Zimmer 1408
- Regie:
- Håfström, Mikael
- Jahr:
- 2007
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- 1408
1 Review(s)
12.02.2008 | 13:57Kurzinfo für Ungeduldige
Ein Schriftsteller quartiert sich in einem Hotelzimmer ein, in dem es spuken soll. Dies erweist sich als untertrieben; der Mann gerät in einen Teufelskreis, der sich pünktlich zu jeder Stunde wiederholt ... - Was interessant und atmosphärisch beginnt, degeneriert zur Rumpel-Pumpel-Horror-Show nach Schema F, wirkt schlecht getimt, ist sprunghaft in der Handlung, zwingt die Darsteller zum Chargieren und den Zuschauer zum Gähnen: kein Grusel, nur grausiges Mittelmaß.
Inhalt
Einst war Mike Enslin ein vielversprechender Romancier, doch seit dem tragischen Tod seiner Tochter ist er zum Zyniker geworden, hat sich von Gattin Lily getrennt und zieht unstet durch das Land, wo er angebliche Spukhäuser und verwunschene Orte aufsucht, über die er verlogene 'Reiseführer' schreibt: Einen Geist hat er noch nie gesehen und glaubt nicht an das Übernatürliche.
Deshalb ist er zunächst nur milde interessiert, als ihn ein anonymes Schreiben auf das Hotel "Dolphin" in New York aufmerksam macht: Ins Zimmer 1408 soll er auf keinen Fall einchecken! Selbstverständlich versucht Enslin genau das und ist verblüfft, als man ihn abweist. Hartnäckig stößt er nach und gerät an Gerald Olin, den Hotelmanager, der ihm eine Liste mit 56 Personen vorlegt, die in diesem Zimmer zu Tode gekommen sind.
Enslin lässt sich nicht abwimmeln und darf sich endlich in 1408 einquartieren. Er landet in einer banal eingerichteten Suite und ist enttäuscht - aber nicht lange. Seltsames ereignet sich zunächst leise und unmerklich, um rasch deutlicher und aggressiver zu werden. Der Radiowecker an Enslins Bett verwandelt sich in eine Stoppuhr, die genau eine Stunde abzuzählen beginnt. Der Gast begreift, dass dies die Zeitspanne ist, die er überleben muss - eine schier unmögliche Herausforderung, denn Zimmer 1408 läuft zur ganz großen Spukform auf und konfrontiert den von der Außenwelt isolierten Enslin im Sekundentakt mit neuen Schrecken ...
Eine vertrackte Geistergeschichte schrieb Stephen King 1999 für sein Audiobuch "Blut und Rauch"; 2002 wurde sie in der Storysammlung "Im Kabinett des Todes" auch abgedruckt. Der Autor und Skeptiker Mike Enslin zieht trotz eindringlicher Warnung durch den Hotelmanager Olin in das Spukzimmer 1408 und wird dort mit rätselhaften und gefährlichen Ereignissen konfrontiert. Eine Erklärung bleibt letztlich aus - das Zimmer bleibt ein Mysterium.
So ein Finale ist natürlich nichts für Hollywood. Der Kinobesucher gilt hier als Dummkopf, dem ungelöste Rätsel erst Kopfschmerz und anschließend Ärger verschaffen, woraufhin er zukünftig das Kino meidet und womöglich zu einem Buch greift. Zudem ist eine Kurzgeschichte keine Idealvorlage für einen Film, der mehr als anderthalb Stunden läuft. Also versuchten sich gleich drei Autoren an einem Drehbuch für "1408". Das massentaugliche Ergebnis ergab eine Rahmenhandlung, die Mike Enslin nunmehr als letztlich nur scheinbar ungläubigen Geisterjäger zeigt, der insgeheim hofft, eine Botschaft seiner verstorbenen Tochter aus dem Jenseits zu erhalten. Die taucht in der zweiten Hälfte prompt auf und sorgt für Halleluja-Stimmung und Instant-Rührseligkeit. Das ist abgeschmackt, geht aber im Wirbel weiterer Klischees beinahe gnädig unter.
