Friend
- Regie:
- Kwak Kyung-Taek
- Jahr:
- 2001
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Korea
1 Review(s)
19.04.2008 | 08:13Story
Südkorea im Jahre 1976: Vier grundverschiedene Jungs beginnen eine intensive Freundschaft, die ihre Kindheit und ihr Jugendalter überdauert. Sie tauschen Geheimnisse aus, entdecken allerhand verbotene Dinge, suchen gemeinsam nach ihrer ersten Liebe und verbringen letztendlich fast jeden Tag miteinander. Dennoch stellen sich ihre unterschiedlichen Charakterzüge sowie ihr stark voneinander abweichender sozialer Background mit jeder voranschreitenden Woche stärker als problematisch heraus.
Während Sang-taek mit tadelloser Erziehung und musterhaften Leistungen ebenso aufs College wechselt wie der wortgewandte Jeong-ko, müssen sich der unstete Dong-su und der verbitterte Jeong-suk ihrem Schicksal auf Abwegen stellen. Reize wie Drogen und Kleinkriminalität führen sie auf die schiefe Bahn und geradewegs in die Hände des brutalen Banden-Metiers in den koreanischen Hinterhöfen. 14 Jahre nach ihrer ersten Begegnung entzweien sich die Wege der beiden längst der Kriminalität unterworfenen Freunde endgültig. Als Köpfe ihrer jeweiligen Banden führen sie einen erbitterten Krieg gegeneinander, der mit den brutalen Gesetzen der Straße ausgetragen wird. Und genau mit diesen sehen sich eines Tages auch Jeong-suk und Dong-su konfrontiert, als sie sich nunmehr als verhasste Feinde gegenüberstehen.
Persönlicher Eindruck
Langsam aber sicher mausert sich das koreanische Kino zum Thronanwärter auf dem großflächigen asiatischen Filmemarkt. Produktionen wie "Brotherhood" oder "Memories of Murder" gelten als ansprechend raue Kontraste zum Glamour-Kino aus den Staaten und setzten kürzlich unmissverständliche Zeichen für die Entwicklung der koreanischen Filmindustrie. Nun zieht mit "Friend" ein weiteres stilles Highlight nach und präsentiert einmal mehr die recht ungewöhnliche Mischung aus knallharter Action, brutalem Drama und emotionaler Härte, die vor allem den Thriller-Sektor des Landes so interessant gemacht hat. Dabei ist die Produktion mittlerweile bereits sieben Jahre alt und erst mit dem Heraufdämmern des cineastischen Geheimtipps Korea so richtig in den Fokus gelangt - unverständlich, wenn man bedenkt, dass der Streifen von Kwak Kyung-Taek bereits in den ersten beiden Jahren der Erstveröffentlichung weltweit reihenweise mit Preisen überschüttet wurde.
Dabei erfüllt "Friend" gemeinhin all die Voraussetzungen, die ein Insider-Tipp nur abdecken kann, nämlich ein unkonventionell strukturiertes Drehbuch, sehr eigenwillige Charakterzeichnungen, außergewöhnliche Szenarien und eine absolut unübliche Form der Darstellung. Zumindest was den Rahmen betrifft, sollte so mancher Liebhaber des Independent-Kinos hier schnell auf den Geschmack kommen. Inhaltlich können die positiven Vorzeichen aber leider nicht ganz bestätigt werden, was primär daran liegt, dass Kwak Kyung-Taek im Grunde genommen gleich zwei voneinander abweichende Geschichten erzählt, die in vielerlei Hinsicht aneinander vorbeilaufen. In teils raschen Sprüngen bemüht er sich um eine ausführliche Darstellung der Jugend der vier Protagonisten, markiert wichtige Eckpunkte und nimmt sich auch die Zeit, jeden Einzelnen von ihnen gebührend vorzustellen.
Gleichsam spielt der Regisseur mit verschiedenartigen Emotionen und steuert die warmherzige Freundschaft noch während der Schulzeit in Richtung kaltblütige Abgeschiedenheit, in der selbst die Loyalität der vier Jugendlichen untereinander nicht mehr gewährleistet ist. Die individuellen Ziele verschieben sich, aber auch die Charaktere selber unterliegen einem raschen Wandel, der nicht bei allen Beteiligten wirklich angenehm ist. So folgen letztendlich alle ihrer anfänglichen Berufung, treten in die Fußstapfen ihrer sozialen Zugehörigkeit und machen genau das aus ihrem Leben, was ihr jeweiliges Milieu ihnen zur Auswahl belässt.
Diese Entwicklungen beschreibt Kwak Kyung-Taek auch in aller Ausführlichkeit, so dass selbst größere Sprünge immer leicht nachvollziehbar bleiben und man sich den vier Protagonisten auch entsprechend anvertrauen kann. Doch just in dem Moment, wo die Story einen radikalen Bruch vollzieht, nimmt auch die Begeisterung für die stille, teils sogar sentimentale Handlung rasch ab. "Friend" nimmt sich selbst diese besondere Atmosphäre, indem sich der Film schlagartig in einen knallharten Action-Thriller verwandelt, der im Grunde genommen lediglich die üblichen Klischees eines Gangster-Streifens bedient. Zwar nimmt sich der Regisseur bei der Demonstration der Brutalität das Recht heraus, über die üblichen Beschränkungen hinauszugehen - so dass sich stellenweise die Frage stellt, wie der Film doch noch die Jugendfreigabe bekommen konnte – und behält sich wesentliche Eigenheiten des asiatischen Kinos bei, orientiert sich aber zusehends westlich, ohne dabei die Krux des Dramas auf den Punkt zu bringen. Und auch wenn das Spektakel letztendlich noch relativ ordentlich eingefangen wurde und einer gewissen Tragik nicht entbehrt, raubt man ihm zum Schluss doch einen deutlichen Anteil des sehr hohen Potenzials, indem man versucht, die Handlung mit radikalen Mitteln in eine völlig andere Richtung zu lenken.
Somit hemmt die deutliche Zweiteilung der Story auch den Spannungsaufbau um einen entscheidenden Teil. Zwar reißt das Interesse am Schicksal der vier 'Helden' nicht ab, da es aber an Konsequenz mangelt und am Ende doch nur die Entwicklung der beiden Bandenmitglieder Jeong-suk und Dong-su beobachtet wird, bleiben die emotionalen Inhalte letztendlich nur oberflächlich und verbauen der Produktion die Chance auf eine souveräne Verfilmung. Nichtsdestotrotz bleibt "Friend" ein einigermaßen sehenswerter Film, der gerade bei den Charakterdarstellungen Maßstäbe zu setzen vermag.
Die zugehörige DVD lädt allerdings nur bedingt zum Kauf ein; die Bildqualität schwankt teilweise mit einer Tendenz zu leichtem Rauschen. Aber auch die Extras können kaum überzeugen und wirken lieblos und beliebig zusammengewürfelt. Unkommentierte Einblicke hinter die Kulissen sowie einige von Musik begleitete Clips sind jedenfalls nichts, was den Interessenten irgendwie aus der Reserve locken könnte. Zumindest ist aber der Ton in Ordnung und beschließt einen anständigen, aber in letzter Instanz eben nicht rundum gelungenen Thriller, dessen Blockbuster-Qualitäten sich nicht auf den kompletten Inhalt stützen können. Schade eigentlich, denn diese Nation zeigte sich auf den Leinwänden zuletzt wirklich unheimlich kreativ!
- Redakteur:
- Björn Backes