Freibeuter des Todes
- Regie:
- Michael Ritchie
- Jahr:
- 1980
- Genre:
- Abenteuer
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- The Island
1 Review(s)
01.04.2008 | 11:39Volle Action auf der Insel der Piraten
Im Bermuda-Dreieck will der Journalist Blair Maynard (Michael Caine) gemeinsam mit seinem Sohn Justin das Geheimnis der vielen verschwundenen Menschen und Boote entschlüsseln - und wird fündig: Denn auf einer vergessenen Insel lebt seit Jahrhunderten ein Stamm mordender Freibeuter, der die beiden Eindringlinge gefangen nimmt und zu Zeugen seiner schockierenden Taten macht. (Verlagsinfo)
Weltweite DVD-Erstveröffentlichung in einer restaurierten Fassung.
Filminfos
O-Titel: The Island (USA 1980)
Dt. Vertrieb: Koch Media
Erscheinungsdatum: 08.02.2008
FSK: ab 16
Länge: ca. 88 Minuten
Regisseur: Michael Ritchie
Drehbuch: Peter Benchley
Musik: Ennio Morricone und Richard Strauss
Darsteller: Michael Caine, David Warner, Brad Sullivan, Frank Middlemass, Angela Punch McGregor, Jeffrey Frank u. a.
Handlung
PROLOG. Vor einer Insel in der Karibik angeln ein paar Rentner nach Schwertfischen, abends trinken sie, um ihren bescheidenen Erfolg zu feiern. Nachts treibt ein Kanu längsseits. Die überraschte Bordwache wird von einem axtschwingenden Wilden erschlagen, ebenso wie alle anderen an Bord. Nur ein Junge entgeht dem Massaker.
Der britische Journalist Blair Maynard (Michael Caine) hat davon gehört, dass binnen drei Jahren 600 Boote verschwanden. Diese Story verkauft er seinem Auftraggeber. Im Redaktionsbüro sitzt überraschenderweise sein 13-jähriger Sohn Justin (Jeffrey Frank). Er habe frei, und Mami sei verreist. Maynard bietet ihm einen Trip nach Walt Disney World in Florida an - gebongt. Schließlich hat Justin Geburtstag. Auf dem Weg zum Flughafen halten sie an einem Waffenladen. Hier stellt sich heraus, dass Maynard in Korea gekämpft hat und sehr gut schießen kann. Sein Sohn ist auch nicht schlecht und bekommt eine 22er geschenkt. Es gelingt ihm, die Waffe durch den Zoll zu schmuggeln.
In Florida erfährt er, dass inzwischen zwei weitere Boote verschwunden sind - zwei komplette Familien. Er überredet Justin, mit ihm nach Navidad zu fliegen, ein kleines Eiland in der Karibik. Das sei doch viel aufregender als das blöde Disney World. Der Flieger ist eine Klapperkiste und der Pilot baut eine Bruchlandung, bei der das Flugzeug in Flammen aufgeht. Aber Justin hat immer noch seine Pistole und schmuggelt sie auch hier durch den Ein-Mann-Zoll.
Am anderen Morgen stoßen sie auf einen Weißen mit dem Namen Dr. Windsor (Frank Middlemass), der in einer heruntergekommenen Bruchbude lebt. Es ist unklar, womit Windsor sein Geld verdient, denn auf der Insel lebt kaum jemand. Das hätte Maynard stutzig machen soll. Er wird Windsor wiedersehen. Zunächst fährt er mit Justin zum Angeln aufs Meer, sozusagen als sein eigener Köder für die Leute, welche die Boote verschwinden lassen. Der Plan klappt hervorragend, denn das Boot wird schon bald mit einem genialen Trick überfallen. Es gelingt Maynard, den Piraten zu erschießen, doch ein Sturz schickt ihn selbst die Arme Morpheus'.
~ Auf der Insel ~
Er erwacht in der Nacht und ist an ein Gestell gefesselt. Die Gestalten vor seinen Augen sehen abgerissen aus und tragen Klamotten aus dem 17. Jahrhundert. Außerdem scheinen sie des Englischen kaum mächtig zu sein, als sie aus einem großen Buch vorlesen. Offenbar sitzen diese Gestalten über Maynard zu Gericht. Zu seiner Verwunderung entgeht er seinem Tod nur dadurch, dass eine Frau Anspruch auf ihn erhebt. Er soll ihr Sklave sein und ihr den Gatten ersetzen, den er erschossen hat. Schon bald hindert ein Halseisen Maynard daran, aus dem Zelt der Frau zu fliehen. Sein erster Dienst bei ihr besteht darin, ihr ein Kind zu machen ...
