Dead Man
- Regie:
- Jim Jarmusch
- Jahr:
- 1995
- Genre:
- Western
- Land:
- USA, Deutschland
- Originaltitel:
- Dead Man
1 Review(s)
10.03.2008 | 20:33Daten:
Regisseur: Jim Jarmusch
Drehbuchautor: Jim Jarmusch
Originalmusik: Neil Young
Kamera: Robby Müller
Darsteller:
Johnny Depp als William Blake
Gary Farmer als Nobody (der Indianer)
Crispin Glover als Feuerwehrmann
Lance Henriksen als Cole Wilson
Michael Wincott als Conway Twill
Eugene Byrd als Johnny 'The Kid' Pickett
John Hurt als John Scholfield
Robert Mitchum als John Dickinson
Iggy Pop als Salvatore 'Sally' Jenko
Gabriel Byrne als Charlie Dickinson
Jared Harris als Benmont Tench
Mili Avital als Thel Russell
Jimmie Ray Weeks als Marvin, älterer Marshal
Mark Bringleson als Lee, jüngerer Marshal
John North als Mr. Olafsen
Die Handlung:
Der wilde Westen – eine Zugfahrt. Der Buchhalter William Blake hat seinen gesamten Besitz verkauft, um zu seiner neuen Arbeitsstelle in einer Maschinenfabrik im Örtchen "Machine" zu kommen. Endlich angekommen, geht er zu seinem neuen Arbeitgeber, um sich vorzustellen. Leider sitzt aber bereits ein anderer Buchhalter auf der sicher geglaubten Stelle. Auch ein eindringliches Gespräch mit dem resoluten Fabrikbesitzer Mr. John Dickinson (Robert Mitchum) ändert nichts an dieser Tatsache, sodass Blake nun arbeitslos ist.
Es verlässt die Fabrik und trifft auf der Straße das ehemalige Freudenmädchen Thel, in das er sich bis über beide Ohren verliebt. Nach einer wilden Nacht in ihrem Schlafzimmer kommt plötzlich der Ex-Verlobte ins Zimmer und erschießt Thel als sie sich schützend vor Blake wirft. Die Kugel durchschlägt jedoch Thel's Körper und bleibt in Blakes Brust in der Nähe seines Herzens stecken. Schwer verletzt flieht Blake aus der Stadt und wacht viel später neben einem dicken Indianer auf, dessen Kopfschmuck etwas zerzaust wirkt. Eine wilde Odyssee durch die Wildnis des Westens beginnt, bei der Blake ungewollt mehr und mehr zum Revolverhelden mutiert.
Kritik:
Die Tatsache, dass der Film in s/w gedreht wurde (Kamera: Robby Müller), ist die erste Eigenheit von "Dead Man", mit der sich der Zuschauer anfreunden muss. Diese "Farbarmmut" ist aber als Stilmittel vollkommen legitim und passend, wie sich im Verlauf des Films herausstellt, denn die Optik stellt bei diesem kunstvoll gedrehten Film eine echte Besonderheit dar.
Die Optik mal außer Acht gelassen, fängt der Film wie ein normaler Western mit all den dafür bekannten Klischees an - eben mit Trappern, Büffeljägern und ein ausgeblichener Rinderschädel darf in der Szenerie natürlich auch nicht fehlen. Der Stil ändert sich aber plötzlich, als Blake in die Nähe der Stadt kommt. Hier wird alles schmutziger, obszön (Oralsex auf freier Straße) und technischer. Die neue Welt stellt sich also als ekeliger, technisch verdorbener Moloch dar. Dies ist eine der Aussagen des Films: Fortschritt = technisch = moralisch verwerflich.
Ab dem Zeitpunkt als Blake aus der Stadt flüchten muss, wird aus dem Western ein psychedelischer Trip, voller surrealer Bilder, teilweise sehr komisch, manchmal auch brutal. Großen Einfluss auf die Stimmung und die Atmosphäre in "Dead Man" nimmt auch die geniale, manchmal auch nervende und schrille E-Gitarren-Musik von Neil Young. Sie wirkt unterstützend, manchmal aber auch wachrüttelnd.
Jim Jarmusch behält bei diesem Film, wie bei fast allen seiner anderen Werke, die langsame Erzählweise bei. Durch diese Langsamkeit können vom Zuschauer viele liebenswerte Details wahrgenommen werden und die Charaktere können sich besser etablieren. Die vielen bekannten Schauspieler, zeugen von der herausragenden Qualität dieses kleinen Independent-Meisterwerks, aber auch von der Beliebtheit Jim Jarmuschs bei Schauspielern. Da spielen Lance Henriksen, Michael Wincott, Iggy Pop, Crispin Glover, Gabriel Byrne, John Hurt, Alfred Molina, Robert Mitchum, Billy Bob Thornton, Steve Buscemi und natürlich Johnny Depp ihr ganzes Können aus – große Namen, mit offensichtlich viel Spaß an der Sache.
Ich muss allerdings zugeben, dass ich viele Schauspieler in ihrer Verkleidung auf den ersten Blick gar nicht erkannt hätte. Besonders Johnny Depp wirkt seine Rolle wie auf den Leib geschneidert, kein anderer könnte diese Rolle besser ausfüllen, als er. Besonders gut hat mir außerdem Gary Farmer als dicker, zu poetischen Vorträgen neigender "Anti-Indianer" gefallen – einfach zum Kringeln!
Mir hat der Film aus oben genannten Gründen ohne Wenn und Aber gefallen, auch weil es kein vergleichbares Werk gibt, das so perfekt bis ins kleinste Detail ausgefeilt überzeugen kann. Diese Einzigartigkeit stellt ein deutliches Zeichen für das Genie von Jim Jarmusch dar, der seine Zuschauer, aber auch die für ihn spielenden Darsteller mit jedem seiner neuen Filme immer wieder neu zu überraschen weiß. Ein Film, den man gesehen haben muss (über die Deutung des Films habe ich mich bewusst nicht detaillierter ausgelassen, das sollte schließlich jeder selbst versuchen).
Die DVD:
Das Bild der Arthaus-DVD zu bewerten fällt nicht leicht, da der Film aus künstlerischen Gründen "auf alt" getrimmt wurde. Deshalb schreibe ich hier ausnahmsweise nichts dazu. Entgegen Jim Jarmuschs Wünschen seine Filme nicht zu synchronisieren, wurde dem Film doch eine deutsche Tonspur genehmigt. Sie liegt aber nur in "Dolby Digital Surround" vor. Natürlich hat auch die vom Regisseur gewünschte, englische Tonspur in Dolby Digital hat ihren Weg auf den Silberling gefunden.
Als Extras wurde wie bei vielen der frühen Arthaus-Veröffentlichungen nur das Nötigste auf die DVD gepackt:
- Deleted Scenes
- Musikvideo von Neil Young
- Starinfos
- Trailer
Fazit:
Es ist bestimmt nicht einfach, diesen seltsamen "Anti-Western" zu genießen, aber die "Anstrengung" lohnt sich für jeden Filmfreund allemal. Dieser Film ist in seiner Machart fast schon als Unikat zu bezeichnen, deshalb ist er filmhistorisch auch so wertvoll. Vielleicht ist "Dead Man" nicht Jim Jarmuschs bester Film, aber mit Sicherheit ist er ganz oben dabei.
- Redakteur:
- Detlev Ross