Töte Amigo
- Regie:
- Damiano Damiani
- Jahr:
- 1966
- Genre:
- Western
- Land:
- Italien
- Originaltitel:
- El chuncho / A Bullet for the General / Quién sabe?
2 Review(s)
14.12.2007 | 16:56Italienischer Revolutionswestern, endlich restauriert
Das blutige Fanal der Revolution lodert über Mexiko. "Im Namen des Vaters!", schreit El Santo (Klaus Kinski), der heilige Bandit, und wirft eine entsicherte Handgranate in den Kasernenhof der Regierungstruppen beim Morgenappell. El Santo gehört zur Bande von El Chuncho (Volonté), der sich der geheimnisvolle Amerikaner Bill Tate (Lou Castel) angeschlossen hat: El Gringo. Gemeinsam stürmen sie Fort um Fort, um Waffen und Munition zu beschaffen, die sie an den Revolutionsgeneral Elías verkaufen wollen. Doch für diesen General ist auch eine goldene Kugel bestimmt ...
Filminfos
O-Titel: El chuncho / A Bullet for the General / Quién sabe? (Italien 1966)
Dt. Vertrieb: Koch Media (19. Oktober 2007)
FSK: ab 18
Länge: ca. 113 Min. (vervollständigt mit OmU)
Regisseur: Damiano Damiani
Drehbuch: Salvatore Laurani, Franco Solinas
Musik: Luis Bacalov, Ennio Morricone
Darsteller: Gian Maria Volonté, Klaus Kinski, Lou Castel, Martine Beswick, Jaime Fernandez, Andrea Checchi u. a.
Hintergrund
General Zapata (1879 - 1919) und Pancho Villa (1878 - 1923) führten die mexikanische Revolution der rechtlosen Landarbeiter gegen die Großgrundbesitzer an. 1914 saßen sie zusammen auf dem Präsidentenstuhl in Mexico City. 1919 wurde Zapata ermordet. Von wem?
Handlung
Drei Jahre der Kämpfe scheinen den Aufstand der Landarbeiter zum Erliegen gebracht zu haben. Wieder erschießen Regierungstruppen vier Gefangene, nur ein junger Stutzer (Lou Castel) schaut ungerührt dem Drama zu. Er nimmt den nächsten Zug, und dieser soll ihn nach Durango bringen. Doch mitten auf freier Strecke muss der schwer bewachte Zug stoppen. Ein Mann, offenbar ein Offizier der Polizisten (Rurales), ist auf den Schienen an ein Kreuz gekettet worden. Es ist eine Falle.
Die Rebellen beschießen den Zug von den Hügeln aus und vereiteln jeden Befreiungsversuch. Sie werden von einem Mann namens El Chuncho angeführt, der auf seinem Pferd die Trommeln schlägt. Indem der Zug den Gefesselten überfährt, gelingt die Weiterfahrt, doch der junge Stutzer schießt den Maschinisten nieder und stoppt das Gefährt wieder. Das ist das Signal für die Rebellen, über den Zug herzufallen und alle Passagiere außer den Frauen zu massakrieren. Er selbst legt sich Handschellen an, um sich als Gefangener der Rurales ausgeben zu können.
El Chuncho (Volonté) nimmt ihn nach einer kurzen Abstimmung in seine Bande auf. Er nennt den jungen Mann "Nino", also "Kind", doch für seine Kampfgenossen sieht der Stutzer wie ein Amerikaner aus und sie nennen ihn El Gringo. Zur Truppe gehören El Santo (Kinski), Pedrito und dessen Freundin Adelita (Beswick) sowie mehrere alte Knacker. Schon bald merkt Nino, auf was dieser wilde Haufen aus ist: Waffen, die sie an den Revolutionsgeneral Elías verkaufen wollen. Bevor sie diesen in den Bergen besuchen, müssen sie also erst ein paar Forts überfallen. Das sorgt für eine Menge Unterhaltung, u. a. weil El Santo als Mönch auftritt und Handgranaten auf die Soldaten wirft.