Sein Fieber hindert Maynard daran mitzubekommen, wie sein Sohn Justin durch Schlafentzug einer Gehirnwäsche unterzogen wird. Schon nach wenigen Tagen schließt sich Justin den Piraten an. Er heißt jetzt Two-Barb ("zwei Widerhaken"). Auch der Junge vom Boot der Schwertfischangler findet sich im Lager. Er ist der derzeitige "Sohn" des Oberpiraten Noa (David Warner). Mit eifersüchtigem Blick wacht er darüber, dass ihm Justin nicht seinen Platz streitig macht.
Als Maynard wieder auf dem Damm ist, muss er erkennen, dass er seinen Sohn verloren hat. In einer bemerkenswerten Wilhelm-Tell-Show schießt Justin seinem Vater eine Frucht aus der Hand. Maynard beweist erstaunliche Nervenstärke und hält ganz still. Interessiert bemerkt er, wie vorsintflutlich die Waffen der Piraten aussehen. Sind die etwa auch aus dem 17. Jahrhundert?
Es gelingt Maynard, das Halseisen zu lösen und die Küste zu erreichen, doch der Fluchtversuch schlägt fehl, und auch seine Halterin muss Strafe erdulden. Am nächsten Morgen trifft Dr. Windsor ein und gibt den Piraten nicht nur neue Ausrüstung, sondern auch einen Tipp auf lohnende Beute. Ein großer Schoner mit Touristen nähert sich den Gewässern der Piraten. Schon bald brechen die Piraten mit allen Gefangenen auf Beutezug auf. Heute soll Justin zum Mann werden, hat Noa beschlossen.
Wird es Maynard gelingen, zu entkommen und seinen Sohn zurückzugewinnen?
Mein Eindruck
Peter Benchley ("Der weiße Hai") schrieb das Drehbuch nach seinem gleichnamigen Abenteuerroman. Er muss sich offensichtlich gesagt haben: "Warum sollte ich meine Figuren so viel quatschen lassen, wenn ich sie doch viele aufregende Dinge tun lassen kann?" Und da Michael Caine ja eh schon als der Action-Mann des britischen Kinos, sozusagen als alternativer James Bond, bekannt war, brauchte Benchley ihn nicht viele Worte sagen zu lassen, um ihn glaubwürdig auftreten zu lassen. Und Michael Caine tut jede Menge "aufregender Dinge".
In einer sehr flotten Kombination aus Abenteuer-, Piraten- und Horrorfilm versucht Maynard immer wieder, die Flucht von der Insel zu schaffen. Dass die Piraten seit 300 Jahren hier leben sollen, wie Dr. Windsor ihm stolz verrät, bringt ihn nicht aus dem Konzept. Das ist eine Sache, die nur durchgeknallte Anthropologen wie Windsor interessiert. Was Maynard vor allem will, ist sein Sohn.
Eine kräftige Prise schwarzen Humors war schon immer Caines Markenzeichen und er hält mit fein dosierten sarkastischen Bemerkungen nicht hinterm Berg. Und wenn es drauf ankommt, im Bett der Witwe gut "Frigg-Frigg" zu machen, so scheint er auch dies klaglos hinzunehmen. Er weiß, auch dies wird vorübergehen - und tatsächlich hilft sie ihm am Ende. Nur deshalb überlebt sie das bleihaltige Finale.
~ Das Finale ~
Dieses Finale dürfte der Grund dafür sein, warum dieser Film das Prädikat FSK 16 erhalten hat. Im Finale macht Caine nämlich einen auf "Rambo" und ballert mit einem Maschinengewehr der Küstenwache, was das Zeug hält. (Man wundert sich, dass die Küstenwache dieses Eiland nicht schon viel früher gefunden hat und jetzt erst erscheint, genau dann, als Maynard sie am dringendsten braucht.) Der zweite Showdown dient dann dazu, Maynard wieder seinen Sohn zurückzubringen. Doch das geht nur über die Leiche des Piratenchefs Noa. David Warner hat ein Image als britischer Oberschurke, und das setzt er hier mit Erfolg ein.
