Sophie Scholl - Die letzten Tage
- Regie:
- Marc Rothemund
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Drama
- Land:
- Deutschland
- Originaltitel:
- Sophie Scholl - Die letzten Tage
1 Review(s)
16.05.2008 | 11:06Die Daten:
Regie: Marc Rothemund
Buch: Fred Breinersdorfer
Musik: Reinhold Heil, Johnny Klimek
Kamera: Martin Langer
Darsteller:
Julia Jentsch als Sophie Magdalena Scholl
Gerald Alexander Held als Robert Mohr (as Alexander Held)
Fabian Hinrichs als Hans Scholl
Johanna Gastdorf als Else Gebel
André Hennicke als Richter Dr. Roland Freisler
Florian Stetter als Christoph Probst
Maximilian Brückner als Willi Graf
Johannes Suhm als Alexander Schmorell
Lilli Jung als Gisela Schertling
Klaus Händl als Lohner
Petra Kelling als Magdalena Scholl
Jörg Hube als Robert Scholl
Franz Staber als Werner Scholl
Maria Hofstätter als Wärterin
Wolfgang Pregler als Jakob Schmid
Christian Hoening als Reichsanwalt Weyersberg
Paul Herwig als Rechtsanwalt August Klein
Walter Hess als Pfarrer Dr. Alt
Norbert Heckner als Professor Wuest
Frederike Schnitzler als Anneliese Graf
Anne Clausen als Traute Lafrenz
Anton Figl als Rechtsanwalt Ferdinand Seidl
Historischer Hintergrund:
Sophie Scholl kam durch ihren Bruder zum ersten Mal mit Studenten der Münchner Universität in Kontakt, die sich gegen das Regime des Nationalsozialismus auflehnten. Trotz großer Bedenken ihres Bruders – schließlich wollte er seine Schwester schützen – hat sie sich der Gruppe der Widerständigen angeschlossen.
Von nun an war sie aktiv beim Widerstand tätig, sie half unter anderem auch bei der Herstellung und der Verbreitung von Flugblättern, deren Inhalt sich gegen das herrschende Nazi-Regime richtete - Flugblätter der Widerstandsbewegung „Weiße Rose“. In diesen Flugblättern, die an öffentlichen Plätzen ausgelegt wurden, wurde zum offenen Widerstand aufgerufen - ein "neues geistiges Europa" sollte entstehen.
Am 18. Februar 1943 wurde Sophie Scholl bei einer dieser Flugblattaktionen, vom Hausmeister der Münchner Universität entdeckt und der Schulleitung übergeben. Nach der Befragung durch den Rektor der Universität, Professor Walther Wüst, wurden beide der Gestapo übergeben.
Im Münchener Gestapo-Hauptquartier angekommen, wurde Sophie Scholl durch den zuständigen Kriminalobersekretär Robert Mohr verhört. Bereits vier Tage später, am 22. Februar, wurde sie in München vom Volksgerichtshof unter Vorsitz des extra dafür aus Berlin angereisten Richters Roland Freisler zum Tode durch Enthauptung verurteilt.
Noch am gleichen Tag ist die Exekution an ihr, ihrem Bruder Hans Scholl und Christoph Probst mit der Guillotine vollstreckt worden.
Die Handlung:
Die Handlung des Films nimmt ab dem Zeitpunkt ihren Verlauf, an dem die Scholl Geschwister die Flugblätter der Freiheitsbewegung "Weiße Rose" in der Universität auslegen und in Folge dessen verhaftet und inhaftiert werden. Der Film zeigt im weiteren Verlauf das von Gestapo durchgeführte Verhör unter der Leitung Mohrs (Gerald Alexander Held) und der Film dokumentiert schlussendlich auch das Geständnis der Widerstandskämpfer, die populistische Gerichtsverhandlung unter Dr. Roland Freisler (Andre Hennicke), die schließlich die Verurteilung zum Tode zur Folge hat.
Der Film basiert auf den originalen Verhörprotokollen der Geschwister Scholl sowie Christoph Probst, die in der DDR bis zur Wende in den bis dahin unerreichbaren Archiven der Stasi aufbewahrt wurden. Erst seit 1990 wurden diese wichtigen Zeitdokumente von Historikern neu ausgewertet.
