~
Das Einzige, was wirklich fehlt, sind die Gesichter der Japaner - die andere Seite existiert nur als Angreifer - und die Atombombe. Letztere wird nicht einmal erwähnt. Vielleicht sitzt das moralische Trauma zu tief (seinerzeit jedenfalls nicht) oder die Bombe hat einfach nichts mit der Story zu tun. Die Kunst des Erzählens liegt ja auch in der Beschränkung. Für die japanische Seite der Kriegsgeschichte im amerikanischen Film haben sich nur sehr wenige Regisseure interessiert, aber mit "Letters from Iwo Jima" ist spätestens Clint Eastwood eine angemessene Verarbeitung der japanische Sichtweise geglückt.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: Vollbild (1.33:1)
Tonformate:
Dolby Digital 2.0 (Stereo) in Deutsch
Dolby Digital 2.0 (Stereo) in Englisch
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: keine
Extras:
1. Originaltrailer
2. Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
3. 28-seitiges Booklet
Mein Eindruck: die DVD
~ 1. Bild und Ton ~
Generell kann man von einer sehr guten, remasterten Bildqualität sprechen, aber es gab Stellen, an denen Artefakte auftauchten. Ich nehmen, dass diese weißen Punkte an den Anfangsstellen der Rollen des Originals auftauchten. Aber auch gegen Schluss gibt es zwei störende weiße Streifen, zum Glück nur sehr kurz. Das Bild ist jedenfalls derartig gut, dass man ganz genau den gebauten Vordergrund von der Rückprojektion unterscheiden kann, die in sehr vielen Fällen - fast alle Szenen an Deck - den Hintergrund bildet.
Der Sound ist eine andere Sache. Der Score zur Titelsequenz ist viel zu schrill "abgemischt" worden, soweit man beim Remastering überhaupt von "Abmischen" sprechen kann. Zwischen Minute 40 und 45 machte sich zudem ein störendes Rauschen mit schnellem Rhythmus bemerkbar, das ich mir nicht erklären kann. Nichts ist vollkommen, und diese Silberscheibe sicherlich auch nicht.
~ 2. Originaltrailer ~
Der Original-Kinotrailer (2:51 min) weist die gleiche ausgezeichnete Bildqualität auf wie der Hauptfilm, aber auch den gleichen bescheidenen Tonstandard. Der Kommentar ist in Englisch, wird aber nicht in deutschen Untertiteln übersetzt. Man kann es sich ja eh denken, was gesagt wird, denn es ist nur Werbung. Bemerkenswert, dass der PR-Text hervorhebt, dass dies die Verfilmung des bekannten Dodson-Bestsellers ist.
~ 3. Bildergalerie ~
Die Galerie umfasst deutsche Aushangfotos, kaum ein Filmplakat, aber dafür nicht weniger als drei Hefte, darunter ein "Film-Bühne"-Heft und ein Universal-Werbeheft mit Anzeigenmaterial.
~ 4. 28-seitiges Booklet ~
Das höchst umfangreiche Booklet beginnt mit der Inhaltsangabe sowie einem Hintergrundbericht über die Entstehungsgeschichte des Films. Nach der Erwähnung zweier zeitgenössischer deutscher Pressestimmen aus dem Jahr 1956 rattert der Autor die Kurzbiografien aller relevanten Hauptdarsteller sowie des Regisseurs und des Komponisten herunter. Dies füllt die ganze zweite Hälfte des Büchleins. Interessant ist, dass Regisseur Pevney erst im Mai 2008 das Zeitliche gesegnet hat und immerhin 90 Jahre alt wurde. Lex Barker (gebürtig Alexander Crichlow Barker jr.) und Jeff Chandler hingegen starben jeweils eines frühen, sehr unerwarteten Todes.
Unterm Strich
Wer auf Seeschlachten am laufenden Band hofft, wird von diesem Streifen herb enttäuscht werden. Vorbilder wie "Panzerschiff Graf Spee" oder "Versenkt die Bismarck" waren seinerzeit britische Propagandawerke, um entsprechende Kriegshandlungen zu rechtfertigen. Man ließ allenfalls noch Kapitäne als edle Ritter der Meere (so etwa Kpt. Langsdorff von der "Spee") gelten, aber der Kampf war wichtiger - und natürlich der Sieg.
Im Fall des Truppentransporters "Belinda" gibt es keine Schlacht, sondern nur Landungsoperationen, wenn auch unter heftigem Beschuss (gedreht wurde ja im Manöver). Der Schwerpunkt liegt die meiste Zeit auf den psychologischen Konflikten an Bord und erst im Finale greifen die Kamikazebomber an, um das Schiff zu treffen. Ob der Treffer unter der Wasserlinie fatal ist, darf nicht verraten werden.
Ein lustiges Info-Bit, das man dem höchst umfangreichen Booklet entnehmen kann, besteht darin, dass die "USS Randall", das die "Belinda" darstellte, im Jahr 1958 den Gefreiten Elvis Presley nach Bremerhaven transportierte. Ein echtes Filmschiff eben. Ansonsten bietet das Booklet einen vollwertigen Ersatz für eine filmische Dokumentation, inklusive Vierfarbfotos. Deshalb kostet diese DVD mit 14 Euronen auch ein wenig mehr als die üblichen Silberscheiben für durchschnittlich zehn Euro.
- Redakteur:
- Michael Matzer