Eines Tages gelangen sie nach San Miguel, wo sie den ehemaligen Mitstreiter Raumindo begrüßen. Auch Raimundo beäugt Nino, der sich Bill nennt, misstrauisch. Die Rebellen begeben sich zum Landgut von Don Felipe, dem Großgrundbesitzer. Doch der Feigling lässt sich von seiner Frau Rosario vertreten, denn er habe ein schwaches Herz. Um ein Haar wird Rosario vergewaltigt, doch Bill setzt sich für sie ein und muss einen der Rebellen töten. Chuncho hält immer noch zu Bill.
Nach einer improvisierten Bürgermeisterwahl und einem Wiedersehensfest wiegelt Bill Adelita und Chunchos Kumpane gegen den Bandenführer auf. Sie schnappen sich den Großteil der Waffen und lassen nur wenige Gewehre zurück. Dadurch ist die Stadt praktisch schutzlos dem Gegenangriff der Regierungstruppen preisgegeben. Chuncho reitet den Abtrünnigen nach und übernimmt wieder das Kommando, was nicht ohne Opfer abgeht. In einem ersten Gefecht mit den Federales, die General Elias' Geldboten verfolgen, beweist das Maschinengewehr, was es kann, doch Adelita und Pedrito sterben im Gefecht. Unbemerkt hat Bill dem Boten das Geld abgenommen und ihn getötet.
Doch er wird krank und ist auf Chunchos Pflege und Medizin angewiesen. Beim Durchsuchen von Bills Sachen stößt er auf eine merkwürdige Schatulle. Sie enthält eine einzige goldene Patrone. Für wen die wohl bestimmt ist? Das sei nur ein Talisman, behauptet Bill. Nach seiner Genesung reiten sie weiter und gelangen so unangefochten ins Hauptquartier von General Elías. Hier zeigt sich schließlich das Unheil, das Bill gebracht hat.
Mein Eindruck
Dies ist der einzige Beitrag des ansonsten für Mafia-kritische Politthriller bekannten Regisseurs Damiano Damiani. 1966 entstanden Italowesternhits wie "Django", von dem über 30 Nachahmungen gedreht wurden, sowie Leones Abschluss der Dollar-Trilogie "The Good, the Bad, and the Ugly". Von diesen unterschied sich Damianis Film durch seine Konzentration auf die mexikanische Revolution. Die Bezeichnung "Western" erscheint hierfür ein wenig fehl am Platz.
~ Restaurierte Szenen ~
Die restaurierte Fassung ist gut zehn Minuten länger als die Originalfassung (OF). Endlich wird der sozialkritische Ansatz deutlicher. Die erste heftige Kürzung betrifft die Hinrichtung von Rurales-Polizisten durch die Rebellen. In der OF kritisiert Damiani diese ungerechtfertigte Gewaltausübung, die sich auch auf einen Priester erstreckt, mit ungeschminkten Erschießungsszenen. Es ist also keineswegs so, als würde sich Damiani einer Art Propagandamaschine für Revolutionäre anschließen. Das Gegenteil dürfte wohl eher zutreffen.
Die zweite gekürzte Szene lässt sich als "Don-Felipe-Sequenz" bezeichnen. Die Rebellen von San Miguel dringen unter der Führung von Raimundo und El Chuncho in das Landgut Don Felipes ein, doch der lässt sich entschuldigen, und sie bekommen es nur mit seiner tapferen Frau Rosario zu tun. Adelita aus El Chunchos Gruppe ist in der OF dafür, dieser Frau das Gleiche zurückzuzahlen, das man ihr selbst angetan hat: Vergewaltigung. Bill Tate interveniert, mit tödlichen Folgen.
Das ist ein Nebenaspekt der Szene, macht aber den Hass auf die Großgrundbesitzer deutlich. Worauf gründet sich dieser Hass noch, sodass eine Revolution notwendig ist? Raimundo erklärt: "Wir bringen Sie [Don Felipe] nicht um, weil Sie reich sind. Wir töten Sie, weil wir arm sind und Sie alles dafür getan haben, damit wir [die Landarbeiter / Peones] es bleiben." Viele von ihnen können nicht einmal lesen und schreiben.
