Geliebter Fremder
- Regie:
- Toni Gatlif
- Jahr:
- 1997
- Genre:
- Drama
- Land:
- Rumänien / Frankreich
- Originaltitel:
- Gadjo dilo
1 Review(s)
01.04.2008 | 17:39"Geliebter Fremder" ist ein eindrücklicher Film, der sich als Appell gegen Rassismus gegen die Zigeuner versteht, aber gleichzeitig eine Hommage an das Leben und die Musik ist. Nach dem ersten Sehen des Filmes schwirrten mir noch lange Bilder von Tanz, Gesängen, Trauer, Armut, Schmutz, Freude, Tod und Liebe durch den Kopf. Die Geschichte basiert auf wahren Gegebenheiten, was jedoch nicht wirklich wichtig ist.
Story:
Ein Franzose ist auf der Suche nach einer Sängerin, welche das Lieblingslied seines verstorbenen Vaters auf einer Kassette sang. Diese Musik ist ihm unter die Haut gegangen, er will sie sehen und hören. Deshalb reist er zu Fuss und mit verschiedenen Transportmitteln nach Rumänien zu den Roma. Es ist ein langer Weg, im Winter. In Rumänien angekommen, versteht er kein Wort, kann sich nicht verständigen. Per Zufall trifft er einen alten Mann, welcher ihn zu sich nach Hause in sein Dorf mitnimmt. Dieser alte Mann trauert, weil sein Sohn nur weil er Zigeuner ist, ins Gefängnis geworfen wurde.
Stephane, wie der Franzose heißt, lebt sich langsam in dieser misstrauischen Gesellschaft ein. Es geht ihm so wie es wohl vielen Zigeunern auf der Welt geht: Sie haben Angst, dass er stielt, ihre Kinder verführt oder jemanden umbringt. Länger als geplant bleibt er in diesem Dorf, erlebt dort die Höhen und Tiefen und lernt Sabina kennen. Sie spricht einige Worte Französisch. Inzwischen lernt Stephane Rumänisch und Roma und schließlich bahnt sich zwischen den Beiden eine Liebe an.
Persönliche Impressionen:
Der Film hat mich durch seine schonungslosen Bilder bewegt. Es ist schmutzig, es ist alles sehr bescheiden und arm. Diese Menschen haben nur wenig, und doch eine große Lebensfreude. Sie trinken oft viel Alkohol, rauchen Zigaretten oder Pfeife (sogar die Frauen) und machen bei jeder Gelegenheit Musik. Ein wenig kann man sich den Alltag vorstellen, wie sie von der Hand in den Mund leben. Sehr beeindruckt hat mich ihre Natürlichkeit, diese Menschen haben eine ganz andere Beziehung zum Leben als wir. Der Regisseur erklärt dies im Interview sehr gut. (Ich möchte hier den Genuss des interessanten Interviews nicht mindern.)
Besonderheiten und Darsteller:
Der Film hat einen klaren Handlungsablauf und im Interview mit dem Regisseur und Buchschreiber wird erzählt, dass der Film chronologisch gefilmt wurde. Dies liegt darin begründet, weil einer der Hauptdarsteller, der alte Mann Izidor Serban (er heißt im Film und im richtigen Leben so) praktisch seine eigene Person spielt. Izidor musste die Geschichte logisch spielen können, sonst wäre es für ihn nicht nachvollziehbar gewesen. Schon deshalb ist dieser Film interessant: Ein Darsteller, welcher keiner ist. Romain Duris, welcher Stephane spielt kennen wir inzwischen aus "L'auberge Espagnole" , "Arsène Lupin" oder dem César-Gewinnerfilm "Der wilde Schlag meines Herzens". Die Hauptdarstellerin ist eine Rumänin und wie auch Romain Duris wurden sie damals für den César als beste Nachwuchsdarstellerin nominiert.
Sehr empfehlen kann ich die Interviews auf der DVD. Der Regisseur stammt selbst von Zigeunern ab, aber aus Nordafrika. Er erzählt vom Rassismus seit Jahrtausenden gegen die Zigeuner, wie er aber am Schlimmsten in Osteuropa noch vorherrscht. Er beschreibt ihn als mittelalterlich und genau dies bekommt man im Film zu spüren. Als Zuschauer leidet man unter der Diskriminierung. Was mir ein eigenartiges Gefühl gab, war, dass nicht alles übersetzt ist. Als Zuschauer kommt man sich wie in einem fremden Land vor, wo man auf Übersetzung angewiesen ist. Als Zuschauer ist man wirklich ein Zuschauer. Es ist ein Film, welcher an die Menschlichkeit appelliert und gleichzeitig menschlich und unterhaltsam ist.
Weitere Info:
Der Film hat Untertitel, man kann ihn auf Deutsch/Rumänisch oder Französisch/Rumänisch mit deutschen Untertiteln schauen.
Ergänzung:
Der Film hat vier Nominierungen und zehn Preise gewonnen.
- Redakteur:
- Doris Flückiger