~ Freund oder Feind? ~
Die Regie hat sich besondere Lichteffekte für den Kampf unter Deck des Küstenwachenkreuzers einfallen lassen. Wie auf einem U-Boot während eines Alarms ist die Notbeleuchtung komplett auf ein tiefes Rot umgestellt worden. In diesem Zwielicht sind perfiderweise nur Schatten auszumachen. Ist die Gestalt am Ende des Gangs nun der richtige Mann? Maynard zögert mit einem Schuss aus seiner Signalpistole. Deshalb kommt er um ein Handgemenge mit Noa nicht herum. Nach seinem Sieg bleibt allerdings die bange Frage: Wird sein Sohn ihn wieder als Vater erkennen und akzeptieren?
~ Die Peter-Pan-Gefahr ~
Die Versuchung liegt nahe, den Film nur als weitere Ausschlachtung des ewigen Bermuda-Dreieck-Themas aufzufassen. Das wäre zu kurz gegriffen. Es ist auch eine Verarbeitung des Peter-Pan-Mythos. Bekanntlich spielen Jungs gerne Pirat, und der Erfolg der "Fluch der Karibik"-Trilogie hat das wieder einmal deutlich vor Augen geführt. Auch in J. M. Barries Buchvorlage, verfilmt von Disney und Spielberg, spielen Piraten eine wichtige Rolle. Es sind alles große Jungs, besonders Peter Pan, und selbst Käptn Hook erweist sich als großer Bub mit nur einer Furcht: vor der Zeit. Das gilt genauso für Pan selbst, der nicht erwachsen werden will.
Wenn also Maynard die Herrschaft der Piraten beendet, so hilft er seinem Sohn, den sie eingefangen und wie einen Spion "umgedreht" haben, dabei, selbst erwachsen zu werden. Die Insel der Piraten, das ist wie eine Zeitblase, in der die Entwicklung vor 300 Jahren stehengeblieben ist. Benchleys Trick besteht nun darin, die Zeitblase zu einem Schwarzen Loch zu machen, in dem alle erbeuteten Schiffe und Boote verschwinden. Maynard ist der Katalysator, um das Schwarze Loch kollabieren zu lassen.
Weil aber die Piraten keine Pipifax-Klamotte veranstalten, sondern wirklich brutal vorgehen und alle Gefangenen (außer vielleicht kleine Jungs) über den Jordan oder die Planke gehen lassen, ist eine gehörige Portion Gegengewalt nötig, um ihre Herrschaft zu brechen. Hierbei erklärt nur Maynards Kampferfahrung in Korea, dass er weder die Nerven verliert noch sich scheut, mit einem Maschinengewehr auf wehrlose Piraten zu feuern.
~ Sektengefahr ~
Die Piraten lassen sich auch als eine Art Sekte auffassen. Sie haben Justin zu einem der Ihren gemacht, indem sie ihm Gehirnwäsche verpassten. Immer wieder wird gemunkelt, dass dies auch bei der Scientology-Kirche und den Zeugen Jehovas der Fall sei. Und sicherlich wurde die Sektengefahr - Indoktrination oder Drogensucht, das war für viele Eltern das Gleiche - bereits 1980 ernst genommen. Caine als Agent von Recht und Freiheit macht diesem Spuk ein Ende und dürfte die Elterngeneration erleichtert aufatmen lassen. Maynard ist selbst Vater und kämpft stellvertretend für sie um sein Kind. Letzten Endes gewinnt die Elterngeneration über den Spuk, den die Gegenkultur der sechziger Jahre für sie bedeutet hat.
Dabei wird gerne übersehen, dass es für Justin keinen plausiblen Grund gibt, sich wieder seinem Vater zuzuwenden. Es passiert einfach, ohne je erklärt zu werden. Ein Aprilscherz? Hier war einfach der Wunsch der Vater des Drehbuchs.
~ Die Musik ~
Bemerkenswert ist die höchst romantische und qualitätsvolle Musik, die Ennio Morricone, der Haus- und Hofkomponist Sergio Leones, diesem Actionstreifen spendierte. Es ist, als möchte er selbst gerne wieder zu einer so romantischen Umgebung zurückkehren. Vielleicht erinnerte sie ihn an die Piratenspiele seiner Kindheit.