Kritik:
Es ist für Rezensenten nicht leicht eine objektive Kritik zu "Sophie Scholl, die letzten Tage" zu schreiben, denn es handelt sich bei "Sophie Scholl" nicht nur um einen fiktiven Film, sondern das Werk stellt in erster Linie eine dokumentarische Aufarbeitung historischer Ereignisse dar. Aus diesem Grund ist einem Zuseher mit fundamentalen Geschichtskenntnissen das Ende des Films natürlich bekannt – genau hier liegt das Problem. Eine richtige Spannung kann daher nicht aufgebaut werden.
Wie gesagt, handelt es sich bei diesem Film eigentlich um eine Dokumentation – die Handlung konnte und durfte auch nicht verändert werden. Bedingt durch die begrenzte Anzahl der Schauplätze, wie das Gefängnis oder den Gerichtssaal, erinnert die Inszenierung daher sehr stark an ein Theaterstück. Die Fakten sind bekannt, eine Spannungskurve wie in anderen Filmen üblich gibt es im eigentlichen Sinn bei "Sophie Scholl, die letzten Tage" nicht.
~ Darsteller ~
Umso wichtiger ist deswegen die schauspielerische Leistung der Akteure zu bewerten. Allen voran ist die glaubhaft und differenziert spielende Julia Jensch als Sophie Scholl zu nennen, der die schwierige Aufgabe zukommt, die anfangs noch etwas naive und später kämpferische Sophie Scholl zu verkörpern.
In dieser Rolle wird die Ideologie, für welche die "Weiße Rose" stand, dem Publikum besonders gut näher gebracht und man kann aufgrund der schauspielerischen Glanzleistung Jenschs, als Zuschauer die sehr persönlichen Beweggründe der Scholl Geschwister sehr gut nachvollziehen. Auch Gerald Alexander Held als Gestapo-Verhörspezialist Mohr stellt die menschliche Seite der Figur Mohr gut dar, ohne aber auch die Unmenschlichkeit des Verwaltungsapparates der Nazis zu vernachlässigen.
~ Eingeschränkte Mittel ~
Einziges nennenswertes Mittel des Regisseurs (Mark Rothemund) den Freiheitsdrang der Gefangenen darzustellen, ist der immer wiederkehrende, fast schon verliebt wirkende Blick Sophie Scholl’s zum strahlend blauen Himmel mit einigen weißen Wolken – er ist wohl als eine Andeutung auf das vermeintlich nahende Kriegsende verstehen. Diese Szene zieht sich deswegen auch wie ein roter Faden durch den gesamten Film und diese hoffnungsvolle Szene wird vom Regisseur gerne dazu benutzt um dem Zuschauer und auch der Figur "Sophie" zu ein wenig mehr Optimismus in der ausweglosen Situation zu verhelfen.
~ Publikum – für wen ist der Film gemacht? ~
Wer schaut sich so eine Dokumentation an? Auf jeden Fall jeder, der an deutscher Geschichte interessiert ist und genaue Einzelheiten über die Vernehmung der Geschwister Scholl und den Gerichtsprozess wissen will. Für den Film wurden bislang unbekannte Dokumente und Protokolle aus dem Stasi-Archiv verwandt, die bei früheren Dokumentationen noch nicht zur Verfügung standen.
Die Gründe, warum die Scholl-Geschwister ein so hohes Risiko eingingen (Kapitulation, um einen sowieso schon verlorenen Krieg vielleicht mit weniger Toten früher zu beenden), werden dem Publikum einfühlsam und historisch genau beschrieben. Deswegen ist "Sophie Scholl, die letzten Tage" auf keinen Fall ein reiner Unterhaltungsfilm.
~ Preise ~
Eigentlich wundert mich die Tatsache, dass der Film als Oscar-Beitrag ausgewählt wurde, denn erfahrungsgemäß haben solche dokumentarischen Beiträge keinerlei Siegeschancen bei den Awards – aber warum eigentlich nicht?
Auch die auf dem Cover genannten Filmpreise (3x deutscher Filmpreis etc.) sind wohl hauptsächlich auf das Thema zurückzuführen und die wären wohl nicht nur wegen der überragenden Qualität der Handlung verliehen worden. Nicht falsch verstehen – aber eine Dokumentation bietet nur wenig Spielraum für künstlerische Ausarbeitung. Deshalb liegt hier die Priorität mehr auf der geschichtlichen Wahrheit. Kann man historische Ereignisse bewerten?
