Alatriste
- Regie:
- Augustin Diaz Yanes
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Historienfilm
- Land:
- Spanien / Frankreich / USA
- Originaltitel:
- Captain Alatriste
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31.01.2008 | 14:10Wie man einen epischen Romanzyklus adäquat für die große Leinwand umsetzt, bewies unter anderem Peter Jackson eindrucksvoll mit seiner "Herr der Ringe"-Trilogie. So tat er gut daran, nicht das ganze Tolkien-Universum in einen Film zu packen, sondern die sechsteilige Buchreihe in drei Filme zu unterteilen. Das dadurch entstandene Potenzial, Charaktere sinnvoll und übersichtlich einzuführen, auf Nebenhandlungsstränge und Nebenschauplätze so einzugehen, dass die Storyline an Tiefgang und dramaturgischen Elementen gewinnt, und eine nachvollziehbare, konfliktbeladene und spannende Storyentwicklung aufzubauen, hat Jackson virtuos umgesetzt. Das Ergebnis ist äußerst beeindruckend. Dass es auch anders geht, beweist der spanische Regisseur Augustin Diaz Yanes, dessen Regiedebüt "Alatriste" ebenso auf einer mehrteiligen Romanreihe basiert. Doch im Gegensatz zu Peter Jackson entschied sich Yanes, Arturo Perez-Revertes fünfteiliges Historienepos nur einfach zu erzählen, und bricht sich mit dieser Entscheidung das cineastische Genick.
Seit seinem dreizehnten Lebensjahr zieht Captain Diego Alatriste (Viggo Mortensen) für das spanische Königreich in den Krieg. Im Jahre 1622 kämpft er mit seinen Soldaten gegen Flandern und verspricht einem im Kampf sterbenden Landsmann, dessen einzigen Sohn Inigo großzuziehen. Alatriste hält sein Versprechen ein. Als der spanische Inquisitor Bocanegra ihm den Auftrag erteilt, einen zweifachen Mord zu begehen, wird Alatriste schnell bewusst, dass man ihn in einen Hinterhalt geschickt hat, aus dem er sich jedoch geschickt zu lösen weiß. Die Verweigerung gegen des Inquisitors Befehl steht dem mutigen Flandern-Veteran gar nicht gut zu Gemüt. Als Strafe muss der Captain zurück nach Flandern, um noch einmal für sein Land zu kämpfen, während das spanische Königreich durch Korruption und Intrigen dem Untergang geweiht ist.
Kennt man die historischen Begebenheiten oder die literarische Vorlage nicht, verliert man den Überblick über das Handlungsgeschehen ziemlich rasch. Denn das von Augustin Diaz Yanes verfasste Drehbuch versucht die semi-biographische, semi-historische Geschichte über Captain Alatriste, die sich über eine fünfteilige Buchreihe erstreckt, in 139 Minuten zu erzählen, und fährt mit diesem Konzept unfreiwillig gegen die Wand. So gelingt es Yanes nicht, das Essenzielle der Romanvorlage zu filtern und adäquat auf Zelluloid zu bannen. Man wird mit unüberschaubaren Handlungssträngen, unzähligen Figuren und lückenlosen Zeitsprüngen schlichtweg überfordert. Die personifizierte Ambivalenz Alatristes ebenso wie die eigentliche Handlung über die Machtspiele am spanischen Hof, die der Film erzählen will und die ohnehin wenig Unterhaltungspotenzial bietet und geradezu vor sich hin plätschert, sind alles andere als tiefgehend gezeichnet. Der rote Faden bricht ab, der epische Kostümfilm gewinnt an Gleichgültigkeit und wirkt dysfunktional. Da kann Yanes' grundsolides Regie-Handwerk auch nichts mehr dran drehen.
Dem teuersten Film Spaniens (Budget: 25 Millionen Euro) gelingt es zumindest, ein nahezu authentisches, eruptiv-brutales Bild des spanischen 17. Jahrhunderts zu zeichnen, obgleich die Atmosphäre durch das Drehen auf Video vehement gestört wirkt und stellenweise sogar überdurchschnittliches TV-Niveau erreicht. "Alatriste" verdient nur durch Viggo Mortensen, der aus der verkorksten Darstellung seines Antihelden mitunter das Beste herausholt und das glaubwürdige Szenenbild Beachtung und versucht ansonsten, spektakulär eine unspektakuläre Geschichte zu erzählen.
http://www.alatriste.de/
- Redakteur:
- A. C.