Frankensteins Ungeheuer
- Regie:
- Freddie Francis
- Jahr:
- 1964
- Genre:
- Horror
- Land:
- Großbritannien / USA
- Originaltitel:
- The Evil of Frankenstein
1 Review(s)
19.03.2008 | 04:35Misslungenes Monster in zweifacher Erweckung
Baron Frankenstein, mittlerweile im Exil, muss zurück nach Karlstaad fliehen, als die aufgebrachten Dorfbewohner sein Labor zerstören. Dort erfährt der Baron, dass das von ihm erschaffene, legendäre Ungeheuer noch immer am Leben ist. Doch der mysteriöse Hypnotiseur Zoltan, der das Ungeheuer befehligen soll, will die Kreatur für seine eigenen Zwecke missbrauchen. Er setzt damit eine Kette blutiger Geschehnisse in Gang.
Es handelt sich um eine digital bearbeitete Fassung und die Nr. 4 in der Koch Media Hammer Edition.
Filminfos
O-Titel: The Evil of Frankenstein (GB/USA 1964)
Dt. Vertrieb: Koch Media (22. Februar 2008)
FSK: ab 16
Länge: ca. 83 Minuten
Regisseur: Freddie Francis
Produzent: Anthony Hinds
Drehbuch: John Elder (= Anthony Hinds)
Musik: Don Banks
Darsteller:
Peter Cushing: Baron Frankenstein (dt. Stimme: Friedrich Schoenfelder, die Stimme von David Niven etc.)
Peter Woodthorpe: Hypnotiseur Zoltan
Duncan Lamont: Polizeichef
Sandor Elès: Hans, Fs Assistent
Katy Wild: das taubstumme Bettlermädchen
David Hutcheson: Bürgermeister
James Maxwell: Priester
Anthony Blackshaw: Polizist (dt. Stimme: Christian Brückner, die Stimme von Robert de Niro!)
Kiwi Kingston: die Kreatur
u. a.
Handlung
Baron Frankenstein und Hans haben wieder mal eine Leiche geliefert bekommen. Sofort macht sich der Wissenschaftler daran, das Herz herauszuschneiden, in eine Lösung zu legen und dort wieder zum Pumpen zu bringen. Mit Hilfe des elektrischen Stroms, den seine Wassermühle erzeugt, wird das Herz entsprechend angeregt. Doch ein Mädchen hat entdeckt, wie der Handlanger des Barons die Leiche stahl und sich an den Priester gewandt hat. Dieser taucht nun in Frankensteins Labor auf und nennt es Teufelszeug. Dann beginnt er, die wertvolle Einrichtung zu zerschlagen. Frankenstein wirft ihn hinaus, doch es ist klar, dass er nicht mehr länger bleiben kann, bis ihn die Polizei abholt. "Warum können sie mich nie in Ruhe lassen? Warum müssen sie immer alles zerstören?", fragt der Frankenstein. Hans hat keine Antwort.
Hans ist erstaunt, dass sich sein Herr, der über dieses wundervolle Wissen über die Biochemie verfügt, wieder nach Hause wagt. Aus Karlstaad wurde Frankenstein vor zehn Jahren vertrieben. Als sie auf seinem leergeräumten Schloss eintreffen, erzählt er Hans, wie es dazu kam. Er hatte aus Leichenteilen einen Menschen zusammengesetzt und ihn mit Hilfe elektrischen Stroms zum Leben erweckt.
Doch die Kreatur wollte weder Brei noch abgehangenes Fleisch essen. Vielmehr büxte sie aus und vergriff sich an den Schafen auf der Weide. Sie hatte es auf frisches Fleisch abgesehen. Die Polizei und Jäger schossen auf die Kreatur, der Baron warf sich dazwischen und wurde verhaftet, doch die Kreatur entkam in die Berge. Nun hält er sie für tot.
Der Baron wagt sich auf den Jahrmarkt in der Stadt. In der Gesichtsmaske hofft er, nicht erkannt zu werden. Doch als er in einem Gasthaus sieht, dass der Bürgermeister seinen Ring trägt, ein wertvolles Familienerbstück, gibt er keine Ruhe und erregt die Aufmerksamkeit der Polizei. Auf der Flucht gerät er in das Zelt des Hypnotiseurs Prof. Zoltan, doch auch von dort müssen sie fliehen. In den umliegenden Bergen treffen sie auf das taubstumme Bettlermädchen, das ihnen bereits auf der Straße begegnete. Es führt sie in seine Höhle. Am nächsten Morgen entdeckt Frankenstein zu seinem Entzücken seine Kreatur - eingefroren im Gletschereis. Er schmilzt das Eis und schafft den Leib des Wesens in sein Schloss. Das Mädchen darf mitkommen.