Dieser Satz findet sich auch in der deutschen Kurzfassung, aber in der OF wird die ganze Vorgeschichte des Konflikts erzählt. Don Felipe hat immer nur die Rurales geschickt, wenn die Peones aufbegehrten oder um etwas baten, er hat nie direkt mit ihnen verhandelt. So wie er auch jetzt sich hinterm Rücken seiner Frau versteckt. Wenn der Regisseur hier eine Aussage trifft, dann wohl zumindest die, dass sich Arbeitgeber und Beschäftigte zumindest an einen Tisch setzen und miteinander reden sollten.
~ El Santo ~
Dass der Auftritt von El Santo als Handgranaten werfender Mönch mit dem Vaterunser auf den Lippen geschnitten wurde, verwundert ja nicht gerade. Aber er ist sicherlich die problematischste Figur innerhalb der Geschichte. Wir erfahren nichts über seinen Hintergrund, nur dass er mit Feuereifer an die Revolution glaubt. Ganz im Gegensatz zu Chuncho, der seine Überfälle eher als kommerzielles Unternehmen betrachtet, an dessen Ende 5000 Pesos Erlös warten. Santo ist ein seltsamer Heiliger, doch Kinski hat schon andere Fanatiker gespielt, so etwa "Aguirre", und ist hier ziemlich in seinem Element.
~ Meuterei ~
Interessant ist der eigentliche Motor der Handlung, nämlich die innere Dynamik der Beziehungen in El Chunchos Gruppe. In San Miguel zettelt Bill Tate nämlich eine Meuterei an. Adelita und andere wollen die erbeuteten Waffen schnellstmöglich verscherbeln, wohingegen El Chuncho sich durch Solidarität verpflichtet fühlt, in San Miguel die Stellung zu halten. Bill bootet ihn quasi aus. Das kann nicht lange gutgehen, und schon bald jagt El Chuncho den Meuterern hinterher. Einige davon zahlen mit dem Leben, und schließlich bleiben nur drei übrig: Bill, Chuncho und, in San Miguel, Santo.
~ Wer weiß? ~
Im Endspiel muss die Spannung, die durch die Zwielichtigkeit Bills hervorgerufen wurde, endlich aufgelöst werden. Er muss sein wahres Gesicht zeigen, und das ist gar nicht edelmütig. Aber wird er auch Chuncho ins Gras beißen lassen? Erst im Finale, das spannungslos wie ein Epilog inszeniert ist, entscheidet sich Chuncho endlich für eine Reaktion auf das Verhalten Bills. Warum er dies tut, kann er selbst nicht beantworten: "Quién sabe? Wer weiß?"
Der Film ist nicht der spannendste "Western", den ich mir vorstellen kann - die Amis und Leone haben Besseres produziert - aber es ist eine actionreiche und sozialkritische Geschichte, der man durchaus mit Interesse folgen mag. Die Action entbehrt nicht eines gewissen schwarzen Humors, wie ihn die Italowestern immer wieder gern zeigen, so etwa die Dollar-Trilogie.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 2,35:1 (16:9)
Tonformate: D in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
Sprachen: D, 2x Englisch
Untertitel: D, Englisch
Extras:
- Interview mit Damiano Damiani (ca. 12 Min.)
- Interview mit Lou Castel (ca. 22 Min.)
- Zwei alternative englische Synchronfassungen
- Verschiedene Originaltrailer
- Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
- Filmessay in der Klappeninnenseite
Mein Eindruck: die DVD
Die Qualität des digital überarbeiteten Bildes ist, gemessen an den Trailern und dem alten Filmmaterial, schlicht und ergreifend überragend. Der Film könnte genauso gut vor einem Tag gedreht worden sein. Der Ton hat nicht so gut mithalten, versteht sich, denn die deutsche Synchronisation stammt aus den sechziger Jahren, und die englische ist soundmäßig nicht viel besser. Deshalb ist der Film eher ein Augen- als ein Ohrenschmaus.
Über den Menübefehl SETUP erhält der Nutzer Zugriff auf drei Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Synchronisation, die er hören möchte: die alte deutsche, die alte englische und eine neue englische.
