Audition - Special Edition
- Regie:
- Takashi Miike
- Jahr:
- 1999
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Hongkong
- Originaltitel:
- Òdishon
1 Review(s)
10.05.2008 | 19:30Story
Shigeharu Aoyama belastet sein Dasein als Witwer und alleinerziehender Vater von Tag zu Tag schwerer. Nach dem Tod seiner geliebten Frau hat er den Kontakt zum anderen Geschlecht konsequent abgewiesen, obwohl er ihm nie wirklich abgeneigt war. Erst als sein Sohn Shigehiko ihn darauf aufmerksam macht, dass die Zeit für eine neue Ehe allmählich reif ist, ist Aoyama bereit, seine Situation zu überdenken und sich seinen Freunden zu öffnen.
In einem Gespräch mit seinem Kumpel Yoshikawa entwickeln die beiden eine Idee, wie Shigeharu endlich wieder Kontakte mit anderen Frauen knüpfen kann. Beide laden 30 Damen zu einem Casting für einen fiktiven Kinofilm ein, in der Hoffnung, Aoyama würde hierbei seine neue Traumfrau entdecken. Und tatsächlich sticht die junge Asami ganz besonders aus der Liste der Bewerberinnen hervor. Shigeharu ist sowohl von ihren optischen Reizen als auch von ihren schauspielerischen Referenzen angetan und inszeniert eine erste Verabredung. Schnell entwickelt sich dieser Kontakt jedoch für den Casting-Chef zu einer ernsten Liebschaft, die bei einer romantischen Liebesnacht in einem Hotel besiegelt werden soll. Entgegen aller Warnungen geht er die Beziehung ein, wacht aber während besagter Nacht plötzlich ohne seine neue Geliebte auf. Rasch begibt er sich auf die Suche nach Asami, stöbert hierbei in der Vergangenheit des jungen Mädchens herum und deckt schließlich ein paar Wahrheiten auf, die schrecklicher kaum sein könnten. Wer ist diese Asami nun wirklich?
Persönlicher Eindruck
Takashi Miike ist bereits seit einigen Jahren für seine außergewöhnlich brutalen Spielfilm-Inszenierungen bekannt, sei es nun im klassischen Thriller-Metier oder doch im Bereich der aggressiven Mafia-Action. Nicht nur in seiner asiatischen Heimat hat er sich mit Beiträgen wie "Izo" oder "Dead Alive" einen Namen als Ausnahme-Regisseur machen können, auch hierzulande ist Miike seit geraumer Zeit - zumindest unter Liebhabern verstörender Filminhalte - ein hochgeschätzter Mann. Damit einher geht allerdings auch die Tatsache, dass seine bisherigen Werke ständig zu polarisieren vermochten, sei es nun wegen der übermäßigen Gewaltdarstellungen oder einfach nur wegen der Zentrierung der heftigen Szenen als Mittelpunkt seiner bitter-ästhetischen Projekte. Wo Miike nämlich draufsteht, da ist unter Garantie auch ein Mindestmaß an Brutalität und schockierenden Sequenzen enthalten. Und genau so, wie seine Fans dies lieben, bauen sich seine konservativen Gegner heftig gegen die mitunter skandalösen Darstellungen des Regisseurs auf. Doch sind es nicht gerade derartige Aspekte, die einen wahren Künstler erst auszeichnen?
Dementsprechend groß ist daher auch die Überraschung über das verhältnismäßig ruhige Setting in seiner 99er-Produktion "Audition", die hierzulande nun erstmals ungekürzt per DVD auf den Markt gelangt. Miike beginnt sehr verhalten, fast schon romantisch und neigt zwischenzeitlich sogar dazu, den Zuseher mit seinen ellenlangen Schicksalsbeschreibungen sowie den Details der Liebschaft zwischen den beiden Protagonisten einzulullen. Lange passiert geschieht kaum etwas wirklich Elementares, so dass sich nach und nach der Eindruck verhärtet, Miike hätte sein Publikum diesmal tatsächlich genarrt und sein Metier vorübergehend gewechselt. Doch dann ... dann taucht das bisweilen wirklich kranke Genie des Kult-Regisseurs mit einem Mal noch grausamer und erschreckender wieder in die Gedanken der Zuschauer zurück, als er sich in der zweiten Hälfte des Films wiederholt durch den Plot eines ziemlich, krassen Psycho-Thrillers werkelt.
Je tiefer sein Hauptdarsteller Aoyama in die Vergangenheit seiner kurzzeitigen Freundin eintaucht, desto vehementer bedrängt ihn schließlich die Gewissheit, in welch katastrophale Lage er sich selbst befördert hat bzw. mit wem er sich hier unbewusst eingelassen hat. Eine verstümmelte Leiche macht den Anfang, setzt gleichzeitig die ersten Schockeffekte und steigert sich im weiteren Verlauf in die Darstellung von unkenntlich gemachten Figuren und einen wahren Psycho-Wahn, dem wohl nur die stärksten Nerven gewachsen sind. Denn auch wenn man bei Miike grundsätzlich schon weiß, was einen mit großer Wahrscheinlichkeit erwarten wird, so hat der Regisseur in "Audition" in seiner Position als meisterhafter Inszenator noch einmal deutlich über die Stränge geschlagen - was man in diesem Fall aber positiv bewerten sollte. Die Gänsehaut, die sich bei der Präsentation einiger enorm ausgeprägter Kontraste unwiderruflich einstellt, ist nämlich selbst für diese Underground-Legende außergewöhnlich.
Aufarbeitung
Rein visuell merkt man "Audition" an, dass es eine Independent-Produktion aus dem asiatischen Raum ist. Das dezente Bildrauschen ist mittlerweile schon fast charakteristisch für das dortige Kino und soll hier auch nicht weiter angeprangert werden. Mittlerweile hat man sich nämlich schon unbewusst daran gewöhnt. Beim Sound hingegen ist ein sehr schön ausbalanciertes, differenziertes Gesamtbild zu resümieren. Die im Vergleich zur herkömmlichen DVD-Fassung aus dem Jahre 2005 noch einmal verbesserte Synchronisation ist topp, die dezent eingesetzten Surround-Effekte prima eingearbeitet. Aber auch beim Extramaterial wurde nicht gekleckert: Die Special Edition enthält ein 60-minütiges Interview mit dem Regisseur, Trailer sowie ein paar nette Gimmicks wie beispielsweise ein Poster. Da sollte schlussendlich wohl niemand meckern!
Fazit
"Audition" ist selbst für einen Takashi Miike eine sehr ungewöhnliche, dennoch absolut sehenswerte Produktion. Der Regisseur wiegt seine Kundschaft in Sicherheit, hält sich mit seinen bewährten Stilelementen sogar über den Zeitraum einer knappen Stunde zurück, bevor er schließlich die Bestie von neuem entfesselt und sie im Rahmen eines äußerst brutalen Psycho-Schockers auf die Hauptfiguren loslässt. Natürlich wird der Streifen wieder immens polarisieren und eine deutlich zweigeteilte Meinung hervorrufen. Alles andere wäre aber bei einer Miike-Regie auch enttäuschend gewesen, weshalb eine klare Empfehlung auch an dieses Schmuckstück aus der betörenden Sammlung des Regisseurs geht!
- Redakteur:
- Björn Backes