Das gleiche Phänomen hatten wir aber schon bei "Der Untergang" – sobald die heikle deutsche Geschichte aufgearbeitet wird, beginnt in unserem Land förmlich ein "Regen" von Preisen auf solche Filme herabzuprasseln und gemeinschaftliches Schulterklopfen ist die Folge – man kann ja schließlich nicht gegen Vergangenheitsbewältigung sein - oder?
~ Was hat mir dieser Film gebracht? ~
Ich habe schon mehrere Dokus über "Die weiße Rose" und die Geschwister Scholl gesehen. Deshalb war es für mich eigentlich nur ein “ins Gedächtnis rufen“ der Ereignisse. Mir wurden auch noch mehr Details (alle Dokumente der Verhöre und die Flugblätter sind auf der Bonus-DVD als PDF enthalten) vermittelt und ich wurde zum nachdenken angeregt – mehr kann und will eine Dokumentation wie diese nicht leisten.
Ist gewaltloser Widerstand bei einer Ein-(verrückter)Mann-Diktatur wirklich ein probates Mittel und sinnvoll? Hat Sophie Scholl beim Verteilen der Flugblätter wirklich die ganze Tragweite und die Konsequenzen bedacht, oder wurde sie erst im Gefängnis zu dem Vorbild, als das wir sie kennen? Waren alle Gestapo-Beamten unmenschlich? Sind unsere Gesetze mit unserem Gewissen vereinbar oder sind gewisse Parallelen zu damals erkennbar?
Die DVD:
Als Rezensionsgrundlage diente die 2-Disc Edition von X-Verleih (Warner Home Video).
Um eine authentische Atmosphäre zu erzeugen, wurde bei "Sophie Scholl, die letzten Tage" das Bild stark verfremdet. Eher grünlich-bräunliche Farbtöne dominieren und auch die Bildschärfe wurde reduziert um einen "auf alt getrimmten" Look zu generieren. Aus dem gleichen Grund wurde auch die Sättigung reduziert. Für diesen Film sind diese künstlerischen Mittel gut geeignet und sie stellen daher keinen Qualitätsmangel dar.
Beim Ton gibt es wenig zu bemängeln. Er wurde gut und vor allem verständlich abgemischt. Aufgrund der Handlung kommt der Hauptteil der Dialoge natürlich ausschließlich von vorne. Die Filmmusik wurde ein wenig in den Hintergrund gerückt, damit der Zuschauer allen Dialogen genauestens folgen kann.
Für Interessierte gibt es auch noch eine Audiokommentar-Tonspur, auf der Regisseur Marc Rothemund und Hauptdarstellerin Julia Jentsch sowie Autor Fred Breinersdorfer die Einzelheiten über den Dreh des Films erklären.
~ Die Extras ~
Disc 1:
- Teaser
- Trailer (1:54 Min.)
- Zusätzliche Szenen
- Szenenfotos
- Outtakes
Disc 2:
- Making of
- Zeitzeugen im Gespräch
- Biografien von Stab und Besetzung
- DVD-Rom-Part mit Originaldokumenten
Außerdem können Blinde eine Hörfilm-Fassung auswählen.
Fazit:
Schaut euch diesen dokumentarischen Film an, ihr werdet es nicht bereuen (schon wegen der grandios spielenden Julia Jensch) – "Sophie Scholl, die letzten Tage" ist aber mit Sicherheit kein Film zum entspannen, sondern zum nachdenken. Zum Glück herrscht keine Schwarz-Weiß Malerei vor, wie sie oft bei ausländischen Beiträgen zum Thema Nationalsozialismus vorkommt.
Wer sich für Aktionen der süddeutschen Widerstandsbewegung der "Weißen Rose" interessiert, darf sich keinesfalls die 1982 entstandene Produktionen, "Die Weiße Rose" von Michael Verhoeven entgehen lassen - die Widerstandsbewegung "Weiße Rose" war ja bereits seit Sommer 1942 aktiv.
- Redakteur:
- Detlev Ross