EXTRAS:
1) Interview mit Regisseur Damiano Damiani (ca. 12 Min.): mit Untertiteln
Der greise Regisseur spricht zum Thema "What is the Western?" Interessanterweise setzt er den Westen mit dem Western gleich! Und wenn man an den Westen von Amerika denke, dann seien immer der Sonnenuntergang und Kalifornien gemeint, zumindest aber die Frontier. Damiani wollte aber den Western nicht imitieren. Es reiche nicht, einen Mann zu zeigen, der auf einem Pferd nach Westen reite.
Seine Story sei an General Zapata und Pancho Villa (s. o.) angelehnt. Daher gehe es bei ihm um den Konflikt zwischen zwei Volksgruppen, zwischen reich und arm bzw. Landbesitzern und Landlosen, zwischen Bewaffneten und solchen, die Waffen wollten. Nicht alle waren gleich. Manche Reiche wollten der Kirche helfen, damit diese den Armen hilft. Doch das klappte nicht immer. In seinem Film tritt der Wahnsinn der Verhältnisse und des Kampfes auf: als der Verrat, der an Chuncho begangen wird und den er zurückzahlen muss. Chuncho schießt auf den, den er für einen Verräter hält: Bill Tate, seinen Kampfgenossen aus dem Norden.
2) Interview mit Lou Castel (ca. 22 Min.): "The Western is boring!" (ohne Untertitel)
Auch Lou Castel ist jetzt vierzig Jahre älter und hat einen ordentlichen Schmerbauch sowie weiße Haare vorzuweisen. Er hockt in einem kleinen Kabuff, das man als sein Arbeitszimmer identifizieren kann. Hinter der Kamera sitzen ihm mindestens zwei Interviewer sowie eine ganze Filmcrew gegenüber. Mit würde es in so einer Lage schwerfallen, auch nur ein Wort herauszubringen, aber Castel redet relativ frei von der Leber weg.
Er sagt, dass er selbst die Figur des Bill Tate, den Lou Castel spielte, mit Elementen einer Ideologie versah - und nicht Damiani. Er wollte Bill nicht zu einem Klischee machen. Diese Zwielichtigkeit des Bill findet Castel sehr gut, denn sie erzeugt Spannung. Den Plot fand er sehr einleuchtend und in seinem Aufbau sehr clever gestaltet. Klar, dass es ein politischer Film ist, schließlich stand das Jahr 1968 noch bevor. Auch Volonté war politisch aktiv. [Volonté spielte später den ermordeten Aldo Moro.] Ein linker Regisseur wie Damiani war eine Ausnahme, und die meisten Western war nur für die Unterhaltung gedacht, aber nicht für eine Botschaft: Gewalt, Sex usw. Manche dachten, ein italienischer Western sei per definitionem "ipostasi", also Ketzerei.
Erstaunlich, dass Castel ein Rollenangebot von Sergio Leone, der zeitgleich dort drehte, ablehnte! Außerdem findet er es sehr langweilig, einen Western zu machen. Man hatte beispielsweise nur Pistolen aus Holz, weil echte zu teuer waren. (Dann redet man noch über andere Filme, in denen Castel mitspielte.) Kinski sah er zwar, aber nur selten, zum Beispiel als dieser mit den Zigeunern tanzte, oder er sah dessen schöne Tochter (Pola oder Nastassja).
Das Interview scheint sich zwar etwas hinzuziehen und liegt ohne Untertitel vor, aber man bekommt ein wenig einen Eindruck von der Perspektive eines intelligenten Darstellers wie Castel auf die Vorgänge vor Ort. Die Arbeit im Desierto kann nicht sonderlich anspruchsvoll gewesen sein.
3) Verschiedene Originaltrailer
A) Der erste Trailer setzt auf die romantische Dreiecksgeschichte zwischen Bill, Adelita und Pedrito. Das Bild ist "verregnet". (2:10 Min.)
B) Dieser Trailer setzt voll auf Action und brutale Gewalt, aber das Bild ist sehr gut erhalten. (4:30 Min.)