Streichen wir diesen Kitsch und auch die hölzern inszenierte Annäherung Enslins an seine gekränkte Gattin. Konzentrieren wir uns auf das Zentrum der Story wie auch des Films: das Geschehen in Zimmer 1408. Hier regiert - ohne Herz-Schmerz-kompatibles Drumherum - der Horror; sollte er jedenfalls. Doch es gibt den "Horror" und den "Hollywood-Horror". Stephen King, der nicht gerade als Meister der leisen Töne bekannt ist, schrieb mit "1408" eine vergleichsweise subtile Story. Davon blieb im Film rein gar nichts. Hier geht es ebenso plump wie rabiat zur Sache. Uralter Spuk-Käse wird wieder einmal aus dem Drehbuch-Kühlschrank geholt: Die Wände bluten, durch die Lüftungsschächte kriecht eine morsche Mumie, eine Tür öffnet sich in unendliche Leere, ein Hammer-Mörder geht um, Geister schauen prinzipiell bedeutungsvoll in Enslins Richtung, damit er ja nur mitbekommt, dass es jetzt spukt.
Einfallsarm wird Geisterbahn-Effekt an Effekt gereiht. Gegen Ende beginnt der übliche SF/X-Overkill. Frost und Schnee überziehen dick die jetzt erst recht künstlich wirkenden Kulissen. Aus einem alten Ölbild, das ein Schiff auf hoher See zeigt, stürzen Wasserfluten ins Zimmer. Schließlich toben Flammen durch die Räume, und das Grusel-Zimmer stöhnt zum Gotterbarmen. Alles schon gesehen, alles ohne Sinn für Stimmung oder Timing präsentiert.
Während man die Handlung im Halbschlaf vorbeiziehen lässt, kann man sich die Langeweile damit vertreiben, die logischen Löcher im Drehbuch zu zählen. Dafür reichen die Finger beider Hände längst nicht aus. Die schönste Dämlichkeit nach Auffassung des Rezensenten: Wen ruft Enslin an, als es ihm gelingt, per Laptop eine Verbindung zur Außenwelt zu bekommen? Den Manager, damit er ihm die Tür von außen öffnet? Die Polizei, damit sie ihm zur Hilfe kommt? Nein, natürlich nicht, sondern Lily, seine Frau, die er seit einem Jahr nicht gesehen hat, um sie aufzufordern, die Polizei zu rufen ... Nun ja, irgendwie muss Mary McCormack in die Handlung geraten, auf dass auch sie in Gefahr gerate; noch so ein ausgelutschtes Klischee. (Bemerkenswert auch: 56 Zimmergäste kamen nicht darauf, dass es genügt, einen Molotow-Cocktail an die Wand zu werfen, um 1408 den Garaus zu machen.)
Viel gelobt wird die Kulisse, d. h. das Zimmer 1408. Es ist, da muss man Mike Enslin recht geben, wirklich gruselig - US-amerikanisch gediegene 'Gemütlichkeit' der besonders geschmacklosen Art. Ansonsten ist 1408 eine Suite, in der sich merkwürdige Dinge ereignen. Eine enge Affinität des Raumes zum Geschehen ist nicht gegeben, oder anders ausgedrückt: 1408 könnte auch ganz anders aussehen.
Was geht um in 1408? In diesem Punkt hält sich das Drehbuch-Trio zwar an Kings kluge Vorgabe: In den Mauern haust kein Geist, der sich namhaft machen ließe. 1408 ist - Enslin erkennt es schließlich sehr richtig - einfach ein "ganz mieses Zimmer". Leider hat der Film diese Interpretation spätestens dann torpediert, als sich 1408 per Zimmertelefon bei Enslin meldet, um ihm mitzuteilen, wie ihm geschieht und was ihm blühen wird.
John Cusack gehört zu denjenigen Schauspielern, die es nicht in die A-Kategorie des echten Filmstars schaffen werden. Über die Gründe soll hier nicht spekuliert, sondern nur festgestellt werden, dass er dennoch sehr gut beschäftigt ist, weil sogar Hollywood sein Talent als überzeugender Darsteller von Durchschnittsmännern in der Krise aufgefallen ist. Theoretisch ist Cusack deshalb genau der Richtige, um einen Film zu tragen, der über weite Strecken praktisch ein Ein-Mann-Stück ist.
In den ersten zehn Minuten kann er diese Vorschusslorbeeren glänzend rechtfertigen. Als ausgebrannter Verfasser inhaltsleeren Sachbuch-Schunds überzeugt Cusack auf der ganzen Linie. Das Drehbuch verschafft ihm schöne Vorlagen, die er ebenso traurig wie witzig umzusetzen weiß.
Das ändert sich, als Cusack in Zimmer 1408 isoliert ist. Der Spuk hat noch gar nicht wirklich begonnen, da wandelt sich Enslin schon vom Saulus zum Paulus. Es wäre seltsam, würde dies nicht geschehen, denn 1408 spart nicht mit einschlägigen Effekten. Doch Cusack muss viel zu abrupt zum Gläubigen werden. Das geschieht außerdem mit jenem wüsten Chargieren, das bei einem fähigen Darsteller auf Ratlosigkeit hinweist. Offenbar wurde Cusack vom Drehbuch und vom Regisseur allein gelassen. Irgendwann hat er wohl aufgegeben und einfach nur noch seinen Job getan.