An einer Stelle wird klassische Musik eingesetzt. Sie stammt von Richard Strauss, dem Komponisten von "Also sprach Zarathustra", und trägt den Titel "Aus einem Heldenleben", wie der Abspann verrät. Jeder Liebhaber von Piratenfilmen vor 1945 wird die Musik sofort wiedererkennen. Sie könnte so auch in "Captain Blood" mit Errol Flynn erklingen. Passenderweise schmettern Strauss' Hörner genau dann, als die drei Piratenboote den großen Schoner der Touristen attackieren, den Dr. Windsor erwähnt hat. Es gibt kaum einen romantischeren Moment als diesen im ganzen Film.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 2.35:1 (16:9)
Tonformate: D in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine
Extras:
- Super-8-Fassung (ca. 32 Minuten)
- Deutscher Super-8-Trailer
- Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
Mein Eindruck: die DVD
Die digital überarbeitete Filmfassung sieht sehr gut aus, mit frischen Farben und absolut keinen Artefakten. Der Ton liegt zwar im bescheidenen DD-2.0-Standard vor, bringt aber Ennio Morricones und Richard Strauss' romantische Musik relativ gut zur Geltung. Die Bildergalerie zeigt dem interessierten Filmfreund neben vierfarbigen Filmplakaten auch die Super-8-Filmhüllen und diverse Aushangsbilder in Schwarzweiß und Farbe. Insgesamt sind hier 30 bis 40 Bildmotive gesammelt.
Der deutsche Trailer für die Super-8-Fassung hebt auf die Tatsache ab, dass Peter Benchley, der Autor von "Der weiße Hai", das Drehbuch geschrieben habe. Wir sehen jede Menge Action, die in einem furiosen Showdown gipfelt. Die Super-8-Fassung selbst, immerhin eine gute halbe Stunde lang, startet wie immer mit einem echt miesen Bild, verbessert sich dann aber schnell, bis das Bild durchaus akzeptabel ist.
Wie immer bei Super-8-Fassungen, bekommt man nur die Action-Highlights zu sehen und so viel an überleitenden Szenen, um gerade noch die Storyline zu kapieren. Kaum zu glauben, dass sich mit solchen Filmversionen Geld machen ließ, aber wer sich Filme nicht im Kino, sondern privat daheim ansehen wollte, bekam mit Super-8 eine akzeptable Qualität zu günstigen Preisen geboten. Sie war die Vorläuferin von Videos, Laser-Discs und DVDs.
Unterm Strich
Ich hatte eine Menge Spaß mit diesem Actionstreifen. Verantwortlich war nicht nur die Spannung über den Ausgang, sondern vor allem Michael Caines souveräner Auftritt. Er ist niemals selbstironisch oder macht sarkastische Bemerkungen über die seltsame Situation, in der er sich befindet. Vielmehr nimmt er die Lage ernst und versucht, das Beste daraus zu machen. Von ersten Misserfolgen lässt sich sein Maynard nicht entmutigen. Wahrscheinlich ist der Fraß auf der Insel nicht gerade nach seinem Geschmack, und auch das Leben als Zuchthengst kann seine Nachteile haben.
Umso mehr Spaß boten mir dann der Überfall auf das Segelschiff, die anschließende Schlacht gegen die Piraten und das doppelte Finale. Weil sich die Regie nicht mit langatmigen Erklärungen aufhält, geht das alles recht flott vonstatten. Nur Caines Auftritt als Rambo-Verschnitt sagte mir nicht zu, doch macht er kurzen Prozess mit den meisten seiner Widersacher. Schade, dass Justin im ganzen Film recht wenig zu tun hat. Er hätte einen guten Freitag für Maynards Robinson abgegeben.
Die DVD erfreut mit hervorragender Bildqualität und einer sehr romantischen Musik von Ennio Morricone und Richard Strauss. Die Super-8-Fassung kann man als sich als Kuriosität und Schnelldurchlaufversion des Films ansehen. Schade, dass der Film keine Untertitel aufweist. Ansonsten habe ich nur gute Eindrücke von dieser Silberscheibe.
- Redakteur:
- Michael Matzer