C) Trailer Nr. 3 folgt dem Leitmotiv der goldenen Patrone, denn der Filmtitel lautet "A bullet for the general" (1:51) - und das verrät schon das halbe Geheimnis der Story. Immerhin stellt dieser Appetizer die wichtigsten Figuren konzise vor.
4) Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
Die Diaschau zeigt internationale Filmplakate sowie Standfotos von Szenen in Farbe (Töte Amigo), koloriert (El Chuncho) und Schwarzweiß (A bullet for the general).
5) Filmessay in der Klappeninnenseite
Der dreiseitige Filmessay von Wolfgang Luley ist äußerst kenntnisreich und für den, der den Film schon gesehen hat, eine wertvolle Handreichung für die Analyse und Interpretation des Streifens. Mehr davon wiederzugeben, würde sich teils mit meinem Eindruck überschneiden und evtl. zu viel vom Inhalt verraten.
Unterm Strich
"Töte Amigo" ist ein im Genre selten auftretender Revolutionswestern, der sich als Beitrag zu den sozialkritischen Bewegungen vor dem Unruhejahr 1968 verstehen und deuten lässt. Action und Humor gibt es aber ebenfalls genügend, um den Anspruch auf Unterhaltung einzulösen und den Zuschauer zufrieden zu stellen. Sowohl normale Westernliebhaber als auch intellektuellere Zuschauer können dem Film - zumindest in der restaurierten Fassung - etwas abgewinnen. Der kritische Filmessay liefert zu letzterem hilfreiche Hinweise. Die zwei Interviews zeigen, wie speziell die Position dieses Films innerhalb des Italowestern-Genres ist, das viele bislang als belanglos und trivial abgetan haben. Diese DVD-Edition ist dazu angetan, dieses Vorurteil endlich zu revidieren.
- Redakteur:
- Michael Matzer
Wir schreiben das Jahr 1967. In Europa beginnen sich die Studenten zu großen Protestbewegungen zusammenzuschließen. Und just in diesem Jahr dreht der Italiener Damiano Damiani den Film "Töte Amigo", einen politisch ambitionierten Italo-Western über die mexikanische Revolution Anfang des 20. Jahrhunderts. Das war dem deutschen Verleiher damals dann doch zu viel, so dass er sich gezwungen sah, diesen brisanten Film um über 20 Minuten zu kürzen, damit der deutsche Filmfan auch ja vor jeder Szene, in der die Revolutionäre positiv erscheinen könnten, verschont bleibt. Nun, fast 40 Jahre nach seiner Herstellung, ist der Film dank der DVD-Veröffentlichung von Koch Media auch hierzulande in seiner ursprünglichen Fassung erhältlich.
Bei einem Überfall auf einen Zug, der Waffen geladen hat, erhält der Bandit El Chuncho (Gian Maria Volonté) und dessen Bande unerwartete Unterstützung von dem US-Amerikaner Il Niño (Lou Castel), der als Passagier in eben diesem reist. Als Dank für die Hilfe nimmt El Chuncho ihn in seine Bande auf. Diese hat sich darauf spezialisiert, die mexikanische Armee um deren Waffen zu erleichtern, um sie dem aufständischen General Elias (Jaime Fernández) zu verkaufen. Auf diese Weise können sie neben Geld auch ein wenig Seelenfrieden erhalten, da sie durch diese Tat nämlich den revolutionären Kampf der ausgebeuteten Landbevölkerung unterstützen. Als sie jedoch in dem kürzlich befreiten Dorf San Miguel ankommen, ändert El Chuncho seinen Plan, die Waffen beim General abzuliefern, und beschließt stattdessen, den Dorfbewohnern in einer bevorstehenden Schlacht beiseite zu stehen. Unterstützung erhält er bei diesem Vorhaben von seinem Bruder, dem fanatischen El Santo (Klaus Kinski). Die anderen Bandenmitglieder sind von dieser Idee weniger angetan und ziehen - angeführt von Il Niño und mit den Waffen im Schlepptau - weiter in die Berge, wo sich das Hauptquartier des Generals befindet. Il Niño scheint dabei aber weniger von der Aussicht auf Geld getrieben zu sein...
