Lisbon Story
- Regie:
- Wim Wenders
- Jahr:
- 1994
- Genre:
- Drama
- Land:
- Deutschland / Portugal
- Originaltitel:
- Lisbon Story
1 Review(s)
29.02.2008 | 10:42Als großer Fan von Wim Wenders' Film "Der Himmel über Berlin" bin ich auf diesen ebenfalls sehr philosophischen Film gestoßen. Es ist nicht einfach ihn zu beschreiben, aber ich möchte doch versuchen einige Worte dazu zu schreiben und wer weiß, vielleicht findet dieser Film bei noch mehr filmbegeisterten Anhängern den Weg in die Sammlung.
Die Geschichte beginnt mit einer Postkarte, auf welcher steht:
"Dear Phil, I cannot continue m.o.s.! -- S.O.S.! -- Come to Lisbon with all your stuff a.s.a.p.! Big hug, Fritz."
Und schon diese ersten Kameraeinstellungen sind Kunst und Philosophie pur. Das Bild gestochen scharf, auf Details gerichtet, vergisst dabei aber nicht das Ganze.
Philipp Winter, welcher diese Postkarte von seinem Freund dem Filmproduzent Friedrich Monroe erhält, reist also sofort mit seinem Auto von Frankfurt ab und fährt quer durch Europa nach Lissabon. Sinnbildlich dafür steht das stete Sendersuchen im Radio, wo man dauernd andere, scheinbar sinnlose Satzfetzen in den verschiedenen Sprachen hört (je nachdem, wo sich Philipp befindet). Nach einigen Hindernissen trifft Philipp Winter in Lissabon ein, findet aber in Friedrich Monroes Wohnung außer seinen Kameras und Wohnutensilien nichts vor. Dafür gibt es jede Menge Besucher, welche alle Friedrich kennen und ihm versichern, dass dieser bestimmt wieder kommt. Und so begibt sich Philipp auf die Suche nach den Tönen in dieser wunderschönen Stadt. Am Abend sieht er sich die ganz nach alter Manier gefilmten Filmteile an, und tagsüber sucht er die gleichen Orte auf, um den Ton dafür einzufangen.
In seiner Wohnung trifft Philipp unter anderem auf die Musikgruppe "Madredeus", welche die Musik zum Film beisteuern sollen. Im Haus dauernd anwesend sind ebenfalls Kinder aus der Nachbarschaft, welche von Friedrich den Auftrag haben, den Alltag mit einer Videokamera zu filmen. Nach drei Wochen ist Friedrich Monroe immer noch nicht aufgetaucht, doch Philipp Winter hat inzwischen die Stadt mit ihren Geräuschen entdeckt und aufgenommen und sich (unter anderem mit Hilfe des Dichters Pessoa) viele Gedanken über das Leben gemacht.
Über das Ende des Filmes möchte ich nur soviel sagen: Darin wird doppelt so viel geredet wie während des ganzen Filmes und der Zuschauer bekommt einigen Stoff zum Nachdenken.
Persönliche Meinung:
Dieser Film lebt mehr von seinen Bildern als von Dialogen. Es wird sehr wenig gesprochen, und wenn gesprochen wird, so ist es Deutsch, wenn Philipp mit sich selber spricht oder denkt, Englisch oder Portugiesisch, wenn er mit den Kindern oder Menschen spricht oder auch in dem Buch liest. Einige Dialoge haben Untertitel, andere nicht, und so ist man darauf angewiesen Englisch zu verstehen. Aber wer weiß, vielleicht ist es auch nicht in der Absicht von Wim Wenders, dass man alles verstehen muss.
Es ist einfach ein wunderschöner Film, eine Hommage an diese tolle Stadt Lissabon. Das Alter und die Geschichte sind überall spürbar, Menschen kommen nur wenige vor. Die Magie des Alters ist in der Wohnung sichtbar. Da blättert die Farbe von den Wänden ab, daneben alte wunderschöne Kachelbilder, große lichtdurchflutete, leere Räume und darin Philipp mit all diesen altertümlichen Kameras und die Kinder mit den modernen Videokameras.
Ich möchte nicht viel zum Sinn der Geschichte sagen, denn dazu sollte sich jeder seine eigenen Gedanken machen. Auf der DVD gibt es ein Interview mit dem Regisseur und dieses ist aufschlussreich. Jeder, der einen magischen Film sehen möchte, soll den Film nicht analytisch, ohne Vorgedanken genießen können. Es ist ein Genuss für das Auge, das Ohr und das Herz. Wer sich darauf einlässt, hat 90 wunderbare Filmminuten. In den letzten neun Minuten kommt der Kopf an die Reihe, der intellektuelle Schlüssel zum Film. Aber die Bilder und die Musik bleiben im Herzen.
Soundtrack:
Ich muss den Soundtrack ganz besonders erwähnen. Wie ich weiter oben schrieb, macht die Musikgruppe "Madredeus" die Musik zu Friedrichs Film. Nun, sie macht im Prinzip die Musik zu Wim Wenders' Film und diese Musik ist wunderschön! Ich kann hier keine Hörprobe reinpacken, aber es gibt die CD "Ainda" mit den im Film enthaltenen Liedern zu kaufen.
Bild:
Ich habe noch selten auf meinem Fernseher ein so gestochen scharfes Bild gesehen. Die Farben sind ganz klar, so eingefangen wie sie wirklich in Lissabon sind. Wer einmal dort war, wird das Licht wieder erkennen. Wim Wenders spielt in dem Film mit Licht und Farben und es ist ihm zu 100% gelungen, verschiedene Stimmungen einzufangen.
Im Großen und Ganzen ist dieser Film für mich ein kleines Meisterwerk. Wieder eine große Leistung dieses Regisseurs, aber natürlich auch dank dem hervorragenden Rüdiger Vogler. Nun kann ich nur noch sagen: zugreifen und genießen!
- Redakteur:
- Doris Flückiger