So ging es nicht nur ihm allein. Samuel L. Jackson wird in der Werbung groß herausgestellt - kein Wunder, denn auch er ist ein vorzüglicher und beliebter Schauspieler. In "Raum 1408" tritt er allerdings insgesamt nur zehn Minuten und als Stichwortgeber auf. Jeder beliebige Darsteller hätte die Rolle des Hotelmanagers spielen können. Jackson wurde offensichtlich nur wegen seines Namens gecastet. (So erging es vermutlich auch Tony Shalhoub, der wegen seines Ruhms als TV-Detektiv "Monk" für eine absolut unwichtige Nebenrolle angeheuert wurde.)
Mary McCormack ist die größte Verliererin dieses Trauerspiels. Als traurige, verlassene Mutter & Gattin wird ihr nie ein eigenes Profil gegönnt. Sie dient stets nur als Objekt sentimentaler Erinnerungen und Projektionen, als (potenzielles) Opfer von 1408, um das der Zuschauer bangen soll, und schließlich als 'Belohnung' für den geläuterten Mike. Man kann McCormack nur wünschen, dass wenigstens das Honorar stimmte ...
Fazit: Kein Fisch, kein Fleisch, sondern ein Mainstream-Gruselfilm, der so sauber und leblos wirkt wie ein genormtes Reihenhaus; absolutes Mittelmaß, was vielleicht ein schlimmeres Vergehen ist als ein Scheitern, dem wenigstens der Versuch des Originellen vorangeht.
Daten
Originaltitel: 1408
USA 2007
Regie: Mikael Håfström
Drehbuch: Matt Greenberg, Scott Alexander, Larry Karaszewski (nach einer Kurzgeschichte von Stephen King)
Kamera: Benoît Delhomme
Schnitt: Peter Boyle
Musik: Gabriel Yared
Darsteller: John Cusack (Mike Enslin), Samuel L. Jackson (Gerald Olin), Mary McCormack (Lily Enslin), Jasmine Jessica Anthony (Katie Enslin), Tony Shalhoub (Sam Farrell), Emily Harvey (Sekretärin), William Armstrong (Anwalt Clay), Drew Powell (stellvertretender Hotelmanager), Noah Lee Margetts (Page), Gil Cohen-Alloro (Maitre D'), Isiah Whitlock, Jr. (Mechaniker), Benny Urquidez (irrer Hammermörder), Len Cariou (Mikes Vater), Paul Birchard, Margot Leicester (Hoteleigentümer), Walter Lewis (tumber Buchladen-Verkäufer), Ray Nicholas, Tina Maskell (Geister) uva.
Label: Senator Home Entertainment
Vertrieb: Universum Film
EAN: 4013575540990 (Verleih-DVD) bzw. 0886971660692 (Kauf-DVD) bzw. 0886792088792 (Director's Cut)
Erscheinungsdatum: 23.01.2008 (Verleih-DVD) bzw. 25.02.2008 (Kauf-DVD u. Director's Cut)
Bildformat: 16 : 9 (2,35 : 1 anamorph)
Audio: DTS 5.1 (Deutsch) Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Englisch)
Untertitel: Deutsch
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge: ca. 100 min. bzw. 112 min. (Director's Cut)
FSK: 16
DVD-Features
Für die Leih-DVD verzichtete Senator Home Entertainment auf Features bzw. brannte nur den deutschen Kinotrailer und die übliche Werbung für andere Filme auf die Scheibe. Die Features bleiben der Kauf-DVD bzw. dem "Director's Cut" von "1408" vorbehalten. (Man findet sie auch auf der Blue-Ray- und der HD-DVD.)
Neben den Audiokommentaren des Regisseurs und des Drehbuchautoren sowie diversen Interviews gibt es zwei Featurettes ("Die Geheimnisse von Zimmer 1408", "Im Zimmer 1408"), diverse entfallene Szenen mit Audiokommentar sowie das alternative Ende, das - so viel sei verraten - auch nicht besser geraten ist als die 'Auflösung' der originalen Kinofassung.
Zum Film gibt es eine hübsch aufgemachte Website mit diversen Hintergrundinfos, weiteren Features und viel Werbung: http://www.1408.senator.de.
- Redakteur:
- Michael Drewniok