Wenn man einen älteren Film nach heutigen Maßstäben beurteilt, dann kommt dieser dabei selten gut weg. Vor allem, wenn die Thematik, die er behandelt, nicht mehr wirklich aktuell ist. "Töte Amigo" mag zur Zeit seiner Erst-Veröffentlichung, wie auch aus der Einleitung ersichtlich ist, für einige Aufregung aufgrund seiner Revolutions-Thematik gesorgt haben, die Revolution ist allerdings vom Tisch und das Thema höchstens noch für Historiker oder Nostalgiker von außerordentlichem Interesse. Andererseits behandelt der Film aber auch viele zeitlose Themen wie die der kameradschaftlichen Loyalität oder dem Konflikt zwischen Idealismus und Geldgier.
Allein das Wissen darum, mit Regisseur Damiano Damiani einen politisch engagierten Mann am Ruder zu haben, zerstreut alle Befürchtungen, hier nur einen weiteres Italo-Western-Serienprodukt aus der Grabbelkiste serviert zu bekommen. Und tatsächlich haben die im Film behandelten Themen nicht nur eine Alibi-Funktion, um dem Publikum ein möglichst blutiges Gemetzel präsentieren zu können. Vielmehr lässt Damiani sich Zeit, eine interessante Story zu entwickeln und die Charaktere auszuarbeiten, so dass die Thematik des Films tatsächlich mit Leben gefüllt wird.
Dabei kann er mit Lou Castel, Gian Maria Volonté und Klaus Kinski, der in einer kleinen, aber feinen Rolle zu sehen ist, auf eine ordentliche Schauspieler-Truppe zurückgreifen, die die Charaktere glaubwürdig darzustellen weiß. Dabei sei noch angemerkt, dass einige Charaktere nicht gleich von Anfang an zu durchschauen sind, sondern erst im Laufe des Films vollständig offenbart werden. Das führt manchmal zu einem rätselhaften Verhalten dieser Charaktere, was den Zuschauer manchmal mit Neugierde über deren wirklichen Motive erfüllt, an anderen Stellen aber auch nur für Verwirrung sorgt.
Auch wenn der Film, der mit seiner Thematik sicherlich auch Parallelen zu den politischen Ereignissen der 60er Jahre zieht, die Revolutionären in den Mittelpunkt rückt, ist es keinesfalls so, dass sich Damiani kritiklos auf die Seite der Aufständischen stellt. Allerdings wird dennoch deutlich, welcher Seite seine Sympathie gilt. Zwischen den Zeilen kann man aus dem Film aber auch seine Bedenken darüber herauslesen, warum die Revolution zum Scheitern verurteilt ist. Wer allerdings mit der Thematik an sich nichts anfangen kann, den wird auch diese differenzierte Anschauung nicht weiter interessieren.
Was aber auf alle Fälle bleibt, ist eine recht spannende Story, einige etwas veraltet wirkende, aber nicht schlecht inszenierte Schießereien und Kampfszenen und eine Fülle von interessanten Charakteren, von denen einige doch arg klischeehaft gezimmert, die wichtigsten dafür aber gut ausgearbeitet sind. Leider wirkt aber nicht nur die Thematik des Films aus heutiger Sicht etwas altbacken, so dass ich wohl nur für Fans des Westerns italienischer Machart eine Empfehlung aussprechen kann. Diese werden sich dafür aber an einem der Höhepunkte des Genres erfreuen können.
Die DVD von Koch Media präsentiert den Film in leider nicht anamorphem, aber dennoch gut anzuschauendem Widescreen-Format. Wahlweise lässt sich der Film in deutsch oder englisch anschauen, wobei bei der deutschen Fassung die ehemals geschnittenen Szenen nur im englischen Original mit Untertiteln vorhanden sind – und diese sind reichlich. Andererseits kann man auf diese Weise auch gut erkennen, welche Szenen dem Filmverleiher anno 1967 zu brisant waren – aus filmhistorischer Sicht sehr interessant.
- Redakteur:
- Andreas Fecher