Erneut gelingt es Frankenstein, Lebenszeichen in der Kreatur zu erwecken, doch sie reagiert nicht auf Befehle. Da fällt ihm der Hypnotiseur ein. Zoltan kann tatsächlich die Kreatur dazu bringen, Befehle zu befolgen, allerdings funktioniert dies nur bei seinen eigenen. Als Lohn verlangt Zoltan ein Drittel der Einnahmen, wenn die Kreatur im Zirkus gezeigt wird. Doch insgeheim hat er einen eigenen Plan. Er will sich für die Schikanen rächen, die ihm Polizeichef und Bürgermeister angetan haben. Und er will Gold - das Gold auf dem Altar der Kirche ...
Das Verhängnis nimmt seinen Lauf.
Mein Eindruck
Nach "Frankensteins Fluch" (1957) und "Frankensteins Rache" (1958) stellte "Frankensteins Ungeheuer" (1964) den dritten Frankenstein-Film der Hammer Studios dar. Während Fans ihn für den schwächsten des Trios halten, sind Experten ganz anderer Ansicht (z. B. in "Lexikon des Horrorfilms"). Peter Cushing war nie in besserer körperlicher Verfassung und spielte lebhafter und nuancierter als hier.
Sein Frankenstein ist hier nicht der skrupellose und besessene Wissensschürfer, der ohne Zögern über Leichen geht, sondern sogar ein wenig selbstmitleidig wegen seiner Feinde und verständnisvoll gegenüber Hans. Nur weil er hier seine nachgiebige Seite zeigen darf, trauen wir ihm zu, dass er von Prof. Zoltan übers Ohr gehauen werden kann. Kurzum: Er hat die Dinge nicht mehr im Griff, sondern sie überwältigen ihn nach und nach. Dies steht ironischerweise in krassem Widerspruch zum Filmtitel "The Evil of Frankenstein".
~ Erweckungen ~
Der Film weist zwei Erweckungsszenen auf. Sie sind mit großem Aufwand inszeniert, vor allem weil in das fantastische erste Labor Frankensteins eine Menge Geld investiert wurde. Dabei kommt die erste Erweckungsszene, gestaltet als Rückblende, fast ohne Dialog aus. So kann sich der Zuschauer ganz auf die vielfältigen Effekte wie etwa Flammen, sprühende Funken in der primitiven Elektrik und auf die donnergrollende Geräuschkulisse konzentrieren. Die Erweckung gelingt - Frankenstein ist ein Halbgott.
Ganz anders die zweite Erweckungsszene. Die Kreatur weist immer noch die gleiche Quadratschädel-Physiognomie auf, die so frappierend an das erste Universal-Monster aus dem Jahr 1933 erinnert. Dieses hatte sich die Universal seinerzeit schützen lassen, doch der Deal der Hammer Films erlaubte ihnen, das Design nachzuahmen. Leider kam kein Boris Karloff dabei heraus, der unser Mitgefühl wecken würde, sondern eine starre Maske ohne jede Ausdruckskraft. Der Zuschauer fühlt bei diesem Anblick einfach gar nichts. Dieses Gesicht ist ein Rätsel, eine Chiffre - der einzige, aber gravierende Schwachpunkt der Films.
~ Finale ~
Denn die Kreatur ist keine tote Masse, sondern wird unter Zoltans Befehlen zu einem Akteur, einer ausführenden Maschine, wie ein Roboter. Sie tötet zwei Menschen (man kann sich denken, wen) und raubt Gold. Natürlich ruft dies die Gegenreaktion der Karlstaader hervor. Doch Frankenstein, zeitweilig eingekerkert, befreit sich mit einem genialen Trick und kommt den Verfolgern zuvor. Es kommt zu einem Showdown im Labor des Schlosses. Ein grandioses Finale, in dessen Flammenhölle sich Peter Cushing Verbrennungen dritten Grades einhandelte, als er einen Stunt selbst ausführte.
Das Monster ist tot, aber ist es sein Schöpfer auch? In der Fortsetzung "Frankenstein schuf ein Weib" (1966) trägt Frankenstein alias Cushing verbundene Hände oder Handschuhe, wenn er seine Experimente fortsetzt.
~ Die Tricks ~
Die visuellen Tricks dürften heute nur noch ein amüsiertes Schmunzeln hervorrufen, aber seinerzeit waren sie recht wirkungsvoll. Auf der gestochen scharf darstellenden DVD ist das "Gletschereis" deutlich als Zellophanfolie zu erkennen, das Schloss ist ein hübsches Modell aus Karton, die Explosionen und Flammen sehen allerliebst aus. Die Rückprojektion, vor der Cushing auf einem Wagen steht und ein "Pferd" antreibt, ist als solche deutlich erkennbar, was nicht besonders toll wirkt. Ein Matte-Painting, das einen Rückblick auf das Tal gewährt, aus dem Frankenstein aufbricht, wird wieder in anderen Hammer-Filmen zu sehen sein. Wenigstens kommen keine Fledermäuse an Bindfäden vor.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1 (16:9)
Tonformate: D in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine
Extras:
- O-Trailer
- 16-seitiges Booklet
- Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
Mein Eindruck: die DVD
Die Qualität des digital bearbeiteten Bildes ist überraschend gut. Und der Ton ist so gut, dass der Originaltrailer durch seine minderwertige Tonqualität geradezu abstoßend wirkt - der Sprecher scheint sogar zu nuscheln. Der Ton der deutschen Synchronfassung ist nur unwesentlich anders als derjenige des englischsprachigen Originals.
~ Das Booklet ~
... informiert über die Entstehung des Films und über die Mitwirkenden, außerdem enthält es eine Menge schöner Vierfarbfotos aus dem Film. Hier ist die einzige Stelle, wo der filmhistorisch Interessierte etwas über die Mitwirkenden an der deutschen Synchronisation erfährt.
~ Die Bildergalerie ~
... verdient zwar, wie der Sammler weiß, durchaus diesen Namen, ist aber wesentlich mehr als die handelsübliche Diaschau von Szenenfotos. Nach den internationalen Plakaten für den Film folgen eine Reihe von vierfarbigen Aushangfotos, von denen jedoch einige auch koloriert aussehen. Nach einer Reihe weiterer Schwarzweißfotos, allerdings mit den gleichen Motiven, präsentiert die Diaschau zuerst das deutschsprachige Filmheft (in Sepeiabraun) und dann das niederländische (in Schwarzweiß). Mit der Zoomfunktion lässt sich der Text entsprechend gut lesen.
Alles in allem verdient das Bonusmaterial die Bezeichnung 'gut', selbst wenn kein Making-of dabei herauskommt. Die Art der Präsentation ist jedoch weitaus preisgünstiger als etwa ein viertelstündiges Making-of und wirkt sich positiv auf den Endpreis der Sammler-DVD aus. Kurioserweise ist dieser Preis von EUR 14,95 bei Amazon.de höher als derjenige der mit umfangreicherer Bildergalerie ausgestatteten DVD "Der Kuss des Vampirs". Ansonsten ist die Ausstattung völlig gleich.
Unterm Strich
Dieser dritte Frankenstein-Film der Hammer Studios ist nicht gerade eine Offenbarung, doch in seiner Anlehnung an das Universal-Original von 1933 unterscheidet er sich gehörig von seinen zwei Hammer-Vorgängern. Sehr schön gelungen sind die zwei Erweckungsszenen sowie das ebenso furiose wie feurige Finale. Der Baron ist diesmal nachdenklicher als sonst und sein Monster wesentlich schlechter entworfen - es war Entwurf Nr. 112, der nach langem Streit endlich genehmigt wurde ...
In den zahlreichen Füllselszenen fiel mir vor allem die sexy Frau des Bürgermeisters auf, allerdings wegen ihres ostentantiv gezeigten Vorbaus. Wie viele Jünglinge mögen wohl seinerzeit genau auf diesen Moment gewartet haben? Ansonsten hat die üppige Blondine nur die Aufgabe, bei jeder sich bietenden Gelegenheit kräftig zu kreischen und wird nicht einmal in den Credits erwähnt. Das Filmgeschäft kann ja so undankbar sein.
Das Bonusmaterial, das umfangmäßig fast ebenso viel zu bieten hat wie bei "Der Kuss des Vampirs", hilft dem Sammler dieser Hammer (Film) Edition Nr. 4, die Hintergründe und die Mitwirkenden der Produktion zu verstehen.
- Redakteur:
